Landwirt Jürg Kellenberger staunte am frühen Sonntagabend nicht schlecht, als zwei seiner drei Geissen auf dem Hof nahe dem Sportplatz Franzenweid auftauchten. «Das ist noch nie passiert, zumal die Tiere auf der gut 300 Meter entfernten Weide mit drei stromgeladenen Drähten eingezäunt sind», sagt er. Kellenbergers Sohn schaute schliesslich nach, wo die dritte Ziege geblieben ist. Und fand sie leblos auf der Weide. DNA-Test soll Aufschluss über Wolfsidentität geben«Zum Glück haben meine Enkel das nicht gesehen», sagt Jürg Kellenberger. Der Anblick der toten Geiss auf der Weide zwischen dem Schwimmbad Ledi und dem Dorfteil Lachen habe selbst ihn erschüttert. «Das Bein lag abgetrennt vier Meter vom Tier entfernt, der Körper war vom Kopf abwärts völlig zerfleischt.» Was er bereits vermutete, bestätigte ihm einen Tag später der kantonale Wildhüter: Es war ein Wolf, der das Tier in der Nacht auf Sonntag gerissen hatte.
In der Medienmitteilung des Kantons Appenzell Ausserrhoden heisst es am Montagnachmittag: «Aufgrund der Art der Verletzungen muss davon ausgegangen werden, dass die Geiss von einem Wolf getötet worden ist. Die Jagdverwaltung schliesst nicht aus, dass es sich dabei um denselben Wolf handeln könnte, welcher Ende Oktober in Trogen ein Schaf gerissen hat.» Zur Abklärung der genauen Umstände seien DNA-Proben an den Bissspuren entnommen worden. Das Resultat der genetischen Analyse soll in einigen Wochen vorliegen und zeigen, ob der Wolf seine Beute schon einmal auf den Weiden der Region gefunden hat.Schafe in Altstätten und Trogen gerissenSeit dem erstmaligen Auftreten des Wolfes in der Neuzeit in Appenzell Ausserrhoden im Jahr 2014 ist es inzwischen das fünfte Mal, dass Nutztiere durch Wölfe im Kanton gerissen wurden. Zuletzt hat ein Wolf am 30. Oktober in Trogen ein Schaf getötet und ein weiteres verletzt. Zu einem Vorfall kam es aber bereits zwei Tage zuvor im Nachbarkanton, genauer in Altstätten, als ein Wolf im Kornberg-Tobel zwei Schafe gerissen und eines schwer verletzt hatte.
Da sich der Wolf, der in Walzenhausen gejagt hat, weiterhin im Gebiet aufhalten könnte, haben das Ausserrhoder Amt für Landwirtschaft und die Jagdverwaltung die Besitzerinnen und Besitzer von Kleinvieh per SMS über den Vorfall informiert. Das Amt empfiehlt, beim Auslass von Schafen und Kleintieren vorsichtig zu sein, Elektrozäune einzusetzen und die Tiere regelmässig zu überwachen. Gemäss Jagdverwalter Heinz Nigg wurden auch die St. Galler und die Innerrhoder Jagdverwaltungen über den Wolfsriss informiert. Sie sind wiederum zuständig, ihre Kleinviehhalter vor dem Raubtier zu warnen, zumal dessen Jagdgebiet keine Kantonsgrenzen kennen dürfte.