Die regnerische Nacht ist einem zunehmend sonnigen Morgen gewichen, einem, wie ich ihn in meiner Jugend an Ostern in Erinnerung habe. Ich besuche den Ostergottesdienst, zudem mich die tiefen Glockenklänge einladen.
Zugegeben, ich bin keine fleissige Sonntagskirchgängerin mehr. Komisch, in meiner Jugendzeit hätte ich mir das nicht erlaubt. Jetzt im Alter lasse ich meine Zweifel über die katholische Kirche zu. Was ist das für eine Religion, die markante Unterschiede macht zwischen Mann und Frau und letztere immer noch von der «Priesterweihe» ausschliesst? Frauen sind zwar gefragt in zudienenden Diensten, nicht aber am Altar. Was ist das für eine Kirche, die einem, mit Theologiestudium ausgerüsteten Mann die Ehe versagt? Lernt sie nicht aus den Leiden vieler Priester und missbrauchten Kindern?
Nichts ist gekünstelt – man darf dieser Botschaft glauben
Heute (9. April 2023) ist Ostern. Ich besuche bewusst und gewollt den katholischen Gottesdienst. Einladend die geschmückte Kirche, das Brausen der Orgel, die vielen Menschen mit Gebeten und Erwartungen in ihren Herzen. Auch ich habe Erwartungen. Sie werden nicht enttäuscht. Der ältere Pater, der die Messe feiert. Sein Vertreter, Diakon und Seelsorger während der Woche, bilden ein verständiges Team. Ein grosser Sängerchor, unterstützt und untermalt von einem kleineren Orchester, lassen den Jubelgesang von Ostern über das Kirchengewölbe bis in den Himmel dringen. Die Solistinnen mit ihren warmen Stimmen jubeln in den frohen Ostergesang. Nichts ist gekünstelt, man darf jedes Wort der frohen Botschaft Gottes von der Auferstehung glauben. Den Abschluss der Feier krönt das brausende Halleluja von Händel. Aber ein anderes, uraltes Osterlied einer benachbarten Gemeinde verliert deswegen nicht an Wert, es wird jede Ostern wieder gesungen.
Mein Fazit: Das Christentum ist eine «brauchbare» Religion, trotz obig erwähnter Missstände. Es gründet auf der Liebe und dem Verzeihen. Warum setzt sich die Basis dieser Christengemeinschaft nicht härter ein für die Behebung vieler Missstände? Austreten aus der Gemeinschaft ist keine Lösung. Besser wäre der Zusammenschluss aller christlichen Gruppen zu einer Einheit und der Begriff der «römisch-katholischen Kirche» würde wieder, was er einmal war: Die Einheit der Christen!
Reni Villiger, Widnau