Monika von der Linden«Urbi et orbi», grüsst Pfarrer Josef Benz am Dienstag im Pfarreibüro. Die Worte spricht üblicherweise der Papst vom Petersdom aus zu den Gläubigen auf der ganzen Welt. Den päpstlichen Segen nennt das Bistum St. Gallen als Beispiel dessen, dass gemeinsame Gebete und Segenswünsche auch via digitaler Kanäle gültig sind. Ebenso der Sonntagsgottesdienst in der Kathedrale. Ihn kann man ab dieser Woche via Internet im Live-Stream verfolgen.Romreisende zeigen keine CoronasymptomeJosef Benz wird weiter direkten Kontakt mit Pfarreimitgliedern haben und Gottesdienste feiern. Jedoch muss er zwei Wochen lang auf die enge Zusammenarbeit mit zwei Seelsorgern in der Seelsorgeeinheit Berneck- Au-Heerbrugg verzichten. Sie gehörten einer Reisegruppe an, die am Samstag aus Rom zurückkehrte. Bis 21. März dürfen sie weder Gottesdienste feiern noch Religionsunterricht erteilen. Ausfälle gibt es nicht.«Die Anweisung zu erteilen, ist als reine Vorsicht zu verstehen», sagt Marco Eichmann, Präsident des entsprechenden Zweckverbandes. «Rom war kein gefährdetes Gebiet und niemand in der 36-köpfigen Gruppe zeigt Symptome, die auf eine Coronaerkrankung deuten.» Deshalb unterliegt auch niemand einer behördlich verordneten Quarantäne.Marco Eichmann will keine Hysterie schüren, aber besonnen sein und negative Auswirkungen auf den Ruf der Kirche vermeiden. Die Weisungen des Bundes und des Bistums St. Gallen setzen die Kirchgemeinden selbstverständlich und verbindlich um. Den für Sonntag geplanten Suppentag mit ökumenischem Gottesdienst haben die Heerbrugger Kirchen abgesagt. «Wir erwarten etwa 150 Besucher», sagt Marco Eichmann. Ab der Zahl müsste eine Präsenzliste geführt werden. Es nehmen in der Regel viele ältere Menschen teil. Ab 65 Altersjahren wären sie vom Anlass ausgeschlossen. «Das umgehen wir.»Sonstige Gottesdienste sind noch nicht betroffen. Am Samstag besuchten in Heerbrugg etwa vierzig Gläubige die Feier. In Au und Berneck verfügen die katholischen Kirchen über 450 bis 500 Sitzplätze. Genug Platz, um Abstand zu halten. «Ich appelliere an die Eigenverantwortung jedes einzelnen, den Weisungen des Bundes und Kantons zu folgen», sagt Josef Benz. Er habe nicht beobachtet, dass vermehrt Leute zu Hause blieben.Jüngere Menschen seien eher verunsichert als ältere. «Glaubt man, alles im Griff zu haben, stellt eine plötzlich aufkeimende Seuche dies in Frage.» Früher ging man in Seuchenzeiten auf Wallfahrt, heute beugt man vor. So verzichten die Katholiken auf Weihwasser, die Mundkommunion und den Friedensgruss per Händedruck. Ein Mehr an Gottesdienstbesuchern beobachtet Roman Karrer, Pfarrer der Seelsorgeeinheit Altstätten. «Gläubige bitten um den Schutz Gottes», sagt er. Die Pfarrei Altstätten pilgert regelmässig im Sommer zur Lieben Frau vom Forst. Das Marienheiligtum aus dem 15. Jahrhundert erinnert an Gebete um den Schutz vor der Pest im Mittelalter.Bisher kamen weniger als 150 Personen in die Kirche. Präsenzlisten für grosse Anlässe wie eine Beerdigung liegen bereit. «Die Menschen zeigen Verständnis», sagt Roman Karrer. Wie es sich mit Ostergottesdiensten verhalte, wisse er noch nicht. «Wir warten auf weitere Weisungen des Bistums.»Ein Begrüssungsteam an jedem EingangAuch die Evangelisch-reformierte Kirche im Kanton St. Gallen hat ihren Kirchgemeinden Weisungen erteilt. Sie entsprechen denen des Bundes und Kantons. Menschen einer Risikogruppe sollen sich aber nicht ausgeschlossen fühlen. «Wir appellieren an Ihre Eigenverantwortung. Wir freuen uns, wenn Sie unsere Gottesdienste und Veranstaltungen besuchen!», schreiben die Altstätter Reformierten auf der Website. An jeder Veranstaltung empfängt ein Begrüssungsteam die Besucher am Eingang und erklärt die Vorgaben. Ob die Kirchgemeinde eine Veranstaltung durchführt, wägt die Kirchenvorsteherschaft immer wieder neu ab. Der Suppentag ist bereits abgesagt.Die Kirchgemeinden in Altstätten übertragen ihre Gottesdienste abwechselnd seit mehr als 15 Jahren via Kabelnetz in die Haushalte. «Einen Live-Stream bieten wir nicht», sagt Kivo-Mitglied Ivo Blöchlinger. Man muss Abonnent des Netzverbundes Rii-Seez-Net sein. Die Kivo erweitert das Angebot demnächst, zeichnet den Ton der Gottesdienste auf und stellt ihn auf der Website bereit. «Wir reagieren nicht erst auf das Coronavirus», sagt Ivo Blöchlinger. Die Planung gehe weiter zurück.