Ärztinnen und Ärzte in Privatpraxen finanzieren Ihre Praxis in der Regel selbst. Bis vor 20 Jahren konnten Ärzte, die in Pension gingen, ihre Praxis in der Regel über dem Substanzwert verkaufen. Sie konnten die Käufer auslesen und erhielten primär für den Kundenstamm gutes Geld.
In der Zwischenzeit finden ärztliche Grundversorger vielfach keine Nachfolge. Weshalb?
- Die Universitäten planen ihre Ausbildungsplätze nicht auf der Basis eines künftigen Bedarfs, sondern aufgrund des Budgets der öffentlichen Hand. Eine Matura ist nicht mehr eine Zulassungsbescheinigung für ein Medizinstudium. 2023 haben sich in der Schweiz 15‘400 Personen mit Maturaabschluss für ein Medizinstudium beworben. Zugelassen wurden gemäss meiner Recherche aufgrund des Numerus Clausus 1850 Personen.
- Eine Stelle als Oberärztin mit Chancen auf eine weitere Karriere im Spital ist weniger riskant als der Weg in die Selbständigkeit.
- Auch Ärzte in freier Praxis wollen heute eine Work-Life-Balance. Ärztinnen und Ärzte mit Partnerinnen und Partnern arbeiten nicht mehr je 100 %. Das Pensum eines Arztes, der in Pension geht, wird durch eine einzige Ärztin nach erfolgter Weiterbildung bei weitem nicht mehr ausgefüllt.
- Einzelpraxen sind weitgehend überholt. In Gruppenpraxen ist die Stellvertretung, der Notfalldienst und die Kompetenz auf mehrere Schultern verteilt.
- Bis vor Kurzem konnte der Bedarf an Ärztinnen und Ärzten weitgehend durch im Ausland Ausgebildete gedeckt werden. In den umliegenden Ländern besteht aber auch Ärztemangel, deshalb ist der Bedarf durch Zuwanderung nicht mehr gesichert.
- Die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen wächst aufgrund der längeren Lebenserwartung, aber auch des medizinischen Fortschrittes.
Eine funktionierende ambulante Grundversorgung gehört zur Standortqualität von Altstätten. Ärztinnen und Ärzte entscheiden aufgrund der Attraktivität des Angebotes selbst, wo sie eine Praxis eröffnen und in welche Praxis sie eintreten.
Vier erfahrene und geschätzte Ärzte in Altstätten, die mit ihrer neu gegründeten Gesundheitszentrum Rheintal AG an idealem Ort ein noch weiter ausbaubares Gesundheitszentrum eröffnen wollen, leisten einen wertvollen Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung.
Eine massvolle Unterstützung im Standortwettbewerb durch einen fairen Bodenpreis mit einem zinslosen Darlehen der Stadt für 15 Jahre war eine gute Motivation für ein Investment, das das Vielfache des Bodenpreises kosten wird. Dies gibt den vier Ärzten Gelegenheit, gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte zu motivieren, in ihrer Gruppenpraxis den Weg in die Selbständigkeit zu beschreiten.
Die Bevölkerung von Altstätten und Umgebung muss weniger befürchten, dass, wenn ihr Arzt in Pension geht, andere Praxen sagen: Wir nehmen niemanden mehr auf. Aus diesen Gründen ist ein Ja zur Vorlage an der Bürgerversammlung vom 12. Dezember ein kluges Ja, nicht primär für die vier Ärzte, sondern für alle Einwohnerinnen und Einwohner von Altstätten, die sich eine gute ärztliche Grundversorgung und einen funktionierenden Notfalldienst wünschen.
Peter Bürki, Rechtskonsulent der Ärztegesellschaft des Kantons St. Gallen, Altstätten/Heerbrugg