Der 13. März, ein Freitag, war in Sion ein wunderbar frühlingshafter Tag. Ein Bus fährt mich nach Veysonnaz, wo die Presseakkreditierung bereitliegt. In der Lobby treffe ich Skicross-Nationaltrainer Ralph Pfäffli. Er geht davon aus, dass morgen das letzte Weltcuprennen der Saison stattfindet.Überfüllter Zug zu Beginn des LockdownsAuf meinem Rückweg nach Sion verkünden Simonetta Sommaruga und Alain Berset in Bern den coronabedingten Lockdown. Das Rennen wird abgesagt. Statt nochmals rauf ins Hoteldorf möchte ich am Samstag möglichst schnell nach Hause reisen. Das wollen viele andere offenbar auch. Und weil ein Wasserschaden den Lötschbergtunnel blockiert, ist’s im Umleitungszug über Kandersteg eng. Im Gang finde ich einen Platz, wo ich annähernd zwei Meter Abstand zum nächsten Menschen halten kann. In Spiez steige ich aus und warte eine Stunde, um dem Gedränge auszuweichen.Das Wissen ums Virus in Kombination mit dem überfüllten Zug beschert mir ein mulmiges Gefühl. War diese Reise wirklich nötig? Es wird jedenfalls die letzte für lange Zeit. Die Zukunft verheisst Home Office statt Livesport. Ab dem Sommer werden in verschiedenen Sportarten wieder Meisterschaften gespielt, teilweise ohne Zuschauer, andere geplante Sportanlässe dieses Jahres werden im Rheintal aber fast ausnahmslos abgesagt.Immer unter (wechselnden) Schutzvorkehrungen stehen allerdings weiterhin Rheintaler Einzelsportlerinnen und -sportler in nationalen Wettkämpfen im Einsatz. Die Leichtathleten starten ziemlich früh wieder, die Mountainbiker etwas später. Wettkämpfe in dieser Zeit – etwa das Leichtathletik-Meeting in Meilen oder die Schweizer Meisterschaften im Mountainbike in Gippingen – waren meist ohne oder nur mit wenigen Zuschauern. Im Oktober an den Mountainbike-Europameisterschaften auf dem Monte Tamaro erlaubte der Kanton Tessin 500 Zuschauer. Die Weltcups in Tschechien und die WM in Österreich in den Wochen zuvor waren noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen worden.Alle Anwesenden trugen Maske, wurden registriert und beim Eingang wurde jedem Fieber gemessen. Das schien damals angemessen, kurz zuvor hatte der FC St. Gallen noch vor 9200 Zuschauern im Kybunpark Fussball gespielt.Am Dienstag und Mittwoch standen in Arosa erstmals diese Saison die Skicrosser im Einsatz. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine im Ziel fast komplett einsichtige Piste, gleissendes Scheinwerferlicht im Nachtrennen, aber keine Zuschauer. In vier Rennen gibt es einen Schweizer Sieg (durch Fanny Smith) sowie vier weitere Podestplätze (nochmals Fanny Smith, Talina Gantenbein, Alex Fiva, Ryan Regez, Joos Berry). Ein Speaker schildert das Rennen exklusiv den wenigen Anwesenden. Wenn er die Stimme hebt – «Einzug in den Big Final für Alex Fiva …!» – denke ich mir den entstehenden Jubel aus. Und bin dann enttäuscht, wenn es still bleibt.Das Bergkirchli auf der Kulmerwiese war der einzige Zeige des Skicross-Weltcups in Arosa.Schwarze Tücher gegen unbefugte BlickeAuch ohne Zuschauer, aber mit Speaker waren die Schweizer Radmeisterschaften in Märwil TG: Dort war’s allerdings so neblig, dass die wenigen Zaungäste am Streckenrand die Leistungsdemonstration von Stephan Küng kaum recht mitbekamen. Die nur 470 m lange Skicross-Strecke in Arosa war dagegen wirklich vor unbefugten Blicken geschützt. Sogar mit schwarzem Tuch an der Strasse.Die Menschen tragen blaue, rote oder gelbe Badges. Bei den Interviews, bei denen sich Gelbe (Journalisten) und Rote (Athleten) mit gebührendem Abstand treffen, tragen Erstere FFP2-Masken. Sport ohne Zuschauer kann dauerhaft nicht funktionieren. Auch wegen der fehlenden Stimmung, aber vor allem ökonomisch: Die Veranstalter können bestehen dank Subventionen (Bund und Verbände) und einige wie Arosa haben das Plus der TV-Übertragung. So hoffen sie, in diesem Jahr wenigstens eine «schwarze Null» zu erreichen.