Der Patentjägerverein Appenzell Ausserrhoden hat dieses Jahr wieder allen Landwirten im Kanton angeboten, ihre Heuwiesen vor dem Mähen nach Rehkitzen abzufliegen. Insgesamt waren zwölf Drohnenteams im Einsatz. Während jemand mit dem Fluggerät die Wiese absuchte, sicherten die Jägerinnen und Jäger die Kitze im hohen Gras.
«Unter der Woche fehlen teilweise Jäger, welche die Kitze aus der Wiese entfernen und unter einem Harass sichern», sagt Felix Eberhard, Hegeobmann des Patentjägervereins AR. Am Wochenende sehe es diesbezüglich besser aus.
Tierkadaver im Futter kann gefährlich werden
In diesem Jahr konnten 120 Kitze vor dem Mähen geborgen werden, vor allem auch im Hinterland. Das sind etwa gleich viele wie 2023, aber deutlich mehr als im vergangenen Jahr. Das hängt gemäss Eberhard unter anderem mit den Wetterverhältnissen zusammen. Wenn es im April und Mai oft regnet, kann in manchen Jahren das Gras oft erst spät gemäht werden. Möglich ist, dass dann die Rehgeissen ihre Kitze bereits gesetzt haben.
Das Angebot der Ausserrhoder Jäger stosse bei den Landwirten auf ein steigendes Interesse, sagt Eberhard. Es dient einerseits dem Tierwohl, andererseits hat der Landwirt eine sehr hohe Sicherheit, dass er kein Rehkitz vermäht. Dafür muss er zeitnah nach dem Abfliegen an die Arbeit und das Gras abschneiden. Da sich ansonsten in der Zwischenzeit Kitze in der Wiese ablegen oder die Geiss ihre Kitze frisch in der Wiese zur Welt bringt.
Tierkadaver wie Rehkitze im Futter können zu Botulismus führen. Dieses toxische Gift im Futter führe häufig zum Tod von Rindern und Pferden, schreibt der Patentjägerverein. Die Wiesen sollten in den frühen Morgenstunden abgeflogen werden, damit ein Temperaturunterschied von den kühleren Mähwiesen zu den körperwarmen Kitzen vorhanden ist, um diese mit der Drohne mit Wärmebildkamera dank des Temperaturunterschiedes zu entdecken.
Kitze sollten nicht berührt werden
Die entdeckten Kitze werden laut Mitteilung je nach Situation direkt in der Wiese oder am Waldrand im Schatten unter einer Kiste gesichert, bis die Wiese gemäht ist. Die Kiste müsse sehr gut gesichert sein, damit die sich in der Nähe befindende Rehgeiss die Kitze nicht befreien könne. Ansonsten würden sich die befreiten Kitze oftmals wieder in der Deckung des hohen Grases in der Wiese verstecken. Nach dem Mähen wird der Harass, ohne die Kitze zu berühren, entfernt. Die Rehgeiss wird, wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt ist, zu den Kitzen zurückkehren und diese an einen sicheren Ort führen.

Sollten jetzt Rehkitze an Weg- oder Waldrändern beziehungsweise im Wald entdeckt werden, empfiehlt der Patentjägerverein, diese nicht zu berühren. Wie erwähnt, wird die Rehgeiss diese in Kürze wieder an einen sicheren Ort bringen. Wünschenswert ist laut Mitteilung auch, bis Ende Juli Hunde auf Wegen entlang oder in der Nähe von Waldrändern oder im Wald zum Schutz der Kitze an der Leine zu führen.
Nachgeburt wird gefressen
In den Monaten Mai und Juni setzt die Rehgeiss meist zwei Kitze. Sie wählt deren Setzplatz an einem bewachsenen, sonnigen und trockenen Ort. Die Rehgeiss leckt diese sofort nach der Geburt trocken, und die Nachgeburt wird gefressen, damit sie keine Feinde anlockt. Die Kitze verstecken sich anschliessend in der Vegetation. Dabei sind sie dank der guten Tarnung ihres gefleckten Fells, ihrem absolut ruhigen Verhalten und dem anfänglich schwachen Eigengeruch für Raubtiere nur schwer wahrnehmbar.
Das ist überlebenswichtig, da sie in den ersten Lebenswochen noch nicht mit ihrer Mutter fliehen können. Die wachsame Rehgeiss bleibt stets in der Nähe, um die Kitze gegen Feinde wie Füchse oder Rabenkrähen zu verteidigen. Während dieser Zeit sucht sie die Kitze nur zum Säugen auf.
120 Rehkitze vor dem Mähtod bewahrt – Drohnenteams im Einsatz für den Tierschutz