Sie ist ein dunkler Fleck in der Schweizer Geschichte: die Hexenverfolgung. Die wohl bekannteste vermeintliche Hexe in der Schweiz ist die Sennwaldnerin Anna Göldin (heutige Schreibweise: Göldi). Sie wurde 1782 hingerichtet unter dem Vorwurf, Hexerei ausgeübt zu haben. Anna Göldi wird oft als die letzte Hexe in Europa bezeichnet, denn es war die letzte Hinrichtung einer Frau, die für eine Hexe gehalten wurde.Dass Anna Göldi vor ihrem Tod unter falschem Namen in Degersheim lebte, ist vielen nicht bekannt. Diesen Zeitabschnitt in Anna Göldis Leben nahm eine junge Degersheimer Autorin unter die Lupe.Eine etwas grössere ProjektarbeitDie 15-jährige Sarah Meier hat sich im Rahmen der Oberstufen-Abschlussarbeit mit Anna Göldi beschäftigt. Meier sagt: «Mir wurde schnell klar, dass das Projekt einen grösseren Rahmen einnehmen wird.» Statt wie vorgegeben 15 Seiten, hat die Schülerin ein über 100-seitiges Buch geschrieben – innerhalb von drei Monaten. Sie sagt: «Die Worte sind einfach aus mir heraus geflossen.»«Ich hatte schon als Kind immer gerne Hexengeschichten», sagt Sarah Meier. Auch wenn Anna Göldi keine Hexe gewesen sei, erzeuge die Geschichte eine ähnliche Spannung. Vor einem Jahr hat die Schülerin das Anna-Göldi-Museum in Ennenda GL besucht.Ein auf Fakten basierender RomanSarah Meiers Buch basiert auf Fakten, die sie mit Interviews und in Sachbüchern recherchierte. Sie führte Gespräche mit den Degersheimer Dorfchronisten, mit Heide Eisenhut, der Leiterin der Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, und mit dem Anna-Göldi-Spezialisten Walter Hauser.Dabei ging sie vor allem auf die Arbeit und das Leben im Wirtshaus ein, weil Anna Göldi dort als Magd drei Monate ihren Dienst verrichtete. Um Spannung zu erzeugen, ergänzte sie aus stilistischen Gründen Gefühle und Handlungen. Die Eckdaten und Personen, die vorkommen, sind aber alle historisch belegt. Damit die Leser und Leserinnen nicht ins kalte Wasser geworfen werden, können sie im Vorspann die Geschichte Anna Göldis lesen. Anna Göldi wurde im Jahr 1734 in Sennwald geboren. Später arbeitete sie als Magd bei einflussreichen Glarner Familien – am Schluss bei der Familie Tschudi. Dort war sie angestellt bis zum Tag, an dem ihr vorgeworfen wurde, dass ein Kind der Familie wegen ihr Stecknadeln ausspucke. Sie musste fliehen. In den darauffolgenden Monaten wurde Göldi verfolgt und der Hexerei bezichtigt. Ein Kopfgeld wurde ausgesetzt.Blick aus der Perspektive von Anna GöldiAnna Göldi flüchtete von Glarus via Sennwald bis nach Degersheim. Sarah Meier beschreibt in ihrem Kurzroman «Annas Schatten» das damalige Leben in Degersheim aus der Perspektive von Anna Göldi. In ihrem Buch behandelt Sarah Meier Frauenthemen der Zeit, wie Totgeburten und sexuelle Belästigung im Wirtshaus. Dabei beschreibt sie aus der Ich-Perspektive die Gefühle von Anna Göldi.Die Wende kam mit dem Verrat durch einen Lehrer, der im Auftrag von Anna Göldi einen Brief an ihre Schwester schrieb. Weil er selbst Geldprobleme hatte, lieferte er sie aus und sackte das Kopfgeld ein. Anna Göldi wurde verhaftet, abgeführt und zurück nach Glarus gebracht. An diesem Punkt endet das Buch. Ganz zum Wohle der Feinfühligen, denn darauf folgt ihre Folterung und Ermordung. Diese werden im Abspann des Buches abgehandelt.Göldi wurde erst 2008 rehabilitiertIm Abspann zeigt Meier zudem auf, dass das Todesurteil nicht rechtmässig war. Neben dem Fakt, dass eine Hinrichtung wegen Hexerei schon damals nicht mehr erlaubt war, hätte sie als nichtgebürtige Glarnerin nicht im Kanton Glarus verurteilt werden dürfen.Heute geht man davon aus, dass Anna Göldi einfach zu vielen Leuten im Weg stand. Vor allem ihre Affäre mit Herrn Tschudi sollte nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Deshalb befeuerte er den Prozess. Ausserdem starb ein Kind von Anna Göldi kurz nach der Geburt, viele warfen ihr Kindsmord vor.Erst 2008 wurde sie vom Kanton Glarus rehabilitiert. Zudem wurde ihr Tod umbenannt in Justizmord.