09.04.2022

«Zweitstärkste Kraft bei den Exporten»

An einem Gipfeltreffen in Buchs betonen St. Gallen und Vorarlberg: Die Bodenseeregion verdiene den Status eines Metropolitanraums.

Von Adrian Vögele und Noemi Heule
aktualisiert am 02.11.2022
Den Bodenseeraum nach aussen besser verkaufen – und ihn gleichzeitig als grenzübergreifende, zusammenhängende Region weiterentwickeln: Das ist die Idee hinter dem Vorhaben Metropolitanraum Bodensee, das St. Gallen und beide Appenzell schon seit Jahren zusammen mit den benachbarten österreichischen und deutschen Grenzregionen verfolgen. Die Ostschweiz erwartet, dass auch der Bund die Bodenseeregion neu als Metropolitanraum anerkennt. Dazu müsste das nationale Raumkonzept angepasst werden. Eine Überarbeitung dieses zehnjährigen Konzepts zeichnet sich derzeit ab (Ausgabe vom Freitag).An einem internationalen Forum mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft am Freitag in Buchs sagte die St. Galler Bauchefin Susanne Hartmann:«Mit der Anerkennung als Metropolitanraum wird die Region endlich den Stellenwert erhalten, der ihr zusteht.»Verdient habe das der Bodenseeraum schon lange. Seine Leistung könne mit den Regionen Bern, Basel, Zürich und Genf mithalten. Die Bodenseeregion habe ein Exportvolumen von 16 Milliarden Franken. «Damit sind wir im schweizerischen Kontext auf dem zweiten Platz hinter der Region Basel.»Ein Wort wird zur harten WährungDass die Region bisher nicht als Metropolitanraum anerkannt sei, sei mehr als ein Schönheitsfehler, betonte Hartmann. «Staat und Wirtschaft verkennen Qualitäten der Region.» In Metropolitanräume fliesse viel Bundesgeld, auch private Investoren würden diese Regionen bevorzugen. «Die Bezeichnung Metropolitanraum wird zur harten Währung.»Was für die Ostschweiz im Verhältnis zu Bundesbern gilt, gilt auch für Vorarlberg im Verhältnis zu Wien, wie der Vorarlberger Landesrat Marco Tittler sagte: «Uns verbindet, dass wir vermeintlich periphere Regionen sind – weit weg von den Hauptstädten. Wir sind erst dann stark, wenn wir uns zusammenschliessen.» Die Verflechtungen seien heute schon eng, doch auch Selbstkritik sei angebracht: Zur Stärkung der Wirtschaftskraft brauche es wohl noch mehr Zusammenarbeit. So befassten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums am Freitag unter anderem mit Problemen des grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehrs. Einigkeit herrscht etwa darüber, dass die beiden Autobahnen dies- und jenseits des Rheins endlich eine leistungsfähige Verbindung brauchen.Keller-Sutter: «Eine Chance zusammenzurücken»Am Forum in Buchs nahm auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter teil. Sie hatte sich schon als St. Galler Regierungsrätin und später als Ständerätin für den Metropolitanraum eingesetzt. «Für die Region ist das Projekt eine Chance, grenzüberschreitend näher zusammenzurücken», sagte Keller-Sutter bereits am Freitagvormittag an einem Medientreffen in der Stadt St. Gallen. Sie verwies auf die Zeit der Fürstäbte: «Der Bodensee war historisch immer etwas Verbindendes, nun ist er zu etwas Trennendem geworden.» Das habe sich im Zweiten Weltkrieg manifestiert, aber auch während der Coronapandemie mit Grenzschliessungen und Einreiserestriktionen. Der Raum sei trinational oder inklusive Liechtenstein sogar durch vier Staaten geprägt: «Es ist wichtig, dass sich dieser grenzüberschreitende Raum als Einheit identifiziert.» Dafür brauche es allerdings mehr als einen Planungsentscheid des Bundes – den sie natürlich nicht vorwegnehmen könne, sagte Keller-Sutter.Dessen ist sich auch die St. Galler Regierung bewusst. «Wir lehnen uns jetzt nicht zurück, bis über die Anerkennung unseres Metropolitanraums entschieden wird», sagte Susanne Hartmann. Die Zusammenarbeit werde stetig verbessert, ein Beispiel dafür sei das Agglomerationsprogramm Rheintal. «Wir bündeln unsere Stärken – und es gilt, nationale Entscheidungsträger von unserer Sichtweise zu überzeugen.» Es zeichnet sich ab, dass bei einer Überarbeitung des Raumkonzepts unter anderem die Grenzregionen neu beurteilt würden. Ähnliche Interessen hat auch Österreich, wie Finanzminister Magnus Brunner sagte: Die Mitwirkung an grenzüberschreitenden Strategien und Prozessen der Raumentwicklung spiele für Österreich eine wichtige Rolle. «Wir bauen mit dieser Zusammenarbeit die traditionell guten bilateralen Beziehungen zu den Nachbarstaaten im Westen und damit auch über die EU-Grenzen hinaus aus.»Hubert Rhomberg, Geschäftsführer des gleichnamigen Vorarlberger Bauunternehmens, betonte, es gehe nebst Investitionen auch um Fachkräfte: «Wie halten wir Mitarbeiter in der Region? Wie gewinnen wir sie – und vor allem: Wie gewinnen wir sie zurück, wenn sie einmal in andere Gebiete abgewandert sind?» Die Bodenseeregion müsse auch ihre Karte als attraktiver Lebensraum ausspielen.

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