07.10.2022

Aus christlicher Sicht: Ein «duftendes Geschenk» an die Mitmenschen

«Allen, die Freude an Rosen haben, möchte ich etwas sagen. Allerdings müssen Sie auch Nasen haben für ganz neue Gerüche, die uns weitertragen in ein anderes Land.» So beginnt Wilhelm Willms (deutscher Theologe 1930 bis 2002) seine Gedanken zum Rosenkranzgebet. Und er erinnert uns daran, dass die Rose ein altes Symbol für die Liebe ist.

Liebe und Anerkennung sind für uns Menschen wichtiger als unser Brot zum Essen. Eine heilige Frau, die in einer Vision Maria sehen durfte, erblickte sie mit einem Kranz von Rosen in ihren Händen, was dem Rosenkranz seinen Namen gab. Wir beten von Rose zu Rose. Erst im dauernden Wiederholen und Hinsehen zeigt sich die ganze Schönheit der Rose – als Knospe – wie sie aufspringt – von Tautropfen benetzt – Blatt für Blatt – reif und überreif – Maria als junges Mädchen – froh – liebend – beschenkt – Maria als Frau – geprüft – traurig – sorgenvoll – hoffend – erlöst – Maria mit ihrem Sohn – ein betörender Duft geht von ihnen aus – ganz viele Rosenblätter – aufgereiht in vier Rosenkränzen. Freudenreich – schmerzhaft – glorreich – lichtreich.Von Irland her hat der Rosenkranz seinen Ursprung genommen, die Wandermönche aus Irland haben seine Verbreitung ausgelöst. Hier in der Ostschweiz stehen Kolumban und Gallus für die Verbindung zum Rosenkranz, aber auch die Kapuziner in ihren Ostschweizer Klöstern.Rosen sind nicht zu unterschätzen. Im Korb der heiligen Elisabeth waren die Brote für die Armen zu Rosen geworden, als ihr Schwager sie kontrolliert hatte. Rilkes Bettlerin am Strassenrand von Paris konnte acht Tage lang von seiner Rose leben. Und in den Fiori des Franz von Assisi heisst es: «Als Franz und Chiara das Gerede der Leute fürchteten, und sich deshalb den gesamten Winter über nicht mehr sehen oder treffen wollten: Sie wollten sich erst dann wieder begegnen und reden, wenn der Rosenstrauch neben ihnen wieder in Blüte steht; am nächsten Tag hat der Rosenstrauch mitten im Winter geblüht. So wussten Francesco und Chiara, dass es gut ist, wenn sie sich sehen und miteinander reden.Gestern Freitag haben wir das Rosenkranzfest gefeiert und am Dienstag begehen wir das Franziskusfest, der Rosenkranz-Monat geht noch bis zum 31. Oktober. Es hat nicht wenige Menschen im Laufe der Jahrhunderte gegeben, die aus der regelmässigen Versenkung in diese Betrachtung Rose für Rose die Kraft gefunden haben, dass sie selbst zum «duftenden Geschenk» geworden sind für ihre Mitmenschen. Übrigens: auch viele Muslime drehen kleine Gebetskugeln in ihrer Hand und verbinden sich so mit der Barmherzigkeit und der Kraft Gottes.Reinhard PaulzenPastoralassistent in Heerbrugg