Mit Schwung katapultieren sie den Köder auf das Wasser hinaus, platzieren die Rute am Ufer und warten auf den grossen Fang. An den Gewässern im Rheintal wird rege gefischt – handelt es sich etwa um einen weiteren Trend, den die Pandemie auslöste?Tatsächlich findet sich eine Begründung bei Corona. Doch nicht die offensichtliche, dass erlebnishungrige Menschen Abwechslung in der Natur und mit dem Fischen eine neue Beschäftigung suchen. Vielmehr sind es erfahrene Gastfischer, die neue Gewässer entdecken wollen.Verkauf der Patente stieg um mehr als 50 Prozent«Viele reisen zur Ausübung ihres Hobbys gern ins Ausland», sagt Manfred Steiger, Gewässerwart des Fischereivereins Mittelrheintal. «Das ist während der Pandemie erschwert. Deshalb erkunden sie neue Gewässer in der Schweiz.» Für das Fischen am Alten Rhein hat der Fischereiverein Mittelrheintal 2020 deutlich mehr Tages- und Monatskarten verkauft als im Vorjahr. Der Absatz erhöhte sich mit 56 Prozent um rund die Hälfte. Die Gastfischer kamen zum Beispiel aus den Kantonen Zürich, Aargau, Thurgau oder Graubünden.Der Alte Rhein ist ein interessantes und idyllisch gelegenes Fischerparadies. Um dieses zu schützen und dem allgemein verstärkten Andrang von Erholungssuchenden entgegenzuwirken, haben die Vereinsmitglieder kürzlich Massnahmen beschlossen. Im Frühling 2022 gilt neu ein eingeschränkter Verkauf der Tages- und Monatskarten. Von März bis Mai werden im nächsten Jahr keine Patente an Gastfischer verkauft.Manche Gewässer bleiben Einheimischen vorbehaltenGanzjährig nicht für Gastfischer freigegeben ist der Binnenkanal. Es besteht die Gefahr der Überfischung. Am 16. März war Kanaleröffnung für die Mittelrheintaler Vereinsfischer, wenn die Schonzeit der Forelle vorbei ist. Der Verein achtet darauf, dass die konstant hohe Befischung nicht problematisch wird. So müssen potenzielle Neumitglieder im Einzugsgebiet wohnen, um dem Verein überhaupt beitreten zu können.Eine Obergrenze der Mitgliederzahl hat der Fischereiverein Rüthi erreicht. Derzeit können keine Interessierten aufgenommen werden. «Mit 70 aktiven Fischern ist die Mitgliederzahl bereits sehr hoch», sagt Präsident Rolf Gächter. Sie müsse im Verhältnis zum Fischbestand stehen. Sonst gebe es zu viele Fischer auf begrenztem Raum. Es wird bewusst darauf verzichtet, das Fischen aktiv zu fördern. Dennoch stellt auch der Fischereiverein Rüthi fest, dass sich der Absatz der Tagespatente im letzten Jahr erhöht hat. «Die Menschen haben mehr Zeit», sagt Rolf Gächter. In erster Linie soll aber den Einheimischen die Möglichkeit zum Fischen geboten werden.Zu den Gewässern des Vereins gehören Abschnitte des Binnenkanals, der Simmi im Oberen Toggenburg, die Wildhauser Thur und der Schönenbodensee. Im Binnenkanal sei der Fischbestand in den letzten 30 Jahren um 80 Prozent zurückgegangen, sagt Rolf Gächter. Vor allem bei Regenbogen- und Bachforellen.Den Fischen Zeit zur Erholung lassenBei den Äschen sei die Anzahl einigermassen stabil. Mittlerweile konnte sich der Bestand der Bachforellen erholen. Während den letzten fünf Jahren schützte ein Fangverbot diese Fischart. Gastfischer, die eine Tageskarte lösen, verhielten sich meist rücksichtsvoll, sagt Rolf Gächter.«Ihnen geht es mehr darum, ein neues Gewässer kennen zu lernen als den grossen Fang zu machen.» Für eine Monatskarte ist ein gültiger Sana-Ausweis, ein obligatorischer Sachkunde-Nachweis nötig. Schwarzfischer, die ohne ein gelöstes Patent auf das Beissen der Fische warten, machen nur vereinzelt Probleme, sagt Manfred Steiger. Während der Pandemie stellte der Fischereiverein Mittelrheintal keine Häufung fest. «Bussen wären teuer.»Den Trend des Gastfischens nimmt Steiger als Zeiterscheinung wahr. «Sobald die Corona-Einschränkungen gelockert und Reisen ins Ausland wieder ohne grosse Umstände möglich sein werden, dürfte das Interesse der Gastfischer nachlassen.»