Es kommt nicht oft vor, dass ein so bekannter Sportler im St. Galler Rheintal seine Visitenkarte abgibt. Dass sich ein mehrfacher Europameister, Vizeweltmeister, Olympiateilnehmer und Weltcupfinalsieger die Ehre gibt, ist ziemlich selten. Doch am Samstag startete Martin Fuchs an drei Prüfungen am Oberrieter CS in der Reithalle Birkenau.

Die Begeisterung für Pferde wurde Fuchs in die Wiege gelegt. Seine Eltern Renata und Thomas haben eine äusserst erfolgreiche Reiterkarriere hinter sich. «Als Kind war ich mit den Eltern sehr viel im Stall», sagt Fuchs. Als er siebenjährig mit Pony Cleopatra erste Hindernisse überwand, war für ihn klar, dass er einst Profi werden wollte: «Ich wollte nichts anderes mehr tun.»
2006 startete er erstmals an Children-Europameisterschaften – und holte auf Anhieb im Einzel Silber. Er erinnert sich: «Es war das erste Jahr, in dem es die Children-EM gab. Sie fand in Istanbul auf einer wunderschönen Anlage statt.» Er erinnert sich auch an die kurzweilige Zeit mit den anderen im Hotel. Fuchs lacht und sagt:
Damals waren wir 14 Jahre alt und wie viele Kinder in dem Alter wollten wir am Abend lieber Streiche spielen als zeitig ins Bett.
Auch die Junioren- und Jung-Reiter-Zeit ging gut weiter: «Wir hatten immer ausgezeichnete Teams und eine tolle Kollegialität.» In der frühen Phase der Karriere stand er an den Europameisterschaften stets auf dem Podest.
Das ist Martin Fuchs
Der 32-Jährige wohnt in Wängi und ist einer der besten Schweizer Springreiter aller Zeiten. Als erster Schweizer gewann er im Jahr 2018 in Tryon / North Carolina (USA) eine WM-Medaille (Silber). An der Children-EM 2006 holte er zum ersten Mal Edelmetall. 2010 holte er mit dem europäischen Team an den Olympischen Jugendspielen in Singapur die Goldmedaille.
Insgesamt holte er 14 EM-Medaillen, vier davon in Gold. 2022 gewann er in Leipzig den Weltcupfinal. An Olympia 2021 in Tokio fehlte zu einer Medaille im Teambewerb nur ganz wenig, die Mannschaft wurde Vierte. 2019 war er hinter Steve Guerdat Weltranglistenzweiter; 2020 wechselten die zwei die Plätze, Fuchs war Leader der Weltrangliste. Daneben gewann er in den letzten Jahren viele wichtige Grand-Prix-Turniere, etwa jene von Genf, Dublin, Windsor und Calgary.
Es ist kein Geheimnis, dass die Reiterinnen und Reiter eine grosse Familie sind. «Ich bin gern an nationalen Turnieren dabei, damit ich Menschen treffe, die ich sonst nicht oft sehe. Das gefällt mir sehr», so Fuchs, «wenn es zeitlich geht, schaue ich auch, dass ich in Uster dabei sein kann.» Der Reitverein Uster ist Fuchs’ Heimatverein. Nach Oberriet reiste er mit drei jüngeren Pferden, die nach und nach an die Wettkampfatmosphäre gewöhnt werden sollen. Eines davon war die achtjährige Oldenburger Stute Constare, von der auf der Tribüne vom fachkundigen Publikum viel Gutes zu hören war.
Spezielle Partnerschaft zu Wallach Clooney
Für Springerinnen und Springer, die zu Turnieren in der Schweiz reisen, reicht der gewöhnliche Pferdeanhänger, um die Tiere zu transportieren. Wie machen das die Profis? «Innerhalb Europas sind wir immer mit dem Pferdetransporter unterwegs», sagt Fuchs und fügt an:
Oft machen wir es so, dass unsere Pferde und jene von Steve Guerdat zusammen reisen.
Geht es nach Übersee, wird geflogen. Es gibt in Europa drei Flughäfen, an denen das möglich ist: Lüttich, Frankfurt und Amsterdam. In den Boxen der Cargo-Flugzeuge hat jedes Tier seinen Platz. Spezialisiertes Pflegepersonal und ein Tierarzt sind an Bord. Jetlag kennt ein Pferd nicht. «Die Tiere spüren keine Zeitverschiebung», so Fuchs.
Der aussergewöhnliche Wallach Clooney war jenes Pferd, mit dem Fuchs ganz grosse Erfolge feiern konnte – er ist das erfolgreichste Schweizer Springpferd, seine Erfolgsliste ist beeindruckend. «Eine Kolik-Operation und der Weideunfall 2021, wegen dem Clooney aus dem Sport genommen werden musste, waren Dinge, die mich weit über den sportlichen Aspekt hinaus geprägt haben», sagt Fuchs.
Clooney verbringt mittlerweile seinen Lebensabend in einem Gestüt in der Normandie. Der Schweizer Profi sagt:
Wenn ich ein Turnier in Frankreich habe, versuche ich immer, ihn dort zu besuchen.
Ein Basketballstar als Motivationsvorbild
Seit ein paar Monaten versuche er, eine andere Einstellung zum Erfolg zu bekommen. «Ich habe viele Motivationsthemen des US-Basketballers Kobe Bryant gelesen und habe in den letzten Monaten geschafft, nicht auf das Resultat zu reiten. Ich schaue, was ich mit meinen Pferden verbessern kann und lege den Fokus darauf.»
Was rät Fuchs einer jungen Reiterin oder einem jungen Reiter, die Karriere im Springreiten machen möchten? «Fleiss, Geduld – und immer ‹draabliiba›». Es sind jene Eigenschaften, mit denen Fuchs seine beispiellose Karriere bereits in frühen Jugendjahren lanciert hat.