Zu den Vorderländer Gasthäusern mit grosser Tradition gehörte der «Hirschen» im Lutzenberger Ortsteil Brenden. Hier tagte zeitweilig sogar der Ausserrhoder Regierungsrat. Jetzt ist das endgültige Aus der Wirtschaft besiegelt.
Das Haus Hirschen wurde kurz vor dem Jahr 1800 von Textilunternehmer Johannes Niederer erbaut. In der zweiten Hälfte der 1850er-Jahre entstand die durchgehende Strasse von Rheineck via Brenden nach Walzenhausen, womit das Haus zu einer guten Geschäftslage kam. «1872 wurde im Haus der Doppelbetrieb Gasthaus und Metzgerei eröffnet und von verschiedenen Eigentümern geführt. Rasch wurde die Wirtschaft zum beliebten Treffpunkt», schreibt Rolf Niederer in der Lutzenberger Dorfchronik.
Im «Hirschen» fanden sogar Sitzungen der Ausserrhoder Regierung statt. Dies geschah auf Wunsch von Reinhard Hohl- Tobler (1841 – 1930). Als Lutzenberger Gemeindehauptmann wurde er 1887 von der Landsgemeinde in die Kantonsregierung gewählt, der er bis 1893 angehörte. Als einflussreiche Persönlichkeit überzeugte er seine Kollegen von der Wichtigkeit, Sitzungen auch im Vorderland abzuhalten. Als idealer Tagungsort erwies sich das Restaurant Hirschen, das über eine Haltestelle der Kutschenverbindung ab dem Bahnhof Rheineck bis Walzenhausen verfügte.
Haus ist seit 25 Jahren keine Beiz mehr
Als Eigentümer und Wirtsleute listet Chronist Rolf Niederer Jakob und Nina Niederer-Affeltranger sowie die Nachfolger Emil und Nina Nüesch-Niederer auf. Im Juli 1972 übernahmen die Eheleute Josef und Regula Eigensatz-Hohl den Doppelbetrieb, der auch jetzt zu den guten Adressen im Vorderland zählte. Mit dem frühen Tod von Josef Eigensatz im Jahr 1983 wurden die Metzgerei und der angegliederte Lebensmittelladen aufgehoben. Das Restaurant aber blieb bestehen. 1988 erwarben Marlies und Urs Zäch-Müller die Liegenschaft. Die Wirtschaft wurde nun von Gattin Marlies geführt, die das Lokal im Jahr 2000 aus gesundheitlichen Gründen schliessen musste.
Die Gaststube und das Säli wurden danach als Wohnräume genutzt. Ende 2024 verkaufte das Ehepaar Zäch das zum Wohnhaus gewordene Gebäude an eine Immobilienfirma, die den an eine grosse Tradition erinnernden Schriftzug «Gasthaus Hirschen» demnächst entfernen wird. Noch der einzige Ort der Einkehr in Lutzenberg ist das von Familie Barmettler geführte Restaurant Hohe Lust.