23.01.2020

Zehn Tipps für die Stadt

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Es macht keine Freude, eine unerfreuliche Entwicklung journalistisch zu begleiten. Aber es geht nicht anders, auch wenn das nicht allen passt. Schönfärberei bringt nichts, obschon es in Altstätten immer noch sehr viele gute, erfolgreiche Läden gibt.Die Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit hat eine Alarmstimmung erzeugt, die im Städtli und zum Teil auch ausserhalb gut spürbar ist. Man kann das totschweigen und zuschauen, wie Laden um Laden verschwindet, zudem Beiz um Beiz. Oder man spricht offen über die Altstätter Probleme – mit dem festen Willen, das Problem zu lösen und mit vereinten Kräften die Trendwende herbeizuführen. Die Tatsache, dass dies bis heute versäumt wurde, ist Grund genug, das Thema zu behandeln, auch wenn es Schmerz erzeugt. Hier keine Klage, keine schlechte Nachricht, sondern nur Vorschläge. Zehn konstruktive Ideen für eine Wende zum Guten.1. Ladenbesitzer, Grundeigentümer und Behörden sollten die Belebung der Altstadt als klares gemeinsames Ziel verfolgen und wirklich an einem Strick ziehen. Sicher ist das anspruchsvoll, denn es treffen verschiedene Interessen aufeinander. Das übergeordnete Interesse indes dürfte für alle das gleiche sein: eine lebendige Altstadt.2. Die Anziehungskraft des Zentrums ist nicht ohne Einfluss auf den Wert der Häuser. Der bereits seit Jahren historisch tiefe Hypothekarzins ist eine grosse Chance, Ladenmietern finanziell in besonderem Mass entgegenzukommen.3. Hauseigentümer könnten sich zusammentun und die «Zuteilung» der Ladenlokale einer hierfür zuständigen Stelle überlassen, zum Beispiel einem «Stadtmanager». Kleine Läden mit weniger Umsatz liessen sich begünstigen. Freie Ladenlokale stünden nicht in Konkurrenz zueinander, sondern würden geschickt vergeben und somit bestmöglich (gemäss einem festzulegenden Modell) genutzt. Die Hauseigentümer erhielten die Mieten aus einem Topf, nach klaren Regeln. Ausserdem könnten zwei oder mehr Ladenlokale bei Bedarf zu einem einzigen zusammengelegt werden, was baulich keine Hexerei sein dürfte, sondern vor allem entsprechenden Willen voraussetzt.4. Die Stadt sollte sich dem Altstadt-Problem nicht nebenbei ein bisschen widmen, sondern ihm die ganze Aufmerksamkeit zukommen lassen und wie bei Hochwasser handeln: schnell, zielstrebig, zusammen mit Ladenbesitzern und Hauseigentümern. Man wünschte sich in dieser Sache einen Stadtrat mit Bullterrier-Eigenschaften.5. Das Nein der Bürgerschaft zur Autofrei-Initiative ist kein Grund, sich mit kleinen (teilweise geplanten) Aufwertungen zufrieden zu geben. Es braucht ein Konzept, das es verdient, so genannt zu werden. Das gilt auch fürs Stadtmarketing.6. Es bedarf mutigen Handelns! Weil es in den vielen Jahren vor dem aktuellen Abwärtstrend misslang, den Trend zu brechen, gibt es kein Tabu. Die Forderung nach einer autofreien Marktgasse wäre zwar eine Zwängerei und deshalb falsch. Es ist indes den Geschäftsinhabern als Hauptbetroffenen nicht verboten, auf das so heftig umstrittene Thema zurückzukommen. Möglichkeiten gibt es viele. Auch Experimente sind besser als blosses Hoffen. Fussgängern und Velofahrern liesse sich noch sehr viel mehr entgegenkommen.7. Ausserhalb der Altstadt gibt es ebenfalls Läden und interessante Geschäfte. Vielleicht sind, dank entsprechender Anreize, vereinzelte Wechsel nach innen möglich (bzw. Möglichkeiten in eine langfristige Planung einzubeziehen). Ausserdem darf man sich nicht an die Vorstellung klammern, nur der Detailhandel tue einer Altstadt gut. Auch medizinische Dienstleistungen oder Beratungsangebote (wie jenes der demnächst in Altstättens Marktgasse umziehenden Werbeagentur Machart) sind willkommen.8. Die Bewilligungspraxis muss gewerbefreundlich sein! Plant zum Beispiel ein Geschäft die Einrichtung einer Kaffee-Ecke, soll sie nicht als Gastronomiebetrieb behandelt werden und keine Hürden in den Weg gelegt bekommen. Auch bei der Umnutzung eines Lokals ist grösstmögliche Grosszügigkeit angebracht.9. Die Ladenöffnungszeiten sind, soweit es nicht kantonalem Recht widerspricht, möglichst liberal zu gestalten. Letztlich liegt das auch im Interesse aller Angestellten. Läden bedeuten nicht nur Steuereinnahmen, sondern ebenso Arbeitsplätze.10. Einkaufen soll ein Erlebnis sein. Tatsächlich ist die Altstätter Ladenvereinigung seit langem bestrebt, diesem Anspruch gerecht zu werden. Vielleicht aber ist die wirklich zündende Idee noch zu entdecken? Nebenbei bemerkt: Zwischen Kaufkraft und einer besonderen Freude an stilvollen Läden besteht ein Zusammenhang.Gert Bruderer gert.bruderer@rheintaler.ch PS: Als Ermunterung zu schnellem und beherztem Handeln eine kleine Anekdote: Vor acht Tagen, am Wochenmarkt, als das Städtli sehr belebt war, meinte eine Marktbesucherin aus Marbach: «Gömmer no echli i d’ Schaufenschter go iniluege.» – «I di lääre», fügte jemand gleich hinzu – und schliesslich kam das kollektive Lachen mit dem Satz: «Dänn hämmer wieder öppis gschpäret.» Lustig? Für Altstätten nicht.

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