04.09.2020

«Zweiter Aufstieg war das Highlight»

Legendrücktritt: Der 35-jährige Daniel Lüchinger hat nach 16 Jahren als Spieler des FC Widnau mit dem Fussballspielen aufgehört.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Die Widnauer Nummer 10 hat in 16 Jahren über 500 Spiele bestritten und während neun Jahren in der 2.Liga inter gespielt . Der 35-jährige Daniel Lüchinger ist in Kriessern aufgewachsen, hat als Junior und in seinen ersten zwei Jahren bei den Aktiven für den FC Montlingen gespielt. Es war die Zeit, in der Montlingen konstant seine 3.-Liga-Gruppe gewann und dann in den Aufstiegsspielen scheiterte. «Nach dem verpassten Aufstieg 2004 wurde ich von einigen Vereinsmitgliedern als Hauptschuldiger dargestellt – als 17-Jähriger», erinnert sich Lüchinger, «danach hielt mich nichts mehr in Montlingen.»Der zentrale Mittelfeldspieler, der im Lauf seiner Karriere auf jeder Feldposition spielte, weckte schon früh das Interesse von in höheren Ligen spielenden Rheintaler Vereinen. Im Sommer vor 16 Jahren konnte Lüchinger zwischen den Platzhirschen FC Widnau und FC Altstätten wählen. Der Bäckersohn entschied sich für Widnau, weil schon der Vater dort gespielt und ihm zu diesem Schritt geraten hatte. «Das war die richtige Entscheidung, ich hatte es als Spieler in Widnau immer gut», sagt Lüchinger. Daher ist er auf der Aegeten geblieben, auch Angebote von Brühl oder Eschen/Mauren konnten ihn nicht umstimmen.Schon lange nicht nur als Spieler tätigEr sagt: «Ein junger Spieler im Rheintaler Fussball, der zu Widnau gehen kann, soll zu Widnau gehen.» Die Aussage ist nicht frei von Eigeninteresse, ist doch Lüchinger seit bald fünf Jahren Co-Trainer und, gemeinsam mit Markus Hutter, auch Sportchef. Der in diesem Sommer zurücktretende Spieler war mit Hutter und Trainer Sven Sonderegger gewichtig am Aufbau der jungen Mannschaft beteiligt, die vor zwei Jahren in der 2.Liga interregional aufstieg und sich seither dort hielt: «Dieser zweite Aufstieg mit Widnau, den ich erlebte, ist mein absolutes Highlight», sagt Daniel Lüchinger. Und das, obschon er seit vier Jahren nicht mehr oft spielt: «Ich verzichtete darauf, weil es dem Verein langfristig mehr bringt, wenn die Jungen spielen.» Auch der erste Aufstieg und der Cupmatch gegen Zürich sind schöne Erinnerungen. Aber was gibt es im Fussball Schöneres, als Erfolg zu haben mit einem eigenen Projekt?»Der erste Interregio-Aufstieg war im Sommer 2009, das Cupspiel gegen den damaligen Champions-LeagueTeilnehmer ein Jahr zuvor. Damals war der Vorarlberger Jeff Geiger Trainer. Als schönste Zeit bezeichnet er aber die ersten fünf der fünfeinhalb Jahre mit Trainer Misko Rankovic: «Misko als Trainer und Adrian Brunner als Co-Trainer waren perfekt für unsere Mannschaft.» Viermal beendete Widnau die Interregio-Meisterschaft in den Top 5, einmal schrammte es nur knapp am Aufstieg vorbei. Der frühere Co-Trainer Rankovic, mit dem Lüchinger zu Beginn seiner Widnauer Zeit noch zusammengespielt hatte, liess den Spielern neben dem Platz viel Freiraum. «Wenn einer auf dem Platz nicht mitzog, wurde er aber sehr ungemütlich», sagt sein einstiger Captain über Rankovic.Aber auch die schönste Zeit hat ein Ablaufdatum, dieses war im Sommer 2015. Die Mannschaft taumelte in die Abstiegszone. Rankovic nahm nach einer Niederlage gegen St.Margrethen seinen Hut, Co-Trainer Brunner war schon ein halbes Jahr zuvor nach Altstätten gegangen. Im Winter kam Tomislav Bundovic nach Widnau und mit der zerstrittenen Mannschaft nicht zurecht. «Ein guter Trainer, aber er war zur falschen Zeit bei uns», sagt Lüchinger. Nach nur vier Spielen wurde Bundovic entlassen. Sven Sonderegger wurde Trainer, Daniel Lüchinger sein Assistent. Es ging kurz aufwärts, eine weitere Niederlage gegen St.Margrethen besiegelte aber den Abstieg.«Mit der nominell besten Mannschaft, die Widnau zu meiner Zeit je hatte, sind wir abgestiegen», sagt Lüchinger, «wir waren zu viele Häuptlinge, hatten die ganze Zeit schlechte Stimmung.» Für ihn ein Beleg dafür, dass im Regionalfussball der Erfolg eng damit verknüpft ist, wie gut der Kitt in der Mannschaft ist. Das war sportlich der Tiefpunkt, den Lüchinger beim FC Widnau erlebte. Der traurigste Moment war im Mai 2013, als Sportchef Marco Zillig 53-jährig starb. Der Baumeister, der mit den Trainern Geiger und Rankovic erfolgreichen Mannschaft war an jedem Training anwesend. Der damalige Widnauer Stürmer Sahin Irisme sagt über Zillig: «Er war wie ein Vater.»Irisme, der Widnau nach dem Abstieg im Streit verliess, zählt Lüchinger zu den besten Fussballern, mit denen er zusammenspielen durfte. Er erwähnt auch Benjamin Büchel, der als Goalie von Vaduz soeben in die Super League aufgestiegen ist. Sowie den zu Widnau zurückgekehrten Ilija Ivic und Daniel Lässer, der vor drei Jahren von St.Gallen auf die Aegeten wechselte.Daniel Lüchinger hat in Widnau sechs Cheftrainer erlebt. Rein fachlich hält er seinen ersten, Andy Höhener, für den besten. Er könne aber keinem etwas Schlechtes nachsagen, sagt er auch. Ausser Bundovic hatten auch alle eine zumindest nicht gänzlich erfolglose Amtszeit. Mit dem letzten Trainer, Roman Hafner, machte Lüchinger beim Aufbau der Widnauer Mannschaft weiter, die er nun mit seinem Bruder Andreas Lüchinger als Chef fortsetzt.Es entsteht wieder ein Kern wie vor 15 JahrenDie Mannschaft mit vielen Talenten aus Widnau und der Region erinnert an die von Mitte der 2000er-Jahre, als nacheinander Lüchinger, Dominik Nüesch, Valdet Istrefi, Sahin Irisme und später Valentin Aggeler sowie Diego Liechti zum Team stiessen. Spieler, die jahrelang den Kern des Teams bildeten und zum Teil noch bilden. Daniel Lüchinger konzentriert sich nach dem Rücktritt als Spieler darauf, die Nachgeneration dorthin zu führen. Er arbeitet daran, sein Erbe zu bewahren.Der Text ist im Tabloid "Rheintaler Fussball 2020/21" erschienen. Hier ist der Link zum Fussball-Magazin. 

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