13.10.2020

«Zweiter Lockdown wäre das Schlimmste»

Bundesrat Alain Berset besuchte gestern St. Gallen und sprach über die Coronasituation. Die Lage sei kritisch, aber unter Kontrolle. Am heutigen Dienstag werden laut Regierungsrat Bruno Damann mögliche Massnahmen an der Regierungssitzung besprochen. Man werde aber noch nichts definitiv entscheiden. «Es ist aber klar, dass wir etwas unternehmen müssen», sagt der Regierungspräsident.

Von Rossella Blattmann/Sabrina Manser
aktualisiert am 03.11.2022
Er sei sehr froh, persönlich und nicht nur «à la distance» in St. Gallen zu sein, sagt der Innenminister. Der Rundgang im Kybunpark habe ihm gezeigt, dass Grossanlässe momentan durchaus möglich seien. «Mit genug Platz und einem guten Schutzkonzept ist vieles möglich», sagt Berset. Im St. Galler Fussballstadion sei beides vorhanden. Bei Privatanlässen sei dies anders, besonders im Winter, mahnt Berset. Befinde sich eine grössere Festgesellschaft in einem geschlossenen Raum, sei es besonders wichtig, den Abstand zu halten und sich regelmässig die Hände zu waschen. «Wir haben eine schwierige, grosse Aufgabe vor uns.» Berset ergänzt: «Wir müssen einen Preis zahlen für einen stabilen Winter.»«Die Lage ist beunruhigend»Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) meldete in der Schweiz 4068 neue Coronafälle über das Wochenende, der Kanton St. Gallen 191. Berset sagt zu den schweizweit steigenden Zahlen: «Die Lage ist beunruhigend.» Und ergänzt: «Die Situation in der Schweiz ist kritisch, aber unter Kontrolle.» Die Hospitalisationen würden steigen, «doch die Spitäler sind nicht überlastet», sagt Berset und fügt hinzu: «Noch nicht.»Auch Regierungspräsident Damann ist besorgt. Die Fallzahlen im Kanton steigen, jedoch sei die Zahl der Hospitalisierungen noch tief. «Momentan bewegen wir uns im Dreistufenplan zwischen Stufe 1 und 2.» Dieser Plan sieht verschärfte Massnahmen vor, wenn über mehrere Tage 30 bis 40 Neuansteckungen hinzukommen.Bei den Hospitalisationen liegt die kritische Schwelle bei bis zu 50 Covid-19-Patienten pro Woche, bei den Intensivpflegeplätzen bei zwölf Patienten. Am meisten beunruhigt auch Damann eine allfällige Zunahme der Hospitalisierungen.Lokale Lockdowns sind möglichBundesrat Berset hält Coronatests «für eine gute Sache». Dies sehen nicht alle so. In der «Schweiz am Wochenende» hatte Pietro Vernazza, Leiter der Infektiologie und Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen, gesagt, die Schweiz müsse ihre Teststrategie überdenken, weil sie auf lange Frist zu teuer komme. Auch wenn sie Geld kosten: Mit den Tests lasse sich die Verbreitung des Coronavirus im Auge behalten, so Berset. Die Alternative, ein erneuter Lockdown, würde die Schweiz finanziell viel mehr schmerzen. «Ein zweiter Lockdown mit mehreren Millionen Menschen zu Hause wäre das Schlimmste für die Schweiz. Das müssen wir vermeiden», sagt Berset. Auch Damann sagt: «Wir müssen einen zweiten Lockdown verhindern. Einen solchen würden wir wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht verkraften.» Lokale Lockdowns seien möglich, vor allem wenn Stufe 3 erreicht würde. Nämlich dann, wenn es wegen einer hohen Zahl von Hospitalisierungen zu Engpässen im Gesundheitswesen käme. Essenziell sei zudem, dass die Grenzen der umliegenden Länder offen blieben. «Ohne Grenzgänger kollabiert unser Gesundheitssystem», so der St. Galler Gesundheitsdirektor Damann.Einheitliche Massnahmen in der OstschweizIn der Ostschweiz seien einheitliche Massnahmen angedacht, so Regierungspräsident Bruno Damann: Die St. Galler Regierung koordiniere sich vor der Einführung neuer Massnahmen mit den umliegenden Kantonen. Grundsätzlich befürwortet der Gesundheitschef die föderalistische Vorgehensweise. «Die Situation im Tessin war nicht dieselbe wie in St. Gallen.» Doch: «Ich fände es gut, wenn der Bundesrat Leitlinien vorgibt.» Also beispielsweise, ab welchem Zeitpunkt eine Maskenpflicht in Läden eingeführt werden sollte. «So hätten wir doch eine gewisse Einheitlichkeit.» Dieses Anliegen habe er mit Alain Berset besprochen.Damann sagte am Anlass mehrmals: «Es ist wichtig, dass wir Massnahmen einführen, die auch etwas nützen und die die Bevölkerung unterstützen.» Eine Maskenpflicht sei möglich. Es würde jedoch wenig Sinn machen, eine Maskenpflicht in den Läden einzuführen, weil sich die Leute gar nicht dort anstecken. Da sich die Leute oft im Familienkreis mit dem Virus infizieren, sei es zum Beispiel denkbar, die Anzahl Leute an einem Familienfest zu limitieren. Dasselbe gelte für Bars oder Clubs. Der kantonale Führungsstab informiere am Dienstag die Regierungsmitglieder genauer über die aktuelle Lage.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.