10.09.2019

Zöllner ermitteln illegal im Ausland

Das Grenzwachtkorps stationierte zivile Beobachter in Vorarlberg, um Käufer von Hanfprodukten zu büssen.

Von Dinah Hauser
aktualisiert am 03.11.2022
Auf einem vorarlbergischen Parkplatz stehen Schweizer Zöllner in Zivil und beobachten Passanten beim Einkaufen in Hanfläden. Die Autonummern melden sie der Zentrale; die Beamten an der Grenze kontrollieren dann besagte Fahrzeuge. Genau das sei bei der «Aktion Knobli» an insgesamt vier Tagen in den Jahren 2018 und 2019 geschehen, wie der «Blick» berichtet. Das Problem: Die österreichischen Nachbarn wussten nichts von den Einsätzen.Die Hanfläden seien in Österreich völlig legal, zitiert die Zeitung aus dem Einsatzbefehl. Daher könne nicht auf die Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden zurückgegriffen werden.Einsatz von zivilen Beobachtern nicht geregeltAngesprochen auf die Berichterstattung, bestätigt die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) den Sachverhalt. «Die EZV geht gegenwärtig davon aus, dass der Einsatz nicht im Einklang mit den geltenden Vorschriften war», sagt David Marquis, Leiter der Medienstelle.Wie die Formen und Vorschriften der Zusammenarbeit aussehen, das bestimme der Polizeikooperationsvertrag mit Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein. Der Einsatz von zivilen Beobachtern auf österreichischem Hoheitsgebiet sei laut Marquis im trinationalen Vertrag aber nicht geregelt.ÖsterreichermitteltAuf Nachfrage bei der Landespolizeidirektion Vorarlberg gibt Pressesprecher Horst Spitzhofer Auskunft: «Diese Aktion hat es offensichtlich gegeben. Die Landespolizeidirektion Vorarlberg hatte aber bis vor wenigen Tagen keine Kenntnis von den Einsätzen der Schweizer Grenzwächter auf österreichischem Boden.» Das Ministerium des Innern habe die Direktion über den Sachverhalt informiert und mit Ermittlungen beauftragt. «Sollte sich herausstellen, dass die Einsätze der Schweizer Grenzwächter nicht zulässig waren, wird die Staatsanwaltschaft entsprechende Schritte einleiten.» Welche, spezifiziert Spitzhofer mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht.Grenzübergreifende Kooperationen der Polizeien gebe es laut Spitzhofer immer wieder, vor allem bei grösseren Kriminalfällen. «Dabei müssen allerdings die zwischenstaatlichen Regelungen eingehalten werden», sagt der Pressesprecher. Die Koordination laufe dann jeweils über die zuständigen Polizeidirektionen und finde somit auf höchster Ebene statt.Das Ende des Einsatzes der zivilen Beobachter in Vorarlberg geht gemäss «Blick» auf einen kuriosen Zwischenfall zurück: Ein Schweizer Polizist sei am Zoll mit Hanfsamen gestoppt worden. Dieser habe das Vorgehen der Zöllner in Frage gestellt.Polizist mit HanfsamenKonfrontiert mit dieser Berichterstattung, antwortet die EZV, sie habe die Rechtmässigkeit der Vorgehensweise im Rahmen der Fallnachbearbeitung in Frage gestellt und die weitere Durchführung solcher Aktionen gestoppt. «Da wir die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sowie eine Strafanzeige gegen unbekannt wegen Amtsgeheimnisverletzung prüfen, können wir aus verfahrenstechnischen Gründen momentan keine weiteren Angaben machen», sagt Marquis. Was aber ein Polizist mit Hanfsamen macht, «entzieht sich unserer Kenntnis und wäre allenfalls Gegenstand eines Strafverfahrens durch die zuständige Staatsanwaltschaft.»Bundesrat muss Stellung nehmenAuch der Bundesrat wird sich noch zu den Aktivitäten der Schweizer Zöllner äussern müssen: Der St. Galler CVP-Nationalrat Nicolo Paganini will wissen, wie der Bundesrat künftig «illegale Aktionen dieser Art auf fremdem Staatsgebiet» unterbinden will. Auch erkundigt er sich nach «straf- und disziplinarrechtlichen Folgen». Der österreichische Nationalrat Reinhold Einwallner (SPÖ) sagt im «Blick»: «Ausländische Behörden haben auf österreichischem Boden nichts verloren.» Legale HanfsamenDas im Hanf enthaltene Tetrahydrocannabinol (THC) wirkt berauschend. In der Schweiz sind Hanfprodukte mit einem THC-Gehalt von über einem Prozent illegal. In Österreich liegt diese Grenze bei 0,3 Prozent und somit tiefer. Hanfsamen jeglicher Art – auch solche, welche Blüten mit höherem THC-Gehalt produzieren – fallen nicht unter dieses Gesetz. Solange der österreichische Verkäufer davon ausgehen kann, dass die Samen nicht zur Rauschmittelproduktion verwendet werden, handelt er legal. (dh)

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