Niederlagen. Abstiege. Streit. Durcheinander. Die Bilanz des FC St. Margrethen aus den letzten Jahren ist katastrophal. Die laufende Saison in der 4. Liga hat im gleichen Stil begonnen, mit drei Niederlagen: 0:12, 0:3, 0:10. Und dann erreicht die Mannschaft in der letzten Woche in Grabs ein 3:3-Unentschieden. Was für ein Aufsteller für die notorischen Verlierer! Zwei der drei Tore erzielte Miran Shabani, ein Mittelfeldspieler, beide mit Freistössen.
Dank diesem Punktgewinn geht St. Margrethen am Samstag zuversichtlich ins Derby gegen Rebstein II, auch ein Team aus den hinteren Regionen. Beim Zusammenzug der Einheimischen vor dem Spiel spürt man Tatendrang und Zuversicht. Es liegt etwas drin. Aber es kommt anders: Rebsteins Reserven sind das bessere Team, gewinnen 3:0, ihr Stürmer Samed Emini trifft dreimal.
St. Margrethens Spieler verlassen den Platz mit hängenden Köpfen. Geknickt. Der Alltag hat sie eingeholt.
Diesmal nicht
«Wir waren nach dem Grabs-Spiel optimistisch – und nun ist alles schiefgelaufen», sagt Rijad Abazi, früher erfolgreicher Stürmer, seit zwei Spielen zusammen mit Mücahit Yagdi auf der Trainerbank, ein ruhiger Beobachter. Miran Shabani beginnt ebenfalls mit dem letzten Spiel:
In Grabs hat vieles geklappt, diesmal fehlte alles: Kein Zusammenhang und kein Biss im Zweikampf. Ich bin enttäuscht.
Auch diesmal kann er zwei Freistösse treten. Sie bereiten Rebsteins Goalie Kai Gremminger aber keine Mühe.
Ist also alles wieder dunkel in St. Margrethen? Herrscht Verzweiflung? Wir finden positive Gedanken und gute Erinnerungen bei Trainer, Sportchef und Mittelfeldspieler.
Trainer Abazi will in den nächsten Trainings Freude weitergeben und Fortschritte erreichen, und Sportchef Akram Abdalla, erst seit kurzem im Amt und mit viel Erfahrung aus seiner Trainerzeit in Vorarlberg ausgestattet, will Ruhe und Vertrauen einbringen:
Ich weiss, wir beginnen bei Null.
Der Ligaerhalt ist das Ziel.
Weite Wege, wenig Erfolg
Auch für Miran Shabani ist nicht alles schlecht. Seinen Fehler allerdings beschönigt er nicht: «Es war schlimm, dass ich mit meinem Fehlpass dem Gästestürmer die Vorlage zum 2:0 gegeben habe.» Shabani kommt trotz guten Willens, trotz viel Einsatz und trotz grossen Laufpensums einfach nicht ins Spiel. Aber die Freude am Fussball verliert er deswegen nicht:
Fussball gehört zu mir.
Und Aufmerksamkeit und Höflichkeit hat er auch nicht verloren, wie das Gespräch mit ihm beweist. Miran, 20-jährig, ist in Heerbrugg aufgewachsen. Die Eltern stammen aus dem Kosovo. Er spricht auch albanisch und besucht die Heimat seiner Eltern immer wieder.
Kultur, Essen, Natur, mir gefällt es dort ebenfalls.
In diesem Sommer hat er die Lehre als Polymechaniker bei der Leica in Heerbrugg abgeschlossen. Er wird sich weiterbilden. «Informatik interessiert mich.»
Zwei vorbildliche Trainer
Ein Schulfreund nahm damals den fünfjährigen Miran mit zum Training beim FC Au-Berneck. Von den Kleinsten bis zu den B-Junioren spielte er in diesem Verein, rund zehn Jahre. Und über die ganze Zeit sind es die gleichen beiden Trainer, die ihn begleiten: Carlo und Urban.
Ihnen habe ich viel zu verdanken. Sie haben mir alles beigebracht, was ich als Fussballer brauchte, aber die beiden waren auch vorbildlich im menschlichen Bereich. Sie haben uns jungen Menschen Aufmerksamkeit und Vertrauen geschenkt. Und: Sie haben perfekt harmoniert.
Kein Wunder, ist Miran immer gern zum Training gegangen.
Der erste Versuch
Der junge Miran träumt den Traum vom grossen Fussball. Er wechselt zum FC Widnau. Nach einem Jahr bei den A-Junioren kommt er in die zweite Mannschaft, die in der 3. Liga spielt.
Ich habe gespürt, dass ich auf dem Niveau spielen kann, aber es hat dennoch nicht gereicht. Die Unterstützung hat mir gefehlt.
Er kehrt zu den A-Junioren zurück und schliesst sich dann dem FC St. Margrethen an, in der 2. Liga. Kein guter Moment. Siehe Einleitung. Ob er es nochmals in einer höheren Liga versuchen wird? «Fussball gehört zu mir.» Die Mimik verrät, dass die Hoffnung noch nicht gestorben ist.
Die letzte Viertelstunde verbringt Shabani auf der Bank. Die Trainer haben gesehen, was er gespürt hat: Heute läuft’s nicht …