Christlich vor 6 Stunden

Warum wir Fasnacht feiern – und was sie mit der Fastenzeit zu tun hat

Einst als Fest vor der Fastenzeit gedacht, ist die Fasnacht heute ein buntes Spektakel. Doch wo liegt die Grenze zwischen Feierfreude und Moral? Ein Blick auf die Tradition und ihren Geist.

Von Uwe Rohloff, Leiter akj Rheintal
aktualisiert vor 4 Stunden

Wir befinden uns gerade mitten in der Fasnachtszeit. Die Traditionen der heutigen Fasnacht gehen auf das Mittelalter zurück. Der Begriff geht auf das Wort «Fastennacht» zurück und bezeichnet den Vorabend vor der Fastenzeit vor Ostern. Die Fastenzeit erinnert an die 40 Tage, die Jesus betend und fastend in der Wüste verbrachte.

Im Mittelalter war es im christlichen Europa üblich, die Fastenzeit vor Ostern einzuhalten. Entsprechend diente die Fasnacht dazu, die letzten Wintervorräte aufzubrauchen und noch einmal richtig zu schlemmen, zu tanzen und zu musizieren. Man konnte ausgelassen feiern und die Narrenfreiheit geniessen, sich so anzuziehen und zu verkleiden, wie man gerade Lust darauf hatte. Vor der 40-tägigen Fastenzeit mussten Lebensmittel verbraucht werden, auf die in der Fastenzeit verzichtet wurde.

Fasnacht beginnt am Martinstag

An vielen Orten wird die Fasnacht bereits am 11. November um 11 Uhr 11 eröffnet. Am 11. November, dem Martinstag, begann im Mittelalter die zweite Fastenzeit, die vor Weihnachten gehalten wurde. Zudem liegt die Zahl 11 genau zwischen den zehn Geboten und den zwölf Aposteln – womit sie sich als «sinnfreie» Spasszahl natürlich gut eignet, in dreifacher Wiederholung die Fasnachtszeit einzuleiten.

Spass darf sein und ich finde es erfreulich, dass in der Bibel im Buch Kohelet darauf hingewiesen wird, dass es eine Zeit zum Lachen und eine Zeit für den Tanz gib: Kohelet 3.1 + 5: Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: … eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz.

Grenzen gesellschaftlicher Normen überwinden

Aus meiner Sicht kommt es darauf an, in welchem Geist man die Fasnacht betrachtet: Geht es ums Verkleiden und Spass haben, kann es für alle Beteiligten eine gute Zeit sein. Will man die Grenzen des Langweiligen, des Spiessigen und des gesellschaftlich Normierten überwinden, kann man sich zu dieser Zeit wunderbar austoben.

Will man die Fasnacht dafür nutzen, die Leitplanken des Guten und der Moral zu überschreiten, wird es aus christlicher Sicht natürlich fragwürdig.

Und obwohl es im Buch Kohelet heisst, dass es für alles seine Zeit gibt, gibt es auch Dinge, die zu jeder Zeit ihre Zeit haben sollten, wie zum Beispiel die Nächstenliebe und der Respekt. Und im Neuen Testament werden wir mehrfach darauf hingewiesen, ohne Unterlass zu beten – also können wir Gott auch beim Feiern und Festen danken und uns an seiner Gegenwart freuen.


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