25.01.2021

Zapfhähne dürfen nicht sprudeln

Der neuerliche Lockdown kam für die Getränkebranche überraschend. Der Trend zur Regionalität hilft etwas.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Bis in den Dezember hinein hatte die Mosterei Kobelt AG in Marbach noch genug Arbeit. Sie kam relativ gut durch die Tiefen des Pandemiejahres. Den Lockdown im Frühjahr überbrückte die Getränkeproduzentin mit Kurzarbeit. Im Sommer blieben viele Leute daheim und konsumierten einheimische Getränke. Im Herbst verarbeitete die Mosterei die Obsternte.Mit dem aktuellen Lockdown und der Verschärfung der Schutzmassnahmen hat sich die Lage zugespitzt. «Jetzt spüren wir ihn fest», sagt Geschäftsführer Ruedi Kobelt. Bereits bevor die Gastronomie schliessen musste, war der Umsatz gesunken. Viele Leute mieden es, Restaurants zu besuchen. Weiter entfielen Klaushöcks, Abendunterhaltungen oder Weihnachtsfeiern. «Der zweite Lockdown traf uns unerwartet. Wir konnten im Januar so kurzfristig keine Kurzarbeit einlegen. Für Februar beantragen wir sie.» Die im Herbst angesammelten Überstunden reichen nicht aus, um den Ausfall im Januar zu kompensieren.Mit dem Getränkehandel nutzt Kobelt zusätzlich zum Vertrieb eigener Produkte andere Kanäle, um Geld zu verdienen. Sie können aber nicht alle Ausfälle ausgleichen. «Es bleibt eine Lücke.» Als erfreulich sieht es Ruedi Kobelt an, dass ausgelieferte Ware kaum zurückgegeben wurde und so auch nicht verderbe. Dies heisst aber auch, dass Gastronomen erst wieder bestellen, wenn ihr Lagerbestand aufgebraucht ist. «Ich frage mich, wann der Neustart in der Gastronomie kommt, und bin unsicher, wie gut er gelingen mag», sagt er.Dann zeigt der Geschäftsleiter, dass er seinen Humor bewahrt hat: «Aber», sagt er, «mein Pult ist aufgeräumt.» Und er nutzt die unfreiwillig gewonnene Zeit: «Wir beschäftigen uns mit neuen Produkten.»Zweites Standbein dient den WeinproduzentenDas stark reduzierte öffentliche Leben schmerzt auch die Weinproduzenten. Sie erwirtschaften einen grossen Teil ihres Umsatzes über Gastronomie, Verkostungen und Veranstaltungen. Seit zwei Jahren beobachtet Armin Lutz, Präsident Rheintalwein, einen Trend zu regionalen Produkten: «Wir haben eine sehr gute Basis in der Bevölkerung. Viele Privatkunden kaufen direkt bei den Winzern ein.» Dieses zweite Standbein nutzt der Branche jetzt, obwohl es nicht alle Verluste wettmacht. «Das trifft nicht auf jeden Betrieb zu», sagt Armin Lutz. Manche Winzer seien stärker betroffen als andere.Da sie weniger Wein verkaufen, sind ihre Lager eher voll. Für den nächsten Jahrgang gebe es aber genug Platz, sagt Armin Lutz. «Wir regulieren die Ernte und setzen auf Qualität, nicht auf Menge. Unsere Lagerprobleme sind dadurch nicht so gross wie in anderen Weinregionen.»Hoffen auf Aktivitäten zum «130-Jährigen»«Sonst ist es im Januar ruhig, jetzt ist es richtig ruhig», sagt Claudia Graf, Geschäftsleite-rin Sonnenbräu, Rebstein. Die Brauerei spürt nicht nur, dass die Gastrobetriebe geschlossen sind und es keine Veranstaltungen gibt, auch die Vorbereitung auf die Fasnacht fehlt jetzt.Den Mangel an Aufträgen gleicht Sonnenbräu mit Kurzarbeit aus. Im Gegensatz zum Frühling gelten für den Rampenverkauf aber die normalen Öffnungszeiten. «Wir wollen alle Kunden, die zu uns kommen, bedienen und nicht per Aushang auf eine andere Zeit verweisen», sagt Claudia Graf. Ergänzend können sich Privatpersonen Bier und alkoholfreie Getränke nach Hause liefern lassen.Claudia Graf will nicht verzagen. Deshalb pusht sie die Aktion #srhintlstohtzäma des Vereins St. Galler Rheintal. «Gerade jetzt müssen wir besonders aufeinander achtgeben», sagt sie. Das Rheintal habe so viel an Gewerbe und Arbeitsplätzen zu bieten. Ausserdem hofft sie, dass Sonnenbräu das 130-jährige Bestehen mit einigen Aktivitäten feiern kann. Im Frühling möchte die Brauerei ein Jubiläumsbier herausgeben. «Sobald wir etwas machen dürfen, sind wir auf jeden Fall parat.»

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.