Sargans vor 6 Stunden

Trotz schwieriger Bedingungen im Sommer steigerte die St. Galler Alpwirtschaft die Käsequalität

Obwohl der Sommer nicht optimal und die Milchmenge normal war, erzielten die St. Galler Alpsektionen eine Steigerung bei der
Käsequalität. 36 Alpen produzierten im letzten Jahr 358,7 Tonnen Alpkäse.

Von Ignaz Good
aktualisiert vor 3 Stunden

Fast 200 Älplerinnen und Älpler, Vertreter von Alp- und Ortsverwaltungen, Bauernorganisationen und -verbänden, Gemeinden und Kanton liessen sich an der Wintertagung der Alpsektionen Sarganserland-Linthgebiet und Werdenberg-Rheintal in der Markthalle School in Sargans über den Verlauf des Alpsommers 2024 sowie anstehende Veränderungen und ins Auge gefasste Verbesserungen informieren.

Das Sömmerungsgebiet entspricht einem Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche der Schweiz; rund elf Prozent der Landesfläche. 36 St. Gal­ler Milchkuhalpen steuerten 358,752 Tonnen Käse bei. Dazu müssten auch noch 108,457 Tonnen Käse der Schwägalp gerechnet werden, der von St. Galler und Appenzell Ausserrhoder Kühen produziert wurde.

Erster Auftritt Wandfluhs
in der Region

Der im November 2024 neu gewählte Präsident des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbands (SAV), Ernst Wandfluh, hatte erstmals einen Auftritt im Sarganserland. Der 49-jährige Bergbauer, Älpler und SVP-Nationalrat aus dem Berner Oberland stellte sich in seiner Vorstellungsrede als pragmatischer Lösungsfinder vor.

Viele Gäste – darunter der Vorsteher des St. Galler Volkswirtschaftsdepartements, Regierungsrat Beat Tinner – trugen zur interessanten Wintertagung bei. Tagungsleiter Marco Bolt von der Fachstelle Betriebs- und Alpwirtschaft des Landwirtschaftlichen Zentrums St. Gallen in Salez, führte souverän durchs über vierstündige Programm und kam auf die Wichtigkeit und Bedeutung der Sommerbeweidung in den Bergen zu sprechen. Dem Jodelduo Christina Hörler und Marianne Bislin unter Handorgelbegleitung von Heini Bürer war es vorbehalten, den Event musikalisch zu umrahmen.

Albert Fritsche hatte seinen letzten Einsatz als Leiter des Amtes für Verbraucherschutz und Veterinärwesen. Der 60-Jährige ging explizit auf Auswirkungen und Massnahmen in der Alpwirtschaft in Bezug auf Tierseuchen wie die Blauzungenkrankheit, Maul- und Klauenseuche oder die Bekämpfung von Moderhinke ein. Fritsche wies auch darauf hin, dass ab 31. März neue Vorschriften beim Tierverkehr in Kraft treten. Gastreferent Siegfried Steinberger von der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft stellte den fortschreitenden Klimawandel, die Erwärmung der Böden und damit verbundenen Anpassungsstrategien in der Alpwirtschaft in den Fokus. Aber auch, wie die Verbuschung durch gelenkte Weideführung und Koppelbewirtschaftung ökologisch einfach zu bekämpfen ist. Abschliessend nannte er die Regel des magischen Dreiecks: rechtzeitiger Auftrieb, gelenkte Weideführung und Anpassung der Tierzahlen.

