22.11.2019

Wo die Schüler am günstigsten sind

In Gais kostet ein Schüler durchschnittlich 17 000, in Walzenhausen fast 30 000 Franken. Woher kommen diese Unterschiede?

Von Astrid Zysset
aktualisiert am 03.11.2022
Astrid ZyssetDie Schulkosten sind in den Ausserrhoder Gemeinden unterschiedlich hoch. Mehr noch: Die Unterschiede sind teilweise frappierend. Gemäss aktueller Gemeindefinanzstatistik 2018 weist Walzenhausen mit durchschnittlichen Kosten in der Volksschule (Kindergarten, Primarstufe, Sekundarstufe) pro Lernenden mit 29 435 Franken die höchsten Zahlen aus. Gais als günstigste Gemeinde zahlt im Vergleich im Mittel nur 17098 Franken. Was auch augenscheinlich in der Statistik ist, sind die Unterschiede von Partner- zu Standortgemeinden. Gemeinden, die ihre Schüler auswärts zum Unterricht schicken, zahlen relativ geringere Beiträge als die Standortgemeinden selbst. Warum ist dies so? Wird auf ein Schulhaus verzichtet?Walzenhausen: Beim Spitzenreiter Walzenhausen mahnt Schulpräsident Markus Pfister zur differenzierten Betrachtungsweise: «Es ist eine zentrale Frage, wie die Kosten der Gebäude in die Rechnung aufgenommen werden.» Pfister führt die Mehrzweckanlage ins Feld, deren Gebäudeunterhalt inklusive der Personalkosten der Hauswarte zu 100 Prozent der Schule zugerechnet werden. Dabei könnten die Kosten zu gleichen Teilen der allgemeinen Verwaltung, der Feuerwehr, den Vereinen wie auch der Schule angelastet werden. «Alle Gemeinden haben den gleichen Kontenplan. Wie sie die Kosten aber genau verteilen, ist ihnen überlassen.»Die Kosten pro Lernenden setzen sich aus den Personalkosten der Lehrkräfte, den Gebäudekosten wie auch denjenigen betreffend Schuladministration und Tagesstrukturen zusammen. Walzenhausen verfügt gemäss Pfister über ein grosszügiges Angebot an Tagesstrukturen. Und über sehr hohe Gebäudekosten. Die Vorderländer Gemeinde nennt aktuell vier Schulhäuser ihr Eigen. Hinzu kommt eine Mehrzweckanlage, deren Assekuranzwert zu 50 Prozent der Schule zugerechnet wird. So viele Gebäude haben viele vergleichbare Gemeinden nicht. Wie Pfister einräumt, sind, abgesehen von der Oberstufe, die übrigen Schulgebäude nicht gänzlich ausgelastet. Erste Gespräche laufen, ob die Anzahl Schulhäuser aus Kostengründen reduziert werden soll. Spruchreif sei aber noch nichts, so der Schulpräsident. Vor einem Entscheid würden künftige pädagogische Konzepte berücksichtigt. Zudem müssten die Lehrpersonen und die Bevölkerung hinter der Idee stehen. Die mit den Gebäudekosten einhergehenden Abschreibungen und Kapitalkosten sind denn auch ursächlich dafür, dass Lutzenberg als Partnergemeinde mit 25975 Franken tiefere Kosten pro Oberstufenschüler aufweist als Walzenhausen. In der Standortgemeinde schlagen Kosten von 35378 Franken pro Lernenden zu Buche. Und dies obwohl beide Gemeinden dieselbe Schulinfrastruktur nutzen, nämlich diejenige in Walzenhausen. «Die Amortisation und Kapitalkosten bleiben bei dieser Statistik bei den Kosten von Walzenhausen», so Pfister. Gebäudeamortisation schlägt zu BucheStein: Ähnlich präsentiert sich das Bild in Stein. Oberstufenschüler aus Hundwil (nördlicher Gemeindeteil) gehen hier zur Schule. Die Kosten sind mit 19904 Franken jedoch geringer als diejenigen für einen Steiner Oberstufenschüler (24812 Franken). Ein Umstand, dessen Erklärung sich in der Vergangenheit findet: 2013 wurde vertraglich vereinbart, dass Schülerinnen und Schüler aus Hundwil die Steiner Oberstufe besuchen dürfen. Die Kosten pro Lernenden wurden auf 18500 Franken plus Teuerungsausgleich festgesetzt. 