26.03.2019

Zuschlag fürs Zahnrad abgelehnt

Die St. Galler Regierung hält nichts davon, zusätzliches Geld in die Ostschweizer Zahnradbahnen zu stecken. Auch nicht im Namen der Tourismusförderung. Der Kanton unterstütze die Linien schon zur Genüge.

Von Adrian Vögele
aktualisiert am 03.11.2022
Auch wenn sie oft halb leer unterwegs sind: Die Ostschweiz hängt an ihren Zahnradbahnen. Das haben die emotionalen Diskussionen in den vergangenen Wochen gezeigt. Dass die Kantone St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden die Linien Rorschach–Heiden, Rheineck–Walzenhausen und Altstätten–Gais wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit überprüfen, kommt in den Regionen nicht gut an. Ein oft gehörtes Argument: Die Bahnen seien für den Tourismus zu wertvoll, um auf das Abstellgleis geschoben zu werden. Die St. Galler Regierung lässt sich von dieser Sympathiewelle nicht anstecken, sondern betrachtet die Angelegenheit weiterhin höchst nüchtern. In ihrer Antwort auf eine Einfache Anfrage der CVP-Kantonsräte Felix Bischofberger und Andreas Broger macht sie deutlich: Auf finanzielle Extrawürste können die drei Zahnradbahnen kaum hoffen. Die Regierung lehnt es ab, die Linien mit zusätzlichen Finanzbeiträgen zu unterstützen, etwa unter dem Titel der Tourismusförderung. «Der Bund und die beiden Kantone gelten den Appenzeller Bahnen die jährlich wiederkehrenden ungedeckten Kosten vollumfänglich ab», heisst es in der Antwort.Das sei bereits eine «sehr starke» Förderung des Tourismusverkehrs, da der Anteil der Freizeitpassagiere auf den drei Bahnlinien hoch sei. «Ein weitergehendes finanzielles Engagement im Sinn der Tourismusförderung wäre nicht angemessen», schreibt die Regierung. Sie dreht den Spiess sogar um: Tourismusverbände und «Nutzniesser der touristischen Angebote» müssten sich ideell und finanziell stärker engagieren, damit die von Bund und Kantonen geforderte Wirtschaftlichkeit erreicht werde. Im Übrigen unterstütze auch der Bund keine rein touristischen Linien ohne Erschliessungsfunktion. Wirtschaftlichkeit ist nicht das einzige Kriterium Wie es mit den drei Linien weitergeht, ist weiterhin offen. «Spezialisierte und erfahrene Ingenieure» seien mit der Abklärung von Alternativen wie Busbetrieb oder automatischem Bahnbetrieb beschäftigt, so die Regierung. Die Studie soll im kommenden Sommer abgeschlossen sein und als Diskussionsbasis dienen.Die Überlegungen drehen sich nicht allein um die Wirtschaftlichkeit, wie die Regierung betont. Erschliessungsfunktion und touristische Bedeutung der Linien würden berücksichtigt. Eine Begleitgruppe mit den Stadt- und Gemeindepräsidenten der Anliegergemeinden sowie Vertretern der Tourismusorganisationen arbeite an der Studie mit. «Damit soll dem regionalen Know-how und den touristischen Anliegen gebührend Rechnung getragen werden», schreibt die Regierung. Auch die Abstimmung der Fahrpläne der drei Bahnen mit den Fernverkehrszügen sei ein Thema. Von besseren Anschlüssen erhoffen sich betroffene ­Gemeinden eine höhere Nachfrage auf den Zahnradlinien.  Die Regierung bekräftigt, dass auf den drei Bahnlinien grössere Investitionen von je 15 bis 30 Millionen Franken bevorstehen, etwa zur Erneuerung der Fahrzeuge. Zugleich bewege sich der Kostendeckungsgrad im Bereich von 30 Prozent. Falle die Wirtschaftlichkeit unter diese Schwelle, so könne der Bund vor der Anschaffung neuer Fahrzeuge die Prüfung alternativer Angebote verlangen. Antwort der Ausserrhoder Regierung steht noch aus Der Altstätter Stadtrat und CVP-Kantonsrat Andreas Broger lässt sich von der Antwort der Regierung nicht entmutigen. «Dass die touristische Bedeutung der Bahnen in der Studie berücksichtigt werden soll, ist ein positiver Punkt.» Zur Aussage der Regierung, der Kanton werde nebst der üblichen ÖV-Abgeltung kein zusätzliches Geld in die Bahnen stecken, sagt Broger: «Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Es gilt nun, die Studie abzuwarten. Erst dann haben wir die Grundlagen, um zu diskutieren.» Entscheidend werde sein, wie gross die Finanzierungslücken tatsächlich seien. Im Ausserrhoder Kantonsparlament ist ebenfalls ein Vorstoss zu den drei Zahnradbahnen hängig – und auch hier steht die Frage im Raum, ob der Kanton als Geldgeber in die Bresche springen könnte. Die Antwort der Regierung wird an der kommenden Kantonsratssitzung vom 1. April erwartet.

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