Lang anhaltende
Bodennässe

Für den gemeinsam abgefassten Jahresbericht der Alpsektionen Werdenberg-Rheintal und Linth-Sarganserland trat Hanspeter Gantenbein ans Rednerpult. In seiner informativen Zusammenfassung verstand es der Grabserberger, die Herausforderungen und Knackpunkte des Alpsommers 2024 Revue passieren zu lassen. Der Auftrieb auf die 36 Milchkuhalpen sei in einem langjährigen Mittelwert erfolgt. Wegen der lang anhaltenden Nässe sei der Alpsommer bis Mitte Juli für Mensch und Tier zur einzigen Tortur geworden. Mit erheblichem Mehraufwand hätten die pflichtbewussten Älplerinnen und Älpler versucht, die Tiere gesund zu halten, die Schäden auf der Weide zu minimieren und trotzdem qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Bis Ende August sei dann der Sommer seinem Namen gerecht geworden. Ein Wintereinbruch mit einer erheblichen Schneemenge habe dann Mitte September zu vorzeitigen Alpabfahrten geführt.

Trotz einiger Extreme könne bezüglich Alpzeit und Produktionsmenge von einem durchschnittlichen Sommer gesprochen werden, so das Fazit von Gantenbein. Dann kam er auf das Thema Wolf zu sprechen. «Die Befürchtungen und damit verbundenen Schäden, welche das Grossrautbier Wolf verursachen könnte, sind eingetroffen.» Der Präsident der Alpsektion Werdenberg-Rheintal erwähnte die Hiobsbotschaften im vergangenen Jahr, die für manche Schlagzeile in den Medien sorgten.

Regierungsrat Tinner
zu Gast

Seit der Wahl als Regierungsrat lässt es sich der Vorsteher des St. Galler Volkswirtschaftsdepartements, Beat Tinner, nicht nehmen, jeweils an der Wintertagung vor Ort zu erfahren, wo der Schuh in der Alpwirtschaft drückt. Einleitend wurde die Alpwirtschaft als wichtiger und jahrhundertealter Bestandteil in unserer Kulturlandschaft von Tinner gewürdigt. Gerühmt wurde auch die nachhaltige Nutzung und Pflege der Berglandschaft. Und dass dabei erst noch mit qualitativ hochwertigen und mit Hingabe hergestellten Produkten wie Alpkäse zur Versorgung beitragen werde. Diese Wertschöpfungskette sei wichtig und stärke zudem die einheimische Produktion.

Der Regierungsrat kam auf ein Problem zu sprechen, das mit der Klimaerwärmung zusammenhängt. Wärmere Böden liessen den Schnee in den Bergen früher schmelzen, und dieses Wasser fehle im Sommer. «Das Thema Wasserversorgung auf den Alpen ist eine aktuelle Herausforderung, der wir umgehend begegnen müssen», so Tinner. Hier könne über die Strukturverbesserung Hilfe geleistet werden. Erfreulicherweise seien schon viele Projekte umgesetzt worden. Auch das Thema fortschreitende Vergandung von Weideflächen, insbesondere die Verbuschung durch Grün-Erlen, wurde als Problemfall aufgegriffen. Tinner wies abschliessend auf die neue Jagdverordnung des Bundes hin, die seit dem 1. Februar gilt.

Treue Älpler geehrt – zum Teil über 60 Jahre z’Alp

An der Wintertagung in Sargans wurden insgesamt 15 Älpler beider Alpsektionen geehrt, die zum Teil über 60 Jahre im Kanton St. Gallen (teilweise auch in umliegenden Kantonen) auf Alpen tätig waren. Der Präsident des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbands und Nationalrat Ernst Wandfluh überreichte den Geehrten eine Urkunde und dankte ihnen für ihre wertvollen Dienste in den Bergen. Die persönliche Würdigung jedes einzelnen Jubilars erfolgte durch Hanspeter Gantenbein und Marco Bolt.

Patrick Mannhart, Präsident des Vereins Alpkäseproduzenten St. Gallen-Appenzell-Liechtenstein, durfte einer Käserin und drei Käsern für ihre Spitzenqualität und das stetige Erreichen von 1A-Mulchen in den letzten fünf Jahren gratulieren. Eine Auszeichnung erhielten Meinrad Koch, Alp Soll (Appenzell) und Willi Bühler, Alp Eidenen (Sennwald), sowie Fridolin und Elisabeth Jöhl, Alp Unterfiderschen-Oberbütz (Weesen).

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