28.12.2021

Zwei Rundgänge in einem Raum

Das Altstätter Museum Prestegg startete mit einer kleinen Sonderausstellung in die Zeit nach dem Umbau.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Vor dem Ausbruch der Pandemie fanden vier grosse, opulent ausgestattete, eindrückliche Sonderausstellungen statt, die sich je über drei Stockwerke und mehrere Räume erstreckten. Die 2016 unter dem Titel «Aufbruch» geweckten Erwartungen wurden vollauf erfüllt. In den drei Folgejahren zeigte das Museum mustergültig, was man sich unter zeitgemässen Präsentationen vorstellen darf. Ob mit «igfädlet» zum Thema Stickerei (2017), mit Hüten und Kopfbedeckungen unter dem Titel «Kopfgeschichten» (2018) oder mit der Ausstellung über europäisches Brauchtum der Narren (2019) – in allen Fällen bestach Altstättens Museum mit aufwendiger, visuell geradezu mitreissender Gestaltung und überraschenden Einblicken.«Die Prestegg im Wandel»Nun ist das neue Zentrum für Geschichte und Kultur eröffnet und als erste Sonderausstellung «Die Prestegg im Wandel» zu erleben. Im 210 Quadratmeter grossen Raum im zweiten Stock erwarten zwei Rundgänge das Publikum – ein kleiner im Zentrum des Raumes, ein grösserer aussen herum. Kuratorin Caroline Schärli sagt, der ganze Raum sei bespielt, es handle sich jedoch um eine zugegeben nicht sehr umfangreiche Präsentation, was am begrenzten Budget liege.In der Mitte des Raumes sind Exponate aus der umfangreichen Sammlung des Museums und Leihgaben von am Bau Beteiligten versammelt, entlang der Wände lenken 18 Fahnen aus Papier den Blick auf eine Vielzahl von Aspekten aus der Zeit des Umbaus. Zur Umgebungsmauer, die zu einer Kontroverse führte, heisst es etwa: «Begibt man sich heute ins Innere des Hofs und Gartens, spürt man unmittelbar auch den gestalterischen Mehrwert: Dem Lusthäuschen kommt eine neue Ausstrahlung zu und dem Menschen ein geschützter Freiraum, ein Ort der Musse und Inspiration.» Besonders im Ausstellungsraum ist Inspiration derzeit willkommen; die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, an einem runden Tisch Platz zu nehmen und eine «wahre oder erfundene Geschichte rund um die Prestegg» zu erzählen oder Wünsche ans Museum kundzutun.[caption_left: In der ebenerdig zugänglichen Remise sollen kleine Ausstellungen, Lesungen, Filmvorführungen und Workshops stattfinden.  Bild: Gert Bruderer]Gedruckter Begleiter und Aha-ErlebnisseWer die Sonderausstellung besucht, hat als auskunftsfreudigen Begleiter ein 16-seitiges Druckerzeugnis im Format A4, in dem die 45 Exponate kurz beschrieben sind. Insofern lädt nicht nur der äussere Fahnen-Rundgang, sondern auch die im Zentrum gruppierte Sammlung an Ausstellungsgegenständen zum Verweilen ein. Der Weg führt von der Anfangszeit der Prestegg bis zur Zeit des Umbaus, streift das Wirken des früheren Custos Carl Moser und führt wohl zu manchem Aha-Erlebnis, beispielsweise beim Betrachten mittelalterlicher Metallobjekte. Weil das Raumklima des Mu-seums phasenweise zu feucht war, fing das Metall (Fundstücke vom Standort der Burg Alt-Altstätten) zu rosten an. Es wurde deshalb konserviert und wird seither in speziellen Beuteln mit Trockenmittel aufbewahrt. Das erklärt, weshalb die Fundstücke auch jetzt, als Exponate, eingepackt sind.Kuratorin Caroline Schärli spricht von einem Blick hinter die Kulissen und versteht die erste Sonderausstellung nach dem Umbau auch als eine Art Appetitanreger, denn die aktuelle Präsentation verweise punktuell auf Kommendes.Dynamisch sein und öfter Neues bietenWer die Ausstellung besucht, kann das ganze Gebäude besichtigen, also auch das ebenfalls sehr grosse Dachgeschoss. Hier steht das im 18. Jahrhundert entstandene Cembalo, eines der Hauptwerke aus der Museumssammlung. Wie es klingt, erfahren Interessierte dank einer verfügbaren Tonaufnahme vom 21. Juli 1980: Jürg Brunner spielt Cembalo, René Häfelfinger Flöte.Während künftig im ersten Stock Sonderausstellungen stattfinden sollen, sind für das Dachgeschoss und den ehemaligen Wappensaal Dauerausstellungen vorgesehen. Diese sollen allerdings von Zeit zu Zeit verändert werden, Neues bieten, auch mit Bezügen zur Gegenwart überraschen. Für ein besonders niederschwelliges Angebot sind die vom Innenhof ebenerdig zugängliche Remise und das (noch zu renovierende) Lusthäuschen direkt an der Museumsmauer gedacht. In der (auch mietbaren) Remise sollen kleine Ausstellungen und Anlässe wie Lesungen, Filmvorführungen oder Workshops stattfinden, bei Bedarf lässt sich das Lusthäuschen einbeziehen.Im ersten Quartal des nächsten Jahres wird unter anderem zu drei Remisengesprächen eingeladen, deren Themen so lauten: Rausgesucht und aufgehängt? Wie eine Ausstellung entsteht (27. Januar); Kulturvermittlung: Was ist das eigentlich und warum braucht es das? (17. Februar); Zwischen Stuhl und Schrank –Wie und was sammelt ein Museum? (17. März, jeweils um 17 Uhr).Übergeordnetes Ziel: Haus mit Leben füllenDas übergeordnete Ziel besteht darin, das Haus mit Leben zu füllen. Entsprechend steht der Mensch im Mittelpunkt der Fotos auf dem aktuellen Fahnen-Rundgang. Die für Führungen zuständigen Caroline Schärli und Klaudia Barthelme-Fryckowska wollen Erwachsene und Kinder gleichermassen fürs Museum begeistern, weshalb Besonderheiten wie der Rätselrundgang angeboten werden; ausgerüstet mit Taschenlampe und Laterne, entdecken die Teilnehmenden auf einem interaktiven Rundgang Geheimnisse der Prestegg.Hinweis Das Museum ist während der Weihnachtsferien geschlossen und davor wie danach zu folgenden Zeiten geöffnet: Mittwoch, Donnerstag, Freitag von 14 bis 17 Uhr, Samstag von 10 bis 17 Uhr. Hier geht's zur Website

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.