«Unsere Situation ist besser als im Februar, aber noch nicht wie vor der Pandemie», sagt Yanik Sigrist, Geschäftsführer und Mitinhaber der Work-Shop-Filiale in Heerbrugg. Langsam erhole sich die Wirtschaft, der Stellenmarkt ziehe an und Firmen suchten vor allem nach Temporärarbeiterinnen und -arbeitern. Betreffend Festanstellungen beobachte er in mehreren Branchen nach wie vor eine gewisse Zurückhaltung seitens der Arbeitgeber.In Krisenzeiten gehören die Zeitarbeiter mit zu den Ersten, die den Job verlieren. Und in Boomphasen versuchen viele Unternehmen zunächst, ihren wachsenden Arbeitskräftebedarf über Personaldienstleister zu decken. Gemäss René Mätzler, Geschäftsführer der Profi Personalmanagement AG, verfolgen aktuell die Maschinen-, Produktions- und Elektroindustrie expansive Beschäftigungspläne. Mit den nach und nach erfolgten Lockerungen der Restriktionen gehe inzwischen aber auch der Dienstleistungssektor bei Neueinstellungen wieder vorsichtig in die Offensive.Während einige Branchen von der Pandemie durchgeschüttelt wurden und zögerlich Fahrt aufnehmen, blieb die Baubranche grösstenteils unversehrt. Deshalb blieb die Nachfrage nach Personal konstant hoch und stieg in den letzten Monaten weiter an, wie Leonardo Ciardullo, Mitinhaber und Berater der Viva Work AG, weiss: «Ob Schreiner, Elektrikerin oder Zimmermann, Polymechanikerin, Sanitärmonteur oder Kunststofftechnologin – derzeit haben wir alle Hände voll zu tun, um die vielen offenen Stellen mit geeignetem Personal zu besetzen.» Solange die Zinsen tief bleiben, werde gebaut und es sei kein Einbruch der Nachfrage nach Arbeitskräften in Sicht. Das Baunebengewerbe profitiere aktuell von Investitionen rund ums Haus, die wegen Unsicherheiten im letzten Jahr aufgeschoben wurden.Hohe Rohstoffpreise belasten den StellenmarktSeit 20 Jahren verfolgt Reto Halter, Geschäftsführer und Inhaber der Halter Personal Consulting GmbH, die Veränderungen auf dem Stellenmarkt. «In kurzer Zeit hat die Pandemie den Arbeitsmarkt auf den Kopf gestellt. Am Anfang der Pandemie grassierte die Angst vor Jobverlust und Arbeitslosigkeit, jetzt fehlt es in einigen Branchen an Personal.»Allerdings werden einzelne Rheintaler Firmen von Verzögerungen, Engpässen und unterbrochenen Lieferketten ausgebremst, was sich auf deren Beschäftigungspolitik auswirke. Eine mögliche Bedrohung des wirtschaftlichen Aufschwungs und letztlich der Beschäftigung sieht Leonardo Ciardullo in den hohen Rohstoffpreisen: «Die Preise für Holz, Roheisen und Stahl, aber auch für Kupfer, Lithium oder Kobalt entwickelten sich in den letzten Monaten nur nach oben.»Noch überwiegt die Zuversicht in den Unternehmen und der Preisanstieg habe keine Auswirkungen auf die Jobpolitik. «Gibt es viel verfügbares Personal auf dem Arbeitsmarkt, dann fehlen die Arbeitsplätze», sagt Yanik Sigrist, «wenn umgekehrt viele offene Stellen zu vergeben sind, mangelt es an Fachkräften.» Viele Firmen hätten ihren Personalbestand wegen der Kurzarbeit nicht verringert, weshalb qualifiziertes Personal erst gar nicht auf den Markt kam und somit nach wie vor rar ist. Aber nicht nur an qualifiziertem Personal fehle es, sondern auch an zuverlässigen und einsatzwilligen Hilfsarbeitern.Fachkräftemangel wird noch weiter verschärft«Die spürbare Verbesserung der Geschäftslage brachte eine deutliche Entspannung am Arbeitsmarkt mit sich, verstärkt aber wieder den Fachkräftemangel», sagt Reto Halter. Wegen berufsspezifischer Anforderungen sei es allgemein schwierig, an geeignetes Personal zu kommen. «Der Fachkräftemangel hat sich während der Pandemie abgeschwächt, war aber nie behoben», sagt René Mätzler, «und verschärft sich wieder, weil ausländische Fachkräfte fehlen.» Dass weniger Stellen neu gemeldet würden, könne aber auch damit zusammenhängen, dass in der coronabedingt unsicheren Arbeitsmarktlage weniger Menschen ihren Arbeitsplatz wechselten und infolge der geringeren Fluktuation auch weniger Stellen nachzubesetzen seien.