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Fussball 19.05.2024

Gerechte Punkteteilung zwischen Widnau und dem Tabellenzweiten Frauenfeld

Ein interessantes Interregio-Spiel endete mit einem gerechten 1:1. Der Brasilianer Lucas Barboza Maciel erzielte für die Widnauer, die auf neun Kaderspieler verzichten mussten, bereits in der fünften Minute das 1:0. Die Thurgauer kamen erst in der Nachspielzeit durch Tiziano Fontes zum Ausgleich. Ein Sieg wäre für beide Mannschaften im Bereich des Möglichen gelegen. Timon Cabezas verpasste die 2:0-Führung in der 89. Minute, Goalie Leo Hetzel hielt den Punkt für sein Team mit einer herrlichen Parade in der 95. Minute fest.

Von Hansueli Steiger
aktualisiert am 19.05.2024

Man wusste unmittelbar nach dem Schlusspfiff nicht so recht, ob man sich freuen oder doch eher mit dem Schicksal hadern wollte. Freuen über eine tolle Leistung der stark dezimierten Widnauer Mannschaft oder hadern über den Ausgleich des Tabellenzweiten aus dem Thurgau, der erst in der Nachspielzeit fiel. «Das war eine Riesenteamleistung», sagte Widnaus Trainer Andreas Lüchinger, «genau so muss man auftreten.» 

Widnauer Führung nach fünf Minuten

Frauenfeld musste auf den verletzten Goalgetter Yannic Kälin verzichten. «Er macht bei uns 60 Prozent aus», sagte ein mitgereister FCF-Anhänger. Die Widnauer Verantwortlichen hatten derweil andere Probleme. Gleich neun Namen umfasste die Absenzenliste. Unter anderem war praktisch die gesamte Standardverteidigung nicht dabei. Die Elf, die auf dem Rasen stand, liess sich davon nicht beeindrucken, sondern zeigte einen «Lehrblätz» in Sachen Mannschaftsleistung, Kampf und Einsatz. Dies war nicht zuletzt auch ein Verdienst der Verteidigung, die mit Helmar Andrade, Besart Bajrami, Carlos Giovetti de Almeida und Philipp Herzog antrat.

Nach vier Minuten und 58 Sekunden jubelte Widnau: Nach einem herrlichen Pass des spielfreudigen Ceyhun Tüccar auf Lucas Barboza Maciel konnte dieser zwei Schritte auf Frauenfeld-Torhüter Felipe Santos Carvalho zulaufen und diesen sicher zur Führung bezwingen. Tüccar zeichnete auch für die zweite Widnauer Chance verantwortlich, als er in der 19. Minute zentral zum Abschluss kam. Santos Carvalho hielt den Versuch. Die Gäste hatten in der ersten halben Stunde zwei vielversprechende Abschlüsse, die Widnau-Goalie Leo Hetzel beide mit starken Paraden entschärfen konnte. Erst rettete der 17-jährige gegen einen Schuss von Diogo Pereira Marta, danach sah auch Elvis Musaj seinen Freistoss von der starken Widnauer Nummer eins pariert. In der 36. Minute geriet ein Schuss von Diogo Vaz Vieira Lopes aus halblinker Position zu hoch.

Ohne Fremdeinwirkung verletzte sich der Frauenfelder Spielführer Marius Angst vier Minuten vor der Pause, Für ihn kam der «Mister Schweiz 2011», Luca Ruch. Dieser übernahm auch gleich die Captainbinde. Knapp vor dem Tee hatte Widnau eine gute Chance auf das 2:0: Tüccar passte auf Kevin Egbon, der aus spitzem Winkel am stark reagiertenden Thurgauer Torhüter scheiterte.

