Mitte August sprach man schon von einer Jahrhunderternte. Diese Aussagen mussten leider Ende August korrigiert werden. Starke Niederschläge und Temperaturschwankungen machten einigen Rebsorten zu schaffen.
Milder Winter und nasser Frühling
Mit einem Temperaturhoch um die Neujahrszeit von teilweise bis zu 20 °C, gefolgt von überdurchschnittlich hohen Temperaturen in der ersten Januarhälfte, war der Winter warm und niederschlagsarm.
Was im Winter an Regen fehlte, kam im Frühjahr. In den meisten Regionen wurde im April doppelt so viel Niederschlag wie im Vorjahr verzeichnet. Auch im Vergleich zum langjährigen Mittel (1991 bis 2020) waren die Niederschlagsmengen enorm hoch. Die Temperaturen waren recht kühl, was auch den Austrieb verzögerte. Trotzdem stieg das Infektionsrisiko mit Falschem Mehltau rasant.
Kehrtwende der Witterung ab Mitte Mai
Ab Mitte Mai besserte sich das Wetter und es herrschte eine lange Trockenperiode.
Die Wärme gab den Reben einen Schub. Das Wachstum der Triebe war stark. Dank der trockenen Phase lief die Blüte unter optimalen Bedingungen zügig ab und es gab nur selten Verrieselungen. In den ersten zwei Juniwochen war der Grossteil der Blüte bereits abgeschlossen.
Die Hitzewelle hielt an – und so manche Junganlage musste bewässert werden. Teilweise litten auch die älteren Rebstöcke unter der Trockenheit. Falscher Mehltau etablierte sich nicht weiter, er bevorzugt die Feuchte und Kühle. Der Echte Mehltau hingegen mochte das warme und trockene Wetter. Ein Hagelstreifzug reichte von Werdenberg bis Buchs und ins benachbarte Liechtenstein hinaus.
Die Winzer trotzen den Widrigkeiten der Erntezeit
Trotz des schwierigen Starts, gefolgt vom Kampf gegen Echten und Falschen Mehltau, sahen die Weingärten im August schön aus.
Der Wetterumschwung Ende August mit starken Niederschlägen und kühlen Temperaturen bedeutete aber für viele Rebsorten Stress.
Die Folgen waren aufgeplatzte Beeren, eingeschrumpelte Beeren, Botrytis und Essigfäule, weshalb die Winzerinnen und Winzer frühzeitig mit der Lese beginnen mussten. Bereits in der ersten Septemberwoche wurde mit der Wimmet begonnen. Die letzten Trauben Anfang Oktober geerntet.
Durch das rasche Handeln der Produzentinnen und Produzenten wurden gute bis sehr gute Qualitäten eingebracht. Bei manchen Sorten, wie dem Blauburgunder, gab es einen Mehraufwand beim Söndern, das zum Qualitätserhalt führte. Mengenmässig sind die Winzerinnen und Winzer zufrieden. Die Erhebung ergab einen um etwa 7 % geringeren Ertrag als im Vorjahr. Das Ergebnis liegt mit etwa 6 % leicht über dem zehnjährigen Schnitt von 994'036 kg.
Eine grossartige Ernte ist in Aussicht
Die weissen Sorten erzielten gute Ergebnisse, sowohl in Menge als auch Qualität. Der Müller-Thurgau (Riesling-Sylvaner) brachte fast gleich viel ein wie im Vorjahr und liegt somit wiederum im Zehn-Jahres-Schnitt. Bei den weissen Spezialitäten bewährte sich unter anderen der Sauvignon blanc.
Die Blauburgunderernte lag unter dem Zehn-Jahres-Schnitt. Dennoch konnten späte Blauburgunder-Lagen von dem goldenen Oktober profitieren. Die roten Spezialitäten wie Merlot, Diolinoir oder Gamaret überzeugten sehr. Wegen der späteren Reife waren sie vom Wetter Ende August kaum betroffen.
Eine kurze Einschätzung des Jahrgangs 2023
Mittlerweile sind die Weine durchgegoren und reifen im Stahltank oder Barrique, bevor sie in die Flaschen kommen. Die Weissweine zeigen eine fruchtige Nase und werden begleitet von filigraner Säure.
Wegen der frühen Blauburgunder-Ernte wird es wohl mehr Federweisse geben, die mit einer Frische und Fruchtigkeit überzeugen.
Bei Holzfass- oder Barrique gereiftem Blauburgunder steht die entscheidende Phase noch bevor. Viele eingetrocknete Beeren präsentieren ein volles und reifes Aroma und werden von einer guten Säurestruktur begleitet. Die roten Spezialitäten werden vielschichtige Weine mit Frucht und Tiefgang liefern.
Es bleibt spannend und man kann sich auf einen aufregenden Jahrgang 2023 freuen.