13.05.2019

Zu Fuss bis ans Mittelmeer

Sechs Wanderer gehen entlang der Via Liguria. Sie treibt der sportliche Reiz an, die Begegnungen mit Menschen, Pflanzen, Tieren und der Landschaft. Wir haben die Gruppe auf dem Rheintaler Höhenweg getroffen.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Monika von der LindenDonnerstag vergangener Woche um 13 Uhr. Fünf Wanderer haben den Aufstieg zum Restaurant Sonnegg bewältigt. Es ist Zeit für die Mittagsrast. Die drei Frauen und zwei Männer folgen der Route der Via Liguria. Sie führt über 715 Kilometer von Weingarten im Kreis Ravensburg durch die Po-Ebene bis an die Mittelmeerküste.Diese Woche durchqueren die Wanderer das Rheintal. Über den Pfänder, via Bregenz und das Lauteracher Riet haben sie am Mittwoch die Schweiz erreicht und in Diepoldsau übernachtet. Am frühen Donnerstag sind sie am Rohr entlang gelaufen, durch das Balgacher Riet, um dann auf den Höhenweg zu treffen. Bis zum Ende der Woche werden sie 157 Kilometer gegangen sein. Bis sie das Mittelmeer erreichen, folgen vier weitere Wanderwochen, die sich über das Sommerhalbjahr verteilen.Initiant der Via Liguria ist der Wanderleiter Jochen Ebenhoch aus Weingarten. Er geht den Weg bereits zum siebten Mal ab. Jochen Ebenhoch hat die Route zusammengestellt, Wege und Nebenschauplätze der Bildungsreise ausgesucht.Er nimmt sich Zeit für die SchönheitEs sind nicht die ausgetretenen Pfade, auf denen Jochen Ebenhoch seine Begleiter führt. Es sind teils zugewachsene, alte Verbindungswege mit einer interessanten Historie. Genau das fasziniert Erich Barthel aus Memmingen. Er ist leidenschaftlicher Bergwanderer und quert das Rheintal oft mit dem Auto. Bisher war er immer schnell unterwegs, sah nur den Säntis als sein Ziel an. Nun bewegt Erich Barthel sich zu Fuss und widmet seine Aufmerksamkeit Details. «Ich kannte das Rheintal nur als dicht besiedelte Kulturlandschaft.» Obwohl er als Bergwanderer nicht gerne lange Strecken durch die Ebene läuft, reizt ihn das Riet. «Mir gefallen die Schönheit der Wiesen, der Bäume, die Vögel und Auen am Alten Rhein», sagt er. «Es reizt mich, den Weg erst finden zu müssen.» Einen Kanal im Riet vermochte die Gruppe nicht zu überqueren. Der jüngste Regen hatte ihn zu breit werden lassen. «Wir sind einen Umweg gelaufen, bis wir eine Passage gefunden haben.»Jochen Ebenhoch hatte Elsbeth Hug aus Kisslegg die Via Liguria schmackhaft gemacht. Anfängliche Zweifel, der Anstrengung gesundheitlich nicht gewachsen zu sein, hat sie überwunden und sich der Gruppe angeschlossen. Ulrike Metzger aus Wilhelmsdorf ist seit letztem Jahr im Ruhestand. «Die Via Liguria zu schaffen ist mein neues Ziel.» Die zweite bis vierte Tranche der ganzen Strecke hat die Wanderin zurückgelegt. «Die erste hole ich jetzt nach.» Die fünfte folgt vielleicht noch dieses Jahr.Den Menschen so wie den Blumen begegnenLeis Burchia ist schon früher einmal komplett entlang der Via Liguria gegangen. Die Lüchingerin begleitet die Gruppe am Donnerstag und wird sie später am Tag an der Baustelle im Mühltobel in Altstätten vorbeilotsen.Im deutschen Bodenseeraum wird Rossfleisch nicht so häufig verspeist wie hierzulande. Deshalb fällt es der Wandergruppe nicht leicht, herauszuschmecken, welches Mostbröckli auf der Vesperplatte des Restaurants aus Rind- und welches aus Rossfleisch hergestellt ist. Wirtin Katharina Graf erklärt die Unterschiede im Gout, und Leis Burchia weiss über einen Pferdemetzger auf der Rheininsel zu berichten.Am Vorabend haben die Teilnehmer Spargeln auf dem Schmitterhof gestochen. Die Anleitung zur Arbeit mit den Händen hat Inhaber Fabian Kummer angereichert mit Informationen über Sorten, Anbau und den wirtschaftlichen Wert des Gemüses im St. Galler Rheintal.14 Uhr. Die Mittagspause ist vorbei. Die Wanderer schnallen ihre Rucksäcke an und setzen die Etappe fort. Sie sind gestärkt und neugierig, was ihnen der Weg noch bieten wird. «Wir begegnen den Menschen so wie den Blumen», sagt Jochen Ebenhoch. Auf manche treffen sie auf dem Weg, auf andere werden sie neben dem Weg aufmerksam. Und wieder andere suchen sie erst.

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