Thurgauer Ausgleich in der Nachspielzeit

Der erste Abschluss in Hälfte zwei gehörte Frauenfeld: Musaj verzog. Andreas Lüchinger rief seinem Team zu: «Wir sind zu passiv!» Worte, die ankamen. In der 56. Minute setzte sich Barboza Maciel durch und passte auf Noah Thönig, der nur ganz knapp vor dem Thurgauer Goalie verpasste. Dann war wieder Frauenfeld an der Reihe: Ein Volleyschuss von Fontes ging nur knapp neben das Widnauer Gehäuse. Die Einheimischen hatten immer noch die Führung im Rücken, der Favorit aus dem Thurgau musste nun alles auf die Karte "Offensive" setzen. Dennoch war das Geschehen für Widnau nie eine Abwehrschlacht. Dazu kam, dass Schiedsrichter Louis die Karten ziemlich locker in der Brusttasche hatte. Drei gelbe Karten gegen Frauenfeld, gar sieben gelbe und eine gelb-rote für Widnau (jene sah Helmar Andrade in der 84. Minute), lassen den Eindruck erwecken, dass es brachial auf dem Aegeten-Rasen zu und her ging. Das ging es aber zu keinem Zeitpunkt.   

In der 89. Minute hatte der kurz zuvor eingewechselte Timon Cabezas das 2:0 auf dem Fuss. Emir Murati lancierte einen Konterangriff, der Ball kam zu Cabezas, der alleine auf Santos Carvalho laufen konnte. Der Thurgauer Goalie blieb im Direktduell Sieger. Kurz darauf – die siebenminütige Nachspielzeit hatte soeben begonnen – glich Frauenfeld aus. Einen hohen Ball in den Strafraum beförderte Fontes ins Netz. Und es war noch nicht Schluss, denn die Gäste hatten in der 95. Minute eine weitere Topchance: Ein Schuss von Dodes krallte sich Hetzel mit einer herrlichen Parade und rettete seinem Team damit den verdienten Punkt.

SV Schaffhausen oben, Weesen unten

Mit dem 1:1 auf der Aegeten ist an der Tabellenspitze alles klar: Der SV Schaffhausen steht vier Runden vor Schluss wenig überraschend als Gruppensieger und Aufsteiger fest. Frauenfeld könnte der «Spielvi» noch folgen. Trotz der zwei verlorenen Punkte haben die Thurgauer weiterhin alle Trümpfe in der Hand, um am Schluss der Saison ebenfalls den Aufstieg in die erste Liga Classic zu schaffen. Weil die besten beiden Zweitplatzierten aus den vier Interregio-Gruppen ebenfalls in den Lift nach oben einsteigen dürfen, liefern sich die Thurgauer ein Fernduell mit vier anderen Mannschaften. Aktuell stehen sie im Vergleich mit Payerne und Martigny (Gruppe 1), Besa Biel (Gruppe 2) und Locarno (Gruppe 3) in der Pole Position für den Aufstieg. Damit hätte sich Frauenfeld vom Fast-Absteiger der Vorsaison mit nicht sehr stark verändertem Kader zum Erstliga-Aufsteiger gemausert. Auch solche Geschichten schreibt der Fussball.

Am Tabellenende ist ebenfalls eine erste Entscheidung gefallen. Was sich schon länger abzeichnete, wurde am Samstagabend amtlich: Weesen steigt in die regionale zweite Liga ab. Vier Runden vor Schluss sieht es auch für die Rapperswiler Reserven, Tägerwilen und Dardania St. Gallen nicht rosig aus. Rappi II schickte Tägerwilen mit einer 0:5-Packung nach Hause, was wohl keinem der Teams in der Endabrechnung nützen wird. Die Kicker vom Zürichsee liegen fünf Punkte hinter dem Strich, Aufsteiger Tägerwilen deren vier. Sehr schwierig wird es auch für Dardania, das eigentlich über ein ausgezeichnetes Spielerkader verfügt. Bei der 1:2-Niederlage gegen Bülach auf dem Gründenmoos stand bereits Trainer Nummer drei in dieser Saison an der Linie. Der bisherige Assistent Armando Senese übernahm vor wenigen Tagen von Cheftrainer Samel Sabanovic. Die ersten elf Spiele stand David Gonzalez an der Linie.

