Andrea C. PlüssIm März hatte der parteilose Gemeinderat Andreas Trösch seinen Rücktritt bekannt gegeben.Anfang Juni präsentierte die SP-Ortspartei ihren Kandidaten für die Ersatzwahl: Armin Hanselmann, Politikwissenschaftler und Ethnologe, 27 Jahre alt. Einen Monat später gab Petra Rüttimann ihre Kandidatur bekannt; die 47-Jährige ist parteilos.Was kurzzeitig wie ein Selbstläufer erschien – es gibt einen Kandidaten, und der wird gewählt – war plötzlich zur Kampfwahl geworden. Wir wollten wissen, was sich Kandidatin und Kandidat für die Gemeinderatsarbeit vorgenommen haben und was sie sich für St. Margrethen wünschen.Jung zu sein birgt mehr Chancen als NachteileArmin Hanselmann ist bereits seit drei Jahren Mitglied der GPK St. Margrethen. Nachdem er bereits einmal erfolglos bei den Kantonsratswahlen antrat, sieht er in der Kandidatur für den Gemeinderat eine gute Möglichkeit, sich aktiv an der Gemeindearbeit zu beteiligen. «Meine persönliche Motivation war ausschlaggebend für die Kandidatur», sagt Hanselmann. In der Partei seien verschiedene Namen diskutiert worden. Letztlich sei es ein gemeinsamer Entscheid gewesen, dass er antrete. Jung zu sein ist nach Meinung Armin Hanselmanns eher eine Chance, denn ein Nachteil. An Sachverhalte könne er unvoreingenommen herangehen.Er beschreibt sich als neugierigen, offenen Menschen, der gleichwohl bereits Erfahrungen sammeln konnte: auf Gemeindeebene in der GPK und nicht zuletzt durch sein Studium der Politikwissenschaften und Ethnologie, das er an der Uni Bern mit dem Mastertitel abschloss. Ebenfalls in Bern wird Hanselmann am 1. September eine 80%-Stelle bei den Parlamentsdiensten antreten.Die Frage, ob es nicht ein Nachteil sei, dass er Pendeln müsste zwischen Arbeitsort und dem Heimatort, in dem er einen Gemeinderatssitz hätte, kann er nachvollziehen: «Die Arbeitsstelle in Bern könnte als Nachteil aufgefasst werden», gibt er an. Allerdings sei seine Verwurzelung mit St. Margrethen und dem Rheintal sehr stark. Längerfristig plant Hanselmann, sich beruflich wieder in die Ostschweiz zu orientieren. Sollte er als Gemeinderat gewählt werden, ist ein Ziel, Jugendliche zu mehr aktivem politischen Engagement zu bewegen. Weiteres Augenmerk möchte er «im Sinne der SP» auf den Ausbau der Familien- und schulergänzenden Strukturen richten. Darüber hinaus sei St. Margrethen gut aufgestellt und werde als attraktive Wohngemeinde wahrgenommen.Im Falle seiner Wahl, sei er offen für alle Aufgaben, die ihm der Gemeinderat anvertrauen würde. «Alles ist spannend.» Wird er Wahlkampf betreiben? Für Ende August ist ein Flyer geplant, der in alle Haushalte verteilt wird. Die Kosten dafür tragen Armin Hanselmann und die Ortspartei. Am 31. August wird sich der Kandidat im Rahmen des Flohmarktes, den das Chinderhus Rägäbogä im Pärkli durchführt, der Bevölkerung vorstellen. Unterstützung erhält er dabei von SP-Kantonsrätin Laura Bucher.Parteilos ist man freier unterwegsDer Gedanke, als Gemeinderätin tätig zu sein, kam Petra Rüttimann nicht plötzlich über Nacht. «Es reizt mich schon länger», sagt sie. Die 47-Jährige arbeitet bei der Stadt St. Gallen bei der Fachstelle für Datenschutz. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Leitung des Sekretariats der Geschäftsprüfungskommission (GPK), bei deren Sitzungen Rüttimann Protokoll führt. Manches Mal habe sie gedacht: «Das wäre auch noch spannend, aktiv an dem einen oder anderen Projekt mitwirken zu können.»Petra Rüttimann ist parteilos und möchte es auch bleiben. «Ich bin lieber freier unterwegs», gibt sie an und fügt hinzu, dass sich eine Parteizugehörigkeit ihrer Meinung nach nicht gut vertrage mit ihrer beruflichen Tätigkeit. Müsste sie sich im Parteienspektrum einordnen, sieht sie sich «in der Nähe der CVP».Petra Rüttimann erhielt diverse Aufforderungen, bei der Ersatzwahl als Kandidatin anzutreten. Daraufhin habe sie sich schliesslich mit ihrem Mann beraten, wie sich im Falle ihrer Wahl die Familienarbeit organisieren liesse. Petra Rüttimann arbeitet in 60%-Teilzeit. Auch ihr Mann ist in einem reduzierten Pensum tätig, sodass sich beide um den Familienalltag mit den drei Kindern im Primarschulalter kümmern können.Für die Arbeit als Gemeinderätin fühlt sie sich gut gerüstet. Mehr als zwanzig Jahre ist sie in verschiedenen Funktionen auf kommunaler Ebene tätig.Sie kennt sich mit Gemeindestrukturen und dem rechtlichen Rahmen aus. «Wenn man den Bereich kennt, in dem sich Gemeindepolitik bewegen kann, lässt sich die Energie dort einsetzen, wo etwas bewegt werden kann.» Unter Gemeindepräsident Reto Friedauer seien viele Sachen angepackt worden, die das Dorf voran gebracht hätten, sagt Rüttimann, obschon sie sich nicht immer über alle Projekte gleich gut informiert gefühlt hat. Hoffnungen setzt sie in die geplante Stelle für Gesellschaftsfragen.Mit drei schulpflichtigen Kindern ist es naheliegend, das Petra Rüttimann sich für Schulentwicklung interessiert. Ihr ist die Gleichberechtigung zwischen Mann, Frau und Kind auf allen Stufen ein Anliegen: gleiche Chancen und gleiche Rechte. Der sehr hohe Ausländeranteil in St. Margrethen werde oft negativ wahrgenommen, was Petra Rüttimann bedauert und mit der Hoffnung verbindet, die Vielfalt als positives Potenzial besser zu nutzen. «Beide Seiten müssen toleranter werden», sagt sie und regt an, neben der Schule auch Vertreter verschiedener Religionen in einen Prozess der Annäherung der Kulturen mit einzubinden.Eine To-do-Liste im Fall ihrer Wahl im September hat sie jedoch nicht. Sie ist offen für jede Aufgabe im Rat, gesteht jedoch ein, dass ihr das Technische liege, da sie bereits schon einmal für einen technischen Betrieb verantwortlich war. Vielleicht auch deshalb, weil Ehemann und Schwager bei der Feuerwehr sind.Wahlkampf betreiben wird sie nicht gross. Vielleicht sei es ein Nachteil, dass sie nicht immer in vorderster Reihe stehen müsse. Petra Rüttimann macht sich nicht gern laut bemerkbar. Sie setzt auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Vielleicht wird es noch einen Flyer geben. Ihren Gegenkandidaten kennt sie nicht persönlich, aber sie rechnet sich eine Chance aus, die Wahl zu gewinnen.Dass sie als Parteilose, die seit 2004 in St. Margrethen lebt, «nicht bekannt ist wie ein bunter Hund» kann auch ein Vorteil sein.