10.06.2019

Wohin das Wasser verschwindet

Dass der Rhein letztes Jahr viel weniger Wasser führte als normal, sieht man als Grund für den lange Zeit niedrigen Wasserstand im Baggersee. Die tatsächliche Ursache dürfte 500 Meter entfernt liegen.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Drei nasse Sommer seien nötig, bis sich der Grundwasserstand und damit der Wasserstand im Baggersee auf gewohntem Niveau einpendle. Dieser Meinung sind Fachleute, die der Vorstand des Baggersee-Vereins konsultiert hat, nachdem letztes Jahr praktisch der ganze Nichtschwimmerbereich des Sees trockenfiel (siehe Bericht von der Hauptversammlung des Vereins, Ausgabe vom 29. Mai). Die Auskunft gibt Anlass zur Sorge um die Wasserversorgung. Denn ein Grossteil des Oberrieter Trinkwassers ist Grundwasser.Von den gut 1,8 Millionen Kubikmetern Wasser (das entspricht 1,8 Milliarden Litern) die von der Wasserversorgung Oberriet letztes Jahr bereitgestellt wurden, stammten 1,5 Mio. Kubikmeter aus den drei Pumpwerken in der Nähe des Altersheims Feldhof. Nur rund 284000 m3 waren Quellwasser aus dem Berggebiet. Und die Oberrieter Wasserversorgung ist auch für umliegende Gemeinden wichtig, gerade in einem regenarmen Jahr wie 2018: Knapp 80000 m3 Wasser hat Oberriet nach Eichberg gepumpt und 500000 m3 nach Altstätten. In regenreicheren Jahren sind es zwar weniger. Doch angesichts der starken Grundwasserspiegelschwankungen am Baggersee ist die Frage berechtigt, ob Oberriets Wasserversorgung längerfristig noch zum Aushelfen in der Lage sein wird, sollten weitere solche trockenen Sommer wie der letztjährige folgen.Gemeindepräsident Rolf Huber entwarnt. Die trockenen Sommer- und Herbstmonate und die bedarfsbedingt starke Wasserförderung führten zwar auch im Bereich der Grundwasserpumpwerke bei Oberriet dazu, dass sich der Grundwasserspiegel senkte. Allerdings lediglich um 20 bis 30 Zentimeter im Vergleich zu den Vorjahresmonaten. Und mittlerweile habe sich der Grundwasserstand wieder normalisiert, liege sogar eher etwas höher als andere Jahre um diese Jahreszeit, lässt Huber wissen.Wichtigstes Pumpwerk Vorarlbergs in MäderDoch weshalb schwankt der Grundwasserspiegel beim Baggersee ungemein stärker? Rolf Huber vermutet den Grund im Grundwasserpumpwerk des Vorarlberger Trinkwasserverbands Rheintal im Rheinvorland bei Mäder. Es ist das grösste ganz Vorarlbergs. Hier – nur 500 Meter vom Baggersee entfernt – werden aus drei Brunnenanlagen jährlich 3 Millionen Kubikmeter Wasser gepumpt (laut einer Meldung des ORF von 2016), also einiges mehr als Oberriet fördert.Man mag einwenden, der Rhein liege dazwischen. Dass dennoch das Pumpwerk bei Mäder die Ursache für die teils starken Wasserstandsschwankungen im Baggersee sein dürfte, wird von Untersuchungen gestützt, die man letztes Jahr gut sieben Kilometer rheinabwärts gemacht hat. Das Wasserwerk Mittelrheintal und die Projektleitung des Rhein-Hochwasserschutzprojekts Rhesi haben im Grundwasserfeld im Rheinvorland bei Widnau Pumpversuche durchgeführt, die Aufschluss über Bodenaufbau, Wasserbeschaffenheit und -qualität sowie über die Strömungsverhältnisse geben sollten. Die Versuche belegten, dass der Wasserbezug die Grundwasserströmung beeinflusst und diese sogar umkehren kann, wenn die Pumpen längere Zeit unter Volllast laufen. Sie zeigten auch, dass das (bei Widnau) geförderte Wasser nicht mehr oder weniger direkt aus dem Rhein stammt, sondern dass es zunächst rund zehn Tage durch den Boden sickert und zwar – was für die Situation in Kriessern wesentlich ist – auch unter dem Rhein hindurch.Dass auch in Kriessern keine drei nasse Sommer nötig sind, bis sich der Grundwasserspiegel erholt, zeigt sich zudem bereits jetzt. Das Wasser im Baggersee steht bereits wieder deutlich höher als letzten Herbst zum Ende der Saison. Sogar schon fast wieder auf normalem Niveau, meinte Bademeister Markus Hensch Mitte letzter Woche. Dem Badevergnügen im Baggersee steht diesen Sommer also nichts im Wege – sofern die Vorarlberger ihn nicht vorher leer trinken.

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