Das kleine Ost-Tiroler Dorf am Fuss der Dolomiten, in dem Andy Holzer aufwuchs, war alles andere als behindertengerecht. Es gab viele Wege mit Schlaglöchern und Stolpersteinen, an denen er sich blaue Flecken einhandelte. Im Alter von fünf Jahren wünschte sich Andy Holzer Skier zu Weihnachten – und er bekam sie. Auf den Brettern fühlte er sich wohl, denn sie glichen kleine Bodenunebenheiten aus, die ihm beim Laufen manchmal das Leben schwermachten.
Mit sechs Jahren erreichte er, dass er statt in einem Blindenheim im fernen Wien in seinem Dorf eingeschult wurde. Schon bald nahm ihn sein Vater auch mit zum Klettern. Die Felsen, die Andy Holzer mit den Händen dabei ertastete, vermittelten ihm ein Bild von seiner Umgebung, gaben ihm Sicherheit und Halt. Das, was ihm im aufrechten Gang fehlte. Seine Freizeit verbrachte er kletternd in den Bergen.
2005 lud ihn die Organisation «No Barriers» zum Jahresevent in die italienischen Dolomiten ein. Für einen Filmdreh kletterte er in einer Dreier-Seilschaft senkrecht die Felswand hoch bis zum Gipfel – verbunden mit einem ebenfalls blinden Bergsteiger und einem anderen Kletterer mit Beinprothesen. 2017 erreichte er schliesslich den Gipfel des Mount Everest und hatte damit die «Seven Summits» komplett – die Besteigung der jeweils höchsten Berge der sieben Kontinente. Seine Lebensphilosophie soll andere Menschen inspirieren, sie dazu ermutigen, in ihre Stärken zu vertrauen und persönliche Herausforderungen anzugehen, statt ihnen auszuweichen. Oder anders formuliert: ihren ganz persönlichen Mount Everest zu bezwingen und damit die eigenen (vermeintlichen) Grenzen zu sprengen.