Über 7000 Mitglieder haben sich bis gestern beim Onlinedienst Telegram unter dem Hashtag «wir machen auf» registriert. Aufgerufen wird dort zu kollektivem zivilen Ungehorsam: Am kommenden Montag sollen Restaurants, Bars und Fitnesseinrichtungen ihre Türen öffnen und sich damit über die coronabedingten Verbote hinwegsetzen. Reger Austausch im Gastro-ChatAuf der Schweizer Website – die Initiative ist europaweit verbreitet – sind an die 70 Städte und Gemeinden gelistet, in denen sich Gastronomen und Gewerbetreibende der Initiative angeschlossen haben. Aufgeführt sind auch Balgach und Rheineck. Freilich ohne Angabe, um welches Lokal es sich handeln könnte. Nach Branchen getrennt bestehen Chats, in denen sich die Teilnehmer austauschen können:«Wer macht auf...?» ist im Gastro-Chat zu lesen. Und gleich auch die Antwort: «Rebstein macht auf.» An anderer Stelle heisst es: «Ich bin in Rheineck und werde auch öffnen.» Nebst denen, die nach offenen Bars und Restaurants Ausschau halten, ist die Gruppe derer, die sich über die finanziellen Einbussen aufgrund der Schliessungen auslassen, deutlich grösser. Beklagt werden unzureichende Hilfen seitens Bund und Kantone. Statements aus der Ecke von Coronaskeptikern oder Verschwörungstheoretikern gehören durchaus auch zum Chatverlauf. «Mit einer Riesenbusse wird es nur schlimmer»«Ich kann diese Aktion nicht nachvollziehen», sagt Fritz Tatzl, der in Balgach das «Rössli» führt. Verständnis für die Protestaktion hat er nicht. Lieber sollten die Akteure beim Gastroverband Druck machen, damit sich dieser für bessere Entschädigungen stark mache, so Tatzl. Finanzielle Reserven habe auch er nicht mehr, aber «mit einer Riesenbusse, die das gibt, wenn man öffnet, wird alles noch schlimmer», so die Überzeugung des «Rössli»-Wirts. «Wenn der Staat die Verbote ausspricht, ist das so.» Darüber hinaus sei es höchst fraglich, wer überhaupt als Gast unter diesen Bedingungen ein Restaurant besuchen wolle. «Ich weiss von nichts», sagt Sacha Sapra, Inhaber der «Bierhalle Balgach» auf Nachfrage. Die Aktion «Wir machen auf» sei ihm nicht bekannt. Und selbst wenn, öffnen würde er nicht. Der Auffassung schliesst sich Silvio Baumgartner an, der sein Lokal in Rebstein erst im November eröffnet hatte. «Ich habe was von der Aktion gehört, aber da mache ich nicht mit», sagt er. Wer am Montag tatsächlich den Aufstand proben will, muss mit happigen Bussen rechnen. Ein kontraproduktivesUnterfangenSeit Mittwoch wisse die Kantonspolizei St. Gallen von der für Montag geplanten Aktion, sagt der Mediensprecher der Kantonspolizei, Hanspeter Krüsi. Man werde «im Rahmen der normalen Patrouillentätigkeit auf Vorkommnisse achten. «Gezielte Kontrollen sind allerdings keine geplant», sagt Krüsi. Gingen entsprechende Meldungen aus der Bevölkerung ein, werde die Polizei vor Ort den Sachverhalt zu klären suchen. Weigere sich der Betreiber, den Betrieb zu schliessen, folge eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Diese entscheide letztlich über das Strafmass. Zudem gehe ein Bericht an das Amt für Wirtschaft oder die Gemeinde. Alle hätten sich an die geltenden Massnahmen zu halten, so Krüsi. «‹Wir machen auf› ist ein kontraproduktives Unterfangen und die Betreiber würden damit klar gegen ein staatliches Verbot verstossen», sagt er. «Wir stecken alle in derselben Situation und müssen da zusammen durch.»Ob am Montag tatsächlich irgendwo im Rheintal ein Wirt einem Gast ein frischgezapftes Bier auf den Tresen stellt? Wer weiss?Andrea C. Plüss