Philipp Herzog: «Ich denke, es lief ganz gut»

 «Am Vormittag war ich schon ein wenig nervös», sagte Widnaus Verteidiger Philipp Herzog. Schliesslich war es für den 17-jährigen erst sein zweites Spiel für das Widnauer Fanionteam von Anfang an und sein erstes, bei dem er durchspielte. Anfangs November beim 1:2 beim SV Schaffhausen spielte Herzog gut 70 Minuten. Von Minute zu Minute bekam er gegen Frauenfeld mehr Sicherheit. «Ich denke, es lief ganz gut», analysierte Herzog. Davon zeugte auch eine Aktion in der 50. Minute, als der Widnauer gegen den Frauenfelder Flügel Ticiano Fontes einen wichtigen Zweikampf gewann. Fontes wäre sonst allein vor Hetzel gestanden.

«Von den B-Junioren in die Interregional ist ein riesiger Sprung», sagte Andreas Lüchinger, der grosse Stücke von seinem Verteidiger hält: «Mit ihm haben wir eine neue Variante, wenn wir in der Verteidigung umstellen müssen». Beeindruckend war die Ruhe, die der junge Defensivakteur ausstrahlte. Nicht nur bei einer Szene aus der 68. Minute war dies spürbar. Herzog spielte einen Pass auf Bajrami und sagte: «Ruhig, Besi, wir haben Zeit.» Worte, die man eher einem altgedienten Verteidiger und nicht einem Akteur mit Jahrgang 2006 zutraut.

Herzog war ebenfalls ein wichtiger Pfeiler in der verstärkten Altstätter Mannschaft vor einer Woche am internationalen U19-Turnier auf der Gesa, wo er gegen die Stürmer von Brøndby Kopenhagen oder Olympiacos Piräus viele Zweikämpfe gewann. «Interregio und U19 sind beide streng. Im U19 stand man Junioren auf einen hohen Level gegenüber, in der Interregio sind es meist Routiniers.» Noch vier Spiele stehen auf dem Saisonprogramm. Herzog: «Wir wollen so viele Punkte holen wie möglich, um die Saison auf dem dritten oder vierten Platz abzuschliessen».

2. Liga interregional, Gruppe 4 
Widnau – Frauenfeld 1:1 (1:0) 
Aegeten, 380 Zuschauer – SR: Louis – SRA: Parisi, Knell. 
Tore: 5. Barboza Maciel 1:0, 91. Fontes 1:1.
Widnau: Hetzel; Andrade, Bajrami, Herzog, Giovetti de Almeida; Lässer; N. Thönig, Walt (91. Shala), Egbon (71. Murati), Tüccar (78. S. Thönig); Barboza Maciel (86. Cabezas).
Frauenfeld: Santos Carvalho; Borner, Angst (41. Ruch), Kreis, Stern; Musaj (76. Vigna), Erne, Dodes, Fontes, Vieira Lopes; Pereira Marta (71. Kitolo).
Gelbe Karten: 24. Andrade, 29. Kreis, 31. Lässer, 59. Tüccar, 61. Barboza Maciel, 68. Vieira Lopes, 77. Dodes, 83. Walt, 87. Cabezas, 96. Shala (alle Foul). 
Gelb-rote Karte: 84. Andrade (Foul).

Weitere Ergebnisse: Lachen/Altendorf – Chur 0:1, Uster – Adliswil 2:0, Dardania – Bülach 1:2, Weesen – Dübendorf 3:3, Bazenheid – SV Schaffhausen 0:1, Rapperswil/Jona II – Tägerwilen 5:0, Wil II – Thalwil 1:2. 
Rangliste (alle 26 Spiele): 1. SV Schaffhausen 66, 2. Frauenfeld 52, 3. Wil II 47, 4. Bülach 42, 5. Widnau 41, 6. Uster 39, 7. Chur 37, 8. Lachen/Altendorf 37, 9. Dübendorf 35, 10. Thalwil 34, 11. Bazenheid 31, 12. Adliswil 30, 13. Dardania 26, 14. Tägerwilen 26, 15. Rapperswil/Jona II 25, 16. Weesen 17.


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