Ich erinnere mich noch gut an den Film «The Passion of the Christ» von Mel Gibson, der vor ein paar Jahren in die Kinos kam. Ein blutiger, düsterer Film, der bereits in den ersten Sequenzen mit einer fast dämonischen Stimmung aufs Gemüt schlägt.
Ist das Karfreitag? Was versucht Gibson zu zeigen? Die Unermesslichkeit menschlichen Leidens? Wollte er mit der geschönten Harmlosigkeit der Schmuckkreuzchen aus Silber oder Gold abrechnen?
Der bekannte Psychotherapeut C. G. Jung sagt mit Blick auf die Leidverdrängungskultur unserer Gesellschaft:
Leid darf nicht zugedeckt werden, man muss es überwinden, indem man es trägt.
Müsste man Gibsons Film hier einordnen? «Jetzt übt die Finsternis ihre Macht aus», sagt Jesus als er am Tag vor seiner Kreuzigung gefangen genommen wird. Vielleicht ist der Film gar nicht so weit weg von den biblischen Erzählungen und Deutungen des Geschehens von Karfreitag. Karfreitag als Brennpunkt eines unerbittlichen und grausamen Kampfes zwischen der tiefsten Finsternis und dem Licht. Nervenzerreissende Spannung, wer den Sieg davonträgt. Die ganze sicht- und unsichtbare Welt hält den Atem an. Jesus, «das Licht der Welt», die Zentralfigur des Geschehens wird gequält, zermalmt, vernichtet. Der Sieg der Finsternis über das Licht? Wer das glaubt, hat die Rechnung ohne Ostern gemacht.
Die Liebe Gottes setzt sich gegen die Finsternis durch
Im Johannesevangelium steht: «Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.» Die Lage ist ernst. Die Finsternis real. Der Mensch ist verloren. Er hat sich selbst und das richtige Mass verloren. Er hat liebevolle Beziehungen zu den Mitmenschen und, nicht zuletzt, eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott zerstört durch Gier, Egoismus und die Angst, zu kurz zu kommen. Statt Licht und froher Mut prägen Finsternis und Schmerz das Menschsein.
Das Kreuz und das stellvertretende Sterben von Jesus für die Schuld der Menschen setzen der Finsternis und Zerstörung wuchtig die Liebe entgegen. Gott setzt sich gegen die Finsternis durch, weil er die Menschen so sehr liebt.
Gott ist mittendrin
Der immer noch beeindruckende Film «die Hütte», der diese Tage in unseren Fernsehprogrammen gezeigt wird, greift das eindrücklich auf. Mack, der Protagonist des Films, klagt Gott an, warum er Leid und qualvolles Unrecht in dieser Welt zulässt. Er lässt sich zur Aussage hinreissen: «Das scheint ein Muster von dir zu sein, zuzulassen, dass Menschen Leid erfahren. Deinen Sohn hast du auch qualvoll sterben lassen.» Gott antwortet ihm unter Tränen: «Mack, du hast das Geheimnis nicht verstanden» und zeigt ihm wortlos die Wundmale an seinen Handgelenken. Gott sitzt nicht als unbeteiligter Zuschauer vor dem Kreuzesgeschehen und dem Leid des Menschen. Er ist im Herzen getroffen, mittendrin.
Der Karfreitag wirkt kraftvoll ins Heute. Er bringt Menschen, die unter Dunkelheit und Schmerz leiden, die glühende Liebe Gottes. Gott ist mittendrin, mit dabei im Leiden und er führt – durch Kampf und Tränen hindurch – in das Licht von Ostern.
Thomas Beerle
Art-Net / Puurekirche, Altstätten