18.02.2022

Zurzeit sind keine tieferen Benzinpreise in Sicht

Der Preis für einen Liter Benzin kratzt an der Zwei-Franken-Marke. Nimmt jetzt der Tank-Tourismus nach Vorarlberg zu?

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 02.11.2022
Seit letztem Herbst kennen die Preise für Gas und Erdöl fast nur noch eine Richtung: nach oben. Die Energiekosten strapazieren das Haushaltsbudget, und wer tanken muss, wirft an der Zapfsäule einen sorgenvollen Blick auf die Preisanzeige. Ist der Sprit etwa schon wieder teurer geworden?Am Freitag kostete ein Liter Bleifrei 95 an den Tankstellen der Mineralölkonzerne BP, Eni und Shell in Au und Diepoldsau 1.92 Franken. Der Preis für einen Liter Diesel lag bei 1.98 Franken. Seit Mitte Woche blieben die Preise an den meisten Rheintaler Tankstellen unverändert.Der Betrag, der derzeit für eine Tankfüllung Normal-Benzin oder Diesel hingeblättert werden muss, ist deutlich höher als vor einem Jahr. Und er könnte bald noch teurer werden. Beim Super-Plus-Benzin, das hochgezüchteten Motoren zu noch mehr Leistung verhelfen soll, ist die Zwei-Franken-Marke bereits geknackt.Sparmöglichkeiten gibt es auch im RheintalViele, die nicht aufs Autofahren verzichten können, stellen sich die Frage, wie sich die Spritkosten senken lassen. An Autobahntankstellen oder solchen in der Nähe von Autobahneinfahrten ist der Treibstoff am teuersten. Das ist auch im Rheintal so: Fährt man vom Auer Kreisel in Richtung Heerbrugg, spart man bei der Coop-Tankstelle an der Auerstrasse bereits zwei Rappen auf den Liter Bleifrei und Diesel. Die Preise der nahe gelegenen Migrol-Tankstelle sind mit 1.90 Franken für Benzin und 1.96 für Diesel identisch.Die Ersparnis kann einige Franken pro Tankfüllung ausmachen, wenn man an einer freien Tankstelle tankt. Unter dem Markennamen Red-Fox betreibt der Widnauer Thomas Eugster mittlerweile 15 freie Tankstellen, fünf von ihnen befinden sich im Rheintal. Im Jahr 2005 eröffnete Thomas Eugster am Galerieweg auf dem Viscoseareal in Widnau seine erste Tankstelle. Er hat sich damit in Ergänzung zum Heizölhandel mittlerweile ein solides zweites Standbein geschaffen. «Heute sind wir mit den Tankstellen gut aufgestellt», sagt Eugster. Für den Liter Bleifrei 95 aus Eugsters Zapfsäule zahlt man in Widnau, Stand Freitagnachmittag, 1.83 Franken. Ist die Zufahrt zu den Tankstellen ein wenig versteckt, fällt der Spritpreis noch etwas niedriger aus. Der Unterschied belaufe sich auf zwei bis drei Rappen, je nach Standort.Eugsters freie Tankstellen sind zweckmässig: Zwei gedeckte Zapfsäulen, ein Geldautomat, ein Abfalleimer. Anders als an den Tankstellen der grossen Mineralölkonzerne fallen keine Personalkosten an, es gilt überall die Selbstbedienung. Auch befinden sich die freien Tankstellen nicht an teuren Toplagen. «Meine Marge ist deshalb etwas geringer», fasst Thomas Eugster zusammen.Das Auf und Ab bei den Treibstoffpreisen seit Beginn der Pandemie ist beispiellos. «Hätte mir jemand gesagt, die Rohölpreise würden sich so entwickeln, ich hätte es nicht geglaubt», sagt Eugster. Im April 2020 kostete ein Barrel (159 Liter) im Schnitt 15 Dollar. Teilweise war der Markt komplett eingebrochen. Am gestrigen Freitag lag der Mittelpreis für die Rohöl-Leitsorten bei 92.3 Dollar, Anfang Woche sogar noch höher.Preisanstieg um mehr als 50 Rappen in zwei JahrenEin Blick in die Preislisten lässt selbst Thomas Eugster staunen: Mitte September 2020 zahlte die Kundschaft an den freien Tankstellen 1.34 Franken für den Liter Benzin; vor einem Jahr, im Februar 2021, bereits 1.50 Franken. «Der Markt ist brutal», sagt der Mineralölhändler. Er hält einen Preisanstieg auf zwei Franken für den Liter Bleifrei 95 durchaus für denkbar.Führt angesichts der hohen Preise der Weg zum Tanken die Rheintalerinnen und Rheintaler nun verstärkt an die grenznahen Tankstellen in Vorarlberg? Bei Preisen zwischen 1.49 Euro und 1.53 Euro pro Liter Bleifrei 95 an den Tankstellen an der Reichsstrasse in Lustenau spart man bei einer 50-Liter-Tankfüllung immerhin rund 20 Franken. Die Coop Mineralöl AG, die im Rheintal drei Tankstellen betreibt, teilt dazu auf Anfrage mit: «Aufgrund der höheren Preise sind keine signifikanten Veränderungen im Tankverhalten wahrzunehmen.»[caption_left: Aufmerksam hinschauen: Anders als in der Schweiz wird an den Preissäulen in Österreich der Dieselpreis zuoberst angezeigt.]Ähnlich äussert sich Marc Lippuner von der Laveba Genossenschaft St. Gallen, die drei Agrola-Tankstellen im Oberrheintal betreibt: «Einen Absatzrückgang an unseren Tankstellen konnten wir nicht feststellen.» Ob oder gar wann der Preis in der Region auf zwei Franken steigen könnte, vermochten weder Coop noch Laveba zu sagen. Zu viele Faktoren beeinflussen die Preisgestaltung; die Wirtschaft, das Wetter, die Energienachfrage, die Förderquoten und nicht zuletzt die geopolitische Situation, womit die Ukraine-Krise gemeint ist.Der Blick in die Zukunft ist eine Wenn-Dann-Konstruktion: Wenn der Spritpreis weiter steiget und gleichzeitig durch die Aufhebung der Homeoffice-Pflicht wieder mehr Menschen mit dem Auto ins Büro fahren, dann könnte der Wunsch, das eigene Portemonnaie zu entlasten dazu führen, doch eher in Vorarlberg zu tanken. Zudem ist Russland ein Zünglein an der Waage. Marschieren die Russen nicht in die Ukraine ein, «stehen die Chancen gut, dass der Ölpreis wieder leicht sinkt», so die Einschätzung der Laveba.

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