Fussball 24.10.2024

Widnau empfängt Erstliga-Absteiger und Mitfavorit Balzers

Wenn die Anspielzeit der Widnau-Spiele auf 13.30 Uhr vorverschoben wird, ist dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Uhren auf Winterzeit umgestellt werden. An diesem Sonntag geht es gegen Balzers, das es am Mittwoch beim 0:1 gegen Altstätten verpasst hat, die Leaderposition zu übernehmen.

Von Hansueli Steiger
aktualisiert am 24.10.2024

Der FC Widnau und der FC Balzers sind fast gleich alt: Der FCW wurde 1931 gegründet, der FCB 1932. Nicht alle waren vom neuen Club begeistert, heisst es auf der FCB-Website. Damals hatten die Menschen anderes im Kopf als Fussball. Das tägliche Brot musste mit harter Arbeit und kargem Lohn verdient werden. Dass die Jungen einem Ball nachrennen, wo doch auf den Höfen und Feldern so viel Arbeit zu erledigen war, passte vielen Menschen nicht. Sport – vor allem der noch wenig bekannte Fussball – galt als unnötige Zeitverschwendung.

Den ersten grossen Erfolg feierte der FCB 1964 mit einem 1:0-Sieg im Cupfinal gegen Triesen. 1970 stieg er erstmals in die zweite Liga auf. 1975 war die Verpflichtung des ehemaligen deutschen Nationalspielers Rudi Brunnenmeier eine Sensation. Mit ihm stieg Balzers in die 1. Liga auf, damals die höchste Amateurliga der Schweiz.

FC Balzers war europäisch dabei

Mit Michael Nushör, der etwa bei Stuttgart spielte, wurde 1991 ein weiterer früherer Bundesligaprofi Trainer. Dies zeigte rasch Erfolg. Balzers gewann den LFV-Cup und qualifizierte sich für Europa, wo er gegen Albpetrol Patosi aus Albanien überraschte: Nach dem 3:1 zu Hause und dem 0:0 in Tirana zogen die Liechtensteiner in die Hauptrunde ein, wo die bulgarische Profi-Equipe CSKA Sofia Endstation war. Insgesamt gewannen die Gelb-Blauen elfmal den liechtensteinischen Cup, zuletzt 1997. In den letzten Jahren waren sie eine Liftmannschaft. Von 2011 bis 2018 in der 1. Liga, stieg Balzers ab, wobei nach dem Abstieg 2019 der sofortige Wiederaufstieg glückte. 2022 musste Balzers erneut runter, der Lift führte ein Jahr später wieder nach oben. Es reichte dort aber nicht: Vier Punkte fehlten letzte Saison zum Ligaerhalt.

Im ersten Spiel dieser Saison verloren die Liechtensteiner bei Mitabsteiger Gossau 1:3, ehe dem aktuellen Letzten Red Star ein mühsames 1:0 abgerungen wurde. Mit fünf Siegen in Folge katapultierte sich Balzers dann nach vorn. Es folgten aber zwei Niederlagen. Jene beim starken Dardania SG (0:1) war keine Überraschung, jene gegen Seefeld (1:2) schon eher. Am letzten Samstag fand Balzers mit dem 3:1-Sieg gegen Bazenheid wieder in die Spur, ehe die Niederlage gegen Altstätten folgte. Interner Topskorer ist Dario Stöber. Die erst 18-jährige Stürmerhoffnung hat viermal getroffen.

Widnau mit zwei Siegen in Folge

Widnau hat im letzten Spiel nichts anbrennen lassen: Der 4:1-Sieg in Frauenfeld war souverän. «Wir waren 90 Minuten lang die klar dominierende Mannschaft», sagt Widnaus Co-Trainer Daniel Lüchinger und fügt an: «Bereits beim letzten Heimmatch gegen Red Star (2:0) haben wir das Spiel über weite Strecken dominiert.» Noah Thönig brachte Widnau im Thurgau in der 28. Minute verdient in Führung, Orhan Ademi doppelte zehn Minuten nach dem Tee nach. Frauenfeld war nicht mehr so stark wie noch letzte Saison, als es die Meisterschaft auf Platz zwei, einen Rang vor Widnau, beendete.

«Das Thurgauer Anschlusstor zum 2:1 kam aus dem nichts», sagt Lüchinger. Er war aber sehenswert: Denis Mlinaric verwertete eine genaue Flanke von Dominic Gehringer volley. «Es war der einzige Torschuss der Gastgeber. Sonst musste der angeschlagene Torhüter Ilija Kovacic keinen einzigen Ball halten», so Lüchinger. Lucas Barboza Maciel (76.) und Ivan Ivic (93.) erhöhten dann zum 4:1-Sieg.

«Nun wartet mit Balzers eine andere Hausnummer», sagt Lüchinger. Widnau will spielbestimmend auftreten und den Gegner über den Kampf bezwingen: «Man darf sehr gespannt sein, wie sich Balzers nach seiner englischen Woche auf dem tiefen Terrain auf der Aegeten präsentiert.» Widnaus Co-Trainer spricht die sehr guten Einzelspieler des Teams von Trainer Marius Zarn und den Assistenten Marco Wolfinger und Houcine Nater an. Nater, 40-jährig, kann bei Bedarf noch immer eingesetzt werden. Der zwölffache tunesische Nationalspieler war von 2012 bis 2014 beim FC St. Gallen.

Im Balzner Tor steht mit Lorenzo Lo Russo ein 13-facher Junioren-Internationaler, der bereits bei einigen Ostschweizer Erstligisten (Freienbach, Kreuzlingen und Linth) im Kasten stand. Captain Sandro Wolfinger hält bei 68 Länderspielen. Mit Nedim Murati, seinem Bruder Emir, Offensivtalent Sascha Djokic, Marino Cavegn, der bei der US Schluein Ilanz mit dem Fussballspielen begann, oder Andrin Netzer, der mit 22 Jahren bereits 18 Länderspiele hat, verfügen die Gäste über viel spielerische Qualität.

Wiedersehen mit Helmar Andrade

Ein in Widnau bestens bekannter Spieler kommt dazu: Helmar Andrade. Drei Jahre spielte er auf der Aegeten, bevor er sich diesen Sommer Balzers anschloss. 2022/23, als die Teams zuletzt aufeinandertrafen, blieb Widnau ungeschlagen. Das Hinrundenspiel war eines aus der Rubrik «Spiele, die man nicht so schnell vergisst». Widnau führte nach 61 Minuten 4:1 (Tore: Samuel Thönig 2, Noah Thönig und Ilija Ivic), spielte nach zwei Platzverweisen gegen Noah Massari (40.) und Diego Liechti (55.) aber bereits in doppelter Unterzahl. Dennoch gewann Widnau 4:3. Die Liechtensteiner gewannen die nächsten zehn Spiele und kamen als Leader mit neun Punkten Vorsprung zu Beginn der Rückrunde nach Widnau. In einem Spiel auf schwerem Boden gab es ein 1:1.

«Wir haben noch vier Spieltage bis zur Winterpause und wollen den kleinen Lauf mit zwei Siegen im Rücken mitnehmen. Dann schauen wir, wie es Mitte November aussieht», fasst Daniel Lüchinger zusammen. Am Sonntag definitiv fehlen wird Timo Faleschini. Fraglich sind Orhan Ademi (Leiste), Ilija Ivic (Schulter), Besart Bajrami (Zerrung) und Ilija Kovacic (Sprunggelenk).


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