2015 wurde die neue Mehrzweckanlage eingeweiht. Und mit ihr eine neue Turnhalle und ein Aktivraum, den die Schüler seitdem regelmässig nutzen. Der zirka vier Millionen teure Bau wird über die Schule amortisiert respektive über die Schule Stein. Das bedeutet, dass die Kosten für einen Lernenden in der Oberstufe in Stein höher sind als für denjenigen in Hundwil, der eigentlich dieselbe Infrastruktur nutzt. Als Ungerechtigkeit empfindet dies Jürg Aemisegger, Steins Schulpräsident, nicht. Die Mehrzweckanlage werde auch von den Steiner Vereinen genutzt. Einen Kostenverteiler zu finden, der allen gerecht wird, sei ein Ding der Unmöglichkeit. Hinzu kommt: «Wir können nicht die Kosten für eine Steiner Infrastruktur den Hundwilern belasten», so Aemisegger. Durch die Amortisation ergeben sich zusätzliche Kosten pro Steiner Schüler. Die Budgetverantwortung respektive die effiziente Beschulung liegt in der Verantwortung der Schule Stein. Rechnet man noch die Betriebskosten hinzu, die aufgrund von Klassengrössen und Lehrergehälter unterschiedlich ausfallen, sind die Kosten für einen Oberstufenschüler aus Stein höher als für einen aus Hundwil.Wolfhalden: Hier kostet die Gemeinde ein Oberstufenschüler 31942 Franken. Grub schickt seine Schüler in die Oberstufe nach Wolfhalden – und zahlt 18208 Franken pro Lernenden. Heiko Heidemann, Wolfhaldens Gemeindevizepräsident und Verantwortlicher für das Ressort Bildung, bestätigt, dass die Differenz «sehr hoch» erscheint. Die Begründung ist wie in Stein die Gebäudeamortisation. Bei Wolfhalden wird ein fiktiver Kapitalisierungs- und Amortisationsbetrag von 400 000 Franken bei den Schulkosten hinzugerechnet. Dieser wird vom Assekuranzwert des Gebäudes abgeleitet. Dies ergibt in Wolfhalden bei einer Schülerzahl von derzeit 53 rund 7 500 Franken zusätzliche Kosten. Trogen: Hier ist die Oberstufe in der Kantonsschule untergebracht. Wald und Rehetobel schicken ihre Schüler ebenfalls dort hin. Gemäss Andrea Thalmann, Trogens Gemeindevizepräsidentin und Präsidentin der Schulkommission, zahlen alle drei Gemeinden den gleich hohen Kostenbetrag pro Lernenden. Das sei vertraglich mit der Kantonsschule ausbedungen worden. Trotzdem präsentiert sich in der Statistik ein ungleiches Bild: Die Kosten sind für Trogen mit 28755 Franken pro Lernenden angegeben, für Rehetobel mit 23071 und für Wald mit 21561 Franken. Wie kommt das? «Die Zahlen in der Statistik sind mit Vorsicht zu geniessen», so Thalmann. Denn verwendet worden seien die Schülerzahlen von Anfang 2018. Im August, respektive auf Schuljahresbeginn, ändert sich diese jedoch jeweils. Im Beispiel Trogen kamen sieben neue Schüler hinzu. Die Gesamtkosten Anfang des Schuljahres werden auf die ursprüngliche Schüleranzahl (38) runtergebrochen, was den relativ höheren Wert ergibt. Gais als kostengünstigste GemeindeGais: Gais weist mit 17098 Franken die tiefsten Durchschnittskosten pro Lernenden auf. Warum dies so ist, weiss Katja Pantaleo, Gaiser Schulpräsidentin: «Wenn wir 2018 günstiger waren als andere Gemeinden, dann war das Verhältnis zwischen den mitgerechneten Faktoren und den Schülerzahlen optimal. Das Verhältnis steht und fällt manchmal mit nur einem Schüler mehr oder weniger.» Die Oberstufenschüler aus Bühler gehen in Gais zur Schule. Bühler weist als einzige Partnergemeinde im Kanton mit 25102 Franken jedoch einen höheren Betrag aus als die Standortgemeinde; Gais bezahlt 23597 Franken pro Schüler. Pantaleo betont, dass die Kosten pro Schüler in der gemeinsamen Oberstufe gemäss Schülerzahlen identisch sind, die Gesamtkosten würden geteilt durch die Anzahl Schüler pro Gemeinde verrechnet. «2018 hatte Gais mehr Oberstufenschüler als Bühler. Dass Bühler höhere Kosten ausweist, könnte mit den kalkulatorischen Gebäudekosten zusammenhängen, die von den Gemeinden separat dazugerechnet werden.»

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