Alexander, dein neues Album wurde in London aufgenommen, warum?
Ein Album zu produzieren ist immer ein Krampf. Ich schreibe alle meine Lieder selbst, aber für einen letzten Schliff und etwas Weltperspektive bin ich immer um ein extra Paar Ohren froh. Und in London fand ich einen Produzenten, mit dem ich mich super gut verstand und der tolle Ideen hatte. Das Ganze hatte jedoch Null mit Glamour zu tun! Alles war unglaublich grau und es hat die ganze Zeit geregnet. Ausserdem hat alles in einem kleinen Reihenhäuschen stattgefunden. Da wohnte der Produzent zusammen mit seiner Familie. Und in seinem Wohnzimmer standen ein paar verstaubte Synthesizers rum.Ihr habt das Ganze also in einem Wohnzimmer produziert?
Genau. Irgendwann sagte der Produzent: «Morgen gehen wir in ein anderes Studio, um deinen Gesang aufzunehmen». Endlich ein richtiges Londoner Studio, dachte ich! Am Tag darauf sind wir dann aber einfach wieder zu jemandem nach Hause, der in seinem kleinen, privaten Gärtchen ein wirklich winziges Häuschen stehen hatte – und da drin ein Mikrofon. Zuerst dachte ich, es sei ein schlechter Scherz, doch diese Leute hatten tatsächlich bereits riesige Musikgrössen wie beispielsweise Mick Jagger oder die Foo Fighters produziert. Da merkte ich, die haben einfach keinen Platz in London, da ist man in der Schweiz ziemlich verwöhnt.Ist dir während dieser Produktion auch ein Track gelungen, auf den du speziell stolz bist?
Ich verstecke mich gerne hinter melancholischen Tönen. Zu diesen kann ich leichter stehen und auch live auf der Bühne sind sie für mich einfacher darzubieten. Deshalb bin ich dann auch sehr stolz darauf, wenn ich es mal schaffe, etwas fröhlichere Lieder zu schreiben. Ein solcher Track ist «Never Enough». Der Song klingt fröhlich – die Geschichte dahinter ist aber eigentlich ziemlich bitter.In dem Song singst du davon, dass du deine Webcam anzünden möchtest.
Exakt, denn mit 15 Jahren lernte ich online eine sehr nette, extrem attraktive junge Dame kennen und chattete ausführlich mit ihr. Ich gab ihr unter anderem via Webcam auch Zugang zu meinem Zimmer. Ich habe nie resoniert, dass sie ihre Webcam nicht anschalten wollte. Erst Jahre später dämmerte mir mit Schrecken, dass hinter dem Computerbildschirm auf der anderen Seite wohl keine hübsche Dame, sondern eher ein wüster Internet-Grüsel steckte. Sehr persönlich also und auch eine Art Abrechnung.Du hast als Künstler schon einiges erlebt und jetzt im Ausland produziert. Wie viel Balgach steckt noch in deiner Musik?
Letztlich spielte ich in Vaduz und traf einen ehemaligen Klassenkameraden aus der Kantizeit. Er meinte, ich sei noch genau der gleiche «alte Depp» wie schon zu Schulzeiten. Das nahm ich wirklich als schönes Kompliment an. Es freute mich, denn ich glaube an den Balgacher, an den Rheintaler Flair. Dieses bodenständige Balgachertum hat mir im ganzen manchmal irren Musikzirkus gut getan.