Gert BrudererZu Unrecht, wie man weiss. Die Prüfung durch einen unabhängigen Anwalt ergab im Jahr 2015, dass die Kommission, der die Auftragsvergabe oblag, in jeder Hinsicht mustergültig vorgegangen war.Nun wurde dem Verein eine besondere Ehre zuteil, weil sein 21-Mio.-Franken-Neubau ein Vorzeigeobjekt ist und das verwendete Holz zu über 80 Prozent aus der Schweiz kommt. Überreicht wurde das Herkunftszeichen Schweizer Holz am Mittwoch von der Holzkette St. Gallen, dem regionalen Ableger von Lignum Schweiz (der Dachorganisation der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft).Meinrad Gschwend in zwei RollenZwischen der Lignum Holzkette St. Gallen und dem Verein Rhyboot gibt es folgende Verbindung: Der Altstätter Kantonsrat Meinrad Gschwend, der die Rhyboot-Baukommission präsidierte, ist zugleich Mitglied der Holzkette, wo er sowohl der Projektgruppe Holzchopf, als auch der Gruppe Prix Lignum angehört. Obschon der Prix Lignum nichts mit der soeben verliehenen Auszeichnung zu tun hat, kann sich der Aussenstehende fragen, ob hier ein namhafter Vertreter der Bauherrschaft in einer zweiten Rolle darauf hingewirkt hat, dass der Verein Rhyboot nun eine Auszeichnung erhielt?Revierförster Erwin Rebmann, Geschäftsführer der Holzkette St. Gallen, verneint dies mit Nachdruck. «So ist es überhaupt nicht», sagt er – und erklärt: Wer ausgezeichnet werde, entscheide Lignum Schweiz in eigener Kompetenz. St. Gallen habe darauf keinen Einfluss.Mehr Bestätigung als PreisÜberhaupt sei die Auszeichnung nicht mit Preisen vergleichbar, die eine Jury vergibt. Vielmehr handle es sich um ein Label. Die Lignum-Geschäftsstelle in Zürich prüfe, ob wirklich zu mindestens 80 Prozent Schweizer Holz verwendet worden sei und schicke dann das Label nach St. Gallen, wo der Lignum Holzkette die Aufgabe (oder Ehre) zukomme, die Urkunde zu überreichen, im aktuellen Fall eben dem Rhyboot.Meinrad Gschwend selbst äussert sich im gleichen Sinn. Um den Herkunftsnachweis gehe es – und diesen prüfe ein Auditor. Das Label sei nichts anderes als die Bestätigung dafür, dass fast nur Schweizer Holz verwendet worden sei.Hohes Ziel angestrebtInsofern kann man bei Rhyboot durchaus stolz sein. Denn bereits während der Ausschreibung der Aufträge hatten Rhyboot- und Holzkette-Vertreter gemeinsam «geschaut, wie sich das hohe Ziel erreichen lässt», wie Rebmann sagt. Vor allem bei öffentlichen Bauwerken wie dem Rhyboot-Projekt sei es nicht so leicht, auf Schweizer Holz zu setzen.Ein solches Ziel müsse man schon sehr bewusst anstreben, damit es erreicht werde, denn ein möglichst tiefer Preis bei der Auftragsvergabe sei zwingend ein starkes Kriterium, und eine Erwähnung «Wir wollen Schweizer Holz» sei bei der Ausschreibung von Aufträgen natürlich nicht möglich.Einem Irrglauben vorbeugenBei der Label-Vergabe an den Verein Rhyboot geht es letztlich um etwas viel Wichtigeres als die Betonung einer besonderen Leistung. Nämlich darum, in der breiten Öffentlichkeit einem Irrglauben vorzubeugen und das Bewusstsein für das Schweizer Holz zu stärken. Aus diesem Grund wird denn auch laufend Ausschau nach Objekten gehalten, die sich ins Licht rücken lassen. Insofern dient die Vergabe von Auszeichnungen und Labels als hilfreiches PR-Instrument.Branchenvertreter wie Zimmerleute sähen sich in einem Spannungsfeld, sagt Erwin Rebmann. Einerseits müsse es um die Förderung einheimischen Holzes gehen, anderseits sehe sich ein Zimmermann gezwungen, seine Leistung möglichst günstig anzubieten, um einen Auftrag zu bekommen.Zum Beispiel Alpstein-EicheLignum, und somit die Holzkette St. Gallen, verfolgen das Ziel, Bauherren zu einer weitsichtigen Haltung zu ermuntern. Idealerweise sollen sie sich fragen, ob sich ein bestimmter Bau nicht auch mit Schweizer Holz verwirklichen lasse. Erwin Rebmann gibt ein schönes Beispiel für einen verbreiteten Irrtum. Sogenannte Alpstein-Eiche halten viele Leute für einheimisches Holz. Doch Alpstein-Eiche sei kein geschützter Begriff, und was dahinterstecke, sei etwas anderes als Holz von hier. Die Alpstein-Eiche, sagt Erwin Rebmann, stamme aus China.