Christlich 16.02.2025

Die Hände in den Schoss legen und nichts tun, das geht gar nicht

Religion – Vertröstung oder Weckruf? Jesu Worte fordern heraus: Hinsehen statt wegsehen, handeln statt resignieren. Wie gehen wir mit Ungerechtigkeit um – und was bedeutet das für unseren Glauben?

Von Stefan Kiesewetter, Seelsorger
aktualisiert am 16.02.2025

Mitte des 19. Jahrhunderts schlug die Stunde der Religionskritiker. Religion wurde als lähmend beschrieben, als Opium des Volkes (Karl Marx) oder als Projektion aller Wünsche in den Himmel (Ludwig Feuerbach).

Kritisiert wurde, dass die Religion den Armen eine bessere Zukunft im Himmel verspricht. An der miserablen Lebenssituation des Einzelnen änderte sich jedoch nichts. Statt zu vertrösten, sollte man gegen das Elend und die Ungerechtigkeit, gegen ihre Unterdrücker und Ausbeuter mobilisieren.

Die Worte der Seligpreisung werden heute anders interpretiert und sollen nicht als blosse Vertröstung gelten: Selig, ihr Armen, […]; selig, die ihr jetzt hungert, […]; selig, die ihr jetzt weint, […]. (vgl. Lk 20b-21)

Nicht auf Kosten anderer leben

Jesus kritisiert diejenigen, die auf Kosten der anderen leben und es sich gut gehen lassen. Diese Worte polarisieren und man möchte lieber weghören. Doch seine Worte wollen auf- und wachrütteln!

In unserer Welt geht es nicht immer gerecht zu. Das ist ein Faktum! Es bedeutet aber nicht, dass wir Christen daran teilhaben und all unsere Prinzipien über Bord werfen sollen. Doch was ist so gut an der Armut, am Hungern, an der Traurigkeit, dass Jesus sie selig, also glücklich nennt?

Als Christen drückt sich unser Glaube in der Weltanschauung aus. Unsere Handlungen sollen ein Spiegel unserer Überzeugungen sein.

Ein erster Schritt: Das Problem benennen

In zweifacher Weise wollen die Worte Jesu aufrütteln: Diejenigen, denen es schlecht geht, dürfen sich angesprochen fühlen. Sie sind die «Sorgenkinder» Gottes und gehen nicht vergessen. Sie werden angesprochen. Aus psychologischer Sicht ist dies ein ganz wichtiger Prozess: Das Problem zu benennen, ist oft der erste Schritt, um eine Situation zu verändern.

Dies tut auch die Caritas, das Hilfswerk der katholischen Kirche. Sie benennt die Probleme, wo andere wegsehen und hält das Thema aktuell, damit es nicht aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verdrängt wird.

Zum anderen rufen die Worte zur Reflexion unseres Verhaltens auf:

Wie gehen wir mit unserem Reichtum und mit unserem Lifestyle um?

Blicken wir auf die anderen herab oder versuchen wir die Welt um uns herum mit unseren Überzeugungen zu verbessern und positiv zu beeinflussen?

Jesu Worte rufen zum Umdenken auf und als Christen sollen wir es auch tun! Wir vertrösten uns nicht auf ein himmlisches Später, sondern sind aufgerufen, mit unseren Überzeugungen gegen die Ungerechtigkeiten in unserem Alltag vorzugehen. Sie zu benennen und nicht wegsehen.

Aus diesem Grund gilt:

Hände in den Schoss legen,
das geht gar nicht!

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