Video 07.05.2022

So lebt es sich in sieben Schiffscontainern

Seegang hätten sie keinen, dafür Schaulustige – Adrian Brändli und Andrea Jensen wohnen im ersten Containerhaus, dass in Altstätten steht.

Von Cassandra Wüst
aktualisiert am 08.12.2022

Zwischen Einfamilienhäusern, gesäumt von Kirschbäumen und Sträuchern, findet man in Altstätten ein Stück Hamburger Hafenflair. Die containertypischen Zahlen und Buchstaben heben sich deutlich von den rostbraunen, karminroten und abgenutzten Blautönen der Blechcontainer ab, die an der Heidenerstrasse an einem Hang übereinander gebaut sind. Grosse Fensterfronten und das Terrassengeländer fallen sofort ins Auge. Dies ist das Containerhaus von Urs Felber, Oberstufenlehrer und Künstler.

Aus sieben Schiffscontainern hat er letztes Jahr in Eigenregie mit dem befreundeten Architekten Roger Graf zwei Wohnungen mit je 80 Quadratmetern Wohnfläche und einer Terrasse von weiteren 30 m2 gebaut. Die Container wurden innen mit Holz vertäfelt. In jeder Wohnung gibt es eine Toilette sowie ein Badezimmer mit Waschmaschine, Trockner und Dusche, ein Schlafzimmer und einen geräumigen Wohn- und Essbereich mit Küche und ei­nem kleinen Ofen.

Der Oberstufenlehrer im zweiten Stock

Der Bau bot in Altstätten allerlei Gesprächsstoff. Seit letztem Herbst sind die Containerwohnungen bewohnt. Aber «ich bin noch nicht ganz fertig mit dem Einrichten», gibt Adrian Brändli zu, der die obere Wohnung bewohnt. Auf der Terrasse wird es bald ein Hochbeet und eine Lounge geben, drinnen muss die Dartscheibe im Wohnzimmer noch besser in Szene gesetzt werden, und es fehlt noch Stauraum in Form von Möbeln. Auch in der Küche braucht er mehr Platz für sein Geschirr und seine Pfannen. Trotzdem fühlt sich Brändli wohl.

Zum Glück schwankt es in meiner Wohnung nicht so wie auf dem Wasser.

Der gebürtige Winterthurer wohnte früher in St. Gallen und pendelte täglich nach Rebstein, wo er als Oberstufenlehrer arbeitet. Felber kennt er schon seit längerem. «Ich war begeistert, als ich von dem Projekt hörte und musste einfach hier wohnen», sagt Brändli.

Er ist sich bewusst, dass seine Wohnung die Blicke von Spaziergängern auf sich zieht. In den letzten sechs Monaten hat er oft Leute, die sich das Haus angeschaut haben, zu einem Rundgang durch seine Wohnung eingeladen.

Die Anästhesiepflegekraft im ersten Stock

Anders als Brändlis Junggesel­lenbude ist diese im ersten Stock eingerichtet. Auf der Terrasse gedeihen frische Kräuter, Erdbeeren und Gemüse. Unter dem Kirschbaum steht ein grosser Holztisch – die Stühle sind noch übereinander gestapelt und in Plastik eingewickelt. Drinnen fällt besonders die gelbe Couch in der Mitte der Wohnung auf. «Langsam kann ich meine Wohnung so richtig geniessen. Obwohl ich noch ein paar Möbel brauche», sagt Andrea Jensen und blickt auf die Bücher, die sich auf dem Boden stapeln, und die lila Yogamatte.

Das Herzstück ihrer Wohnung, sagt sie, ist das Zusammenspiel von grauem Boden und Holzvertäfelung an den Wänden. «Und natürlich meine grosse Terrasse», sagt sie. Auch Jensen, die als die als Anästhe­siepflegekraft am Kantonsspital in St. Gallen arbeitet, lebte früher in der Stadt, wollte aber schon länger aufs Land ziehen. 

Urs’ Konzept hat mich total überzeugt. Nicht nur, dass er teilweise gebrauchte Materialien verwendet hat, sondern auch, dass man hier anders wohnt als andere.

Sie wohnt seit Oktober in dem Haus und schwärmt, dass man zu keinem Zeitpunkt merkt, dass man in einem Container wohnt. «Ich habe aber auch noch nie etwas Negatives gehört. Aber die Leute sind neugierig, wie ich wohne, und sind positiv überrascht, wenn sie die Wohnung von innen sehen.»