Gericht 04.07.2024

Zweimal den denselben Laden überfallen und die Verkäuferin mit einem Messer bedroht

Das Gericht verurteilt einen Räuber eines Lebensmittelladens zu vier Jahren Haft und stationärer Therapie. Diese scheint dringend nötig.

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 04.07.2024

Der Beschuldigte überfiel vor dreieinhalb Jahren einen Lebensmittelladen im Raum Buchs. Der Mitte-20-Jährige fragte eine Verkaufsmitarbeiterin in gebrochenem Deutsch nach einer Stange Zigaretten. Als ihm die Mitarbeiterin kurz den Rücken zukehrte, zückte er ein 20 cm langes Küchenmesser, bedrohte die Frau und forderte: «Alles Geld!» Nach dem Überfall floh er mit einer Beute von 845 Franken und einer Stange Zigaretten. Eine Woche später schlug er einer Kollegin mehrfach die Faust ins Gesicht, wodurch sie Blutergüsse erlitt. Auslöser für die brutale Attacke war ein Missverständnis.

Erneut überfallen

Eineinhalb Jahre nach dem Raub im Lebensmittelladen überfiel er erneut dasselbe Geschäft. Dieses hatte ein Hausverbot gegen ihn ausgesprochen, welches ihm per Einschreiben form- und fristgerecht zugestellt worden war. Der Beschuldigte streckte einem Verkaufsmitarbeiter eine geschlossene Tasche entgegen, welche einen Bolzenschneider enthielt. In der Tasche sei eine Waffe, die er einsetzen werde, falls der Verkäufer kein Geld herausgebe. Er solle die Kasse öffnen und ihm das Geld übergeben. Zwei anwesende Kunden griffen beherzt ein, es entstand ein Handgemenge. Der Räuber schlug den Verkaufsmitarbeiter, liess aber von seinem Vorhaben ab und floh. Der Beschuldigte war zusätzlich angeklagt, am Werdenbergersee ein 9200 Franken teures E-Bike gestohlen zu haben, als dessen Besitzer abgelenkt war. Das Diebesgut wollte er im nahen Vorarlberg für 1500 Franken verkaufen.

Geiselnahme im Fitnessraum?

Zuletzt brachte die Staatsanwaltschaft ein seltenes Delikt zur Anklage. Der Beschuldigte sass nach dem zweiten Raub in einem Ostschweizer Gefängnis ein. Sein Plan war, mit einem zweiten Gefangenen einen Wärter im Fitnessraum zu überwältigen, ihn zu fesseln, als Geisel zu nehmen und damit ihre Freiheit zu erpressen. Sie montierten Fussschnallen und Draht eines Velotrainers ab, um den Wärter damit zu fesseln. Da sich ein Mitgefangener einem Gefängnismitarbeiter anvertraute, wurde der Plan vereitelt.

Die Anklage forderte viereinhalb Jahre Haft wegen Raub, 
versuchten Raubes, Vorbereitungshandlungen zu einer Geiselnahme, Körperverletzung, Beschimpfung und Diebstahl. Hinzu kamen noch Drogendelikte, Schwarzfahren und Diebstahl eines Autos für eine Spritztour ohne Führerausweis. Die Verteidigung plädierte auf umfangreiche Freisprüche, namentlich in den Hauptanklagepunkten. Für den Rest sei maximal ein Jahr Haft auszusprechen. Der Beschuldigte selbst stritt den Raub ab.

Freiheit erst nach
Lernerfolg

Das Gericht gelangte bei den rechtlich schwerwiegenden Raubdelikten zu Schuldsprüchen. Die versuchte Geiselnahme konnte nicht hinreichend bewiesen werden. Der Teilfreispruch hatte aber nur geringen Einfluss auf das Strafmass. Die Kammer verhängte neben der Haftstrafe eine stationäre Therapie sowie den «59er». Dieser Paragraf koppelt die Entlassung eines Delinquenten an seinen Therapieerfolg. Erst wenn dieser sichergestellt ist, kommt er frei, weshalb er auch als «kleine Verwahrung» bekannt ist.

Fällig werden zudem 30 Tagessätze à 30 Franken als Geldstrafe sowie eine Genugtuung für die Kollegin, die er geschlagen hatte, in Höhe von 500 Franken plus Ersatz für ihre zu Bruch gegangene Brille. Von den Verfahrenskosten in Höhe von 57' 000 Franken muss er aufgrund der erfolgten Freisprüche 90 Prozent bezahlen, den Rest übernimmt der Staat.


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