18.10.2019

Wirbel um Oberrieter Arztpraxis

Der Kanton hat dem Arzt York Heidenreich die Bewilligung entzogen. Zu Unrecht, sagt dieser und wehrt sich.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen hat dem Arzt York Heidenreich die Bewilligung entzogen. Dies kann dem öffentlichen, im Internet einsehbaren Gesundheitsberu­feregister entnommen werden. Zu den Gründen sagt der Rechtsdienst des Departements nichts. Das Verfahren sei hängig; gegenwärtig dürfe York Heidenreich im Kanton St. Gallen aber nicht praktizieren, hält der Leiter des Rechtsdienstes, Ueli Nef, lediglich fest.York Heidenreich selbst spricht von einer Farce. Aus Banalitäten drehe man ihm den Strick. Er habe einer Patientin eine bereits angebrochene Salbe mit Bepanthen (einer Wundheilsalbe) verdünnt. Deswegen werfe man ihm nun vor, gegen das Heilmittelgesetz verstossen zu haben.Heidenreich spricht von einem Kleinkrieg, den das Gesundheitsdepartement nun gegen ihn führe. Patientinnen und Patienten würden vom Rechtsdienst angerufen und aufgefordert, Anzeige gegen ihn zu erstatten; Krankenkassen würden angeschrieben, er werde die Praxis schliessen, obwohl das gar nicht seine Absicht gewesen sei, bevor zum laufenden Verfahren nicht ein endgültiger Entscheid vorliege.Allerdings wird nicht nur wegen des mutmasslichen Verstosses gegen das Heilmittelgesetz gegen ihn ermittelt, sondern auch wegen Verdachts auf Zuwiderhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Tierschutzgesetz. Dies teilt Beatrice Giger, Mediensprecherin der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage mit.Heidenreich: «Haltlose Vorwürfe»Auch den Vorwurf, gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen zu haben, bezeichnet York Heidenreich als «haltlos».  Er habe lediglich Codein-haltigen Hustensirup abgegeben.Bei Codein, einem Wirkstoff aus der Gruppe der Opioide, besteht laut dem Online-Medikamentenlexikon PharmaWiki ein gewisses Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Codein- haltige Präparate sind seit Anfang dieses Jahres rezeptpflichtig. Apotheker dürfen sie aber, verbunden mit einer Beratung, auch ohne ärztliche Verordnung abgeben.Er habe solchen Hustensirup ausschliesslich im Winter bei trockenem Husten und leichten Erkältungen eingesetzt, «und nur auf medizinische Indikation hin», betont Heidenreich.Auch Tierleben retten wollenZum Vorwurf der Zuwiderhandlung gegen das Tierschutzgesetz sagt er: «Ich habe zwei Wildtiere aufgesammelt und versucht, sie am Leben zu halten.» Das sei nun mal passiert. «Auf die Zulassung als Arzt sollte das aber keinen Einfluss haben.»Das Verfahren gegen ihn sei unverhältnismässig. Er wehrt sich deshalb dagegen und hofft, dass zu seinen Gunsten entschieden wird. Andernorts seien Patienten zu Tode gekommen, und doch dürften die behandelnden Ärzte weiter prak­-tizieren – ihm entziehe man aber wegen einer Lappalie die Bewilligung, enerviert sich Heidenreich. Dabei sei noch nie einer seiner Patienten falsch behandelt worden, geschweige denn zu Schaden gekommen. In Oberriet seien das in den 15 Monaten seit der Praxisübernahme immerhin um die 3000 Behandlungen an rund 500 Patienten gewesen. Als Hausarzt sei er Tag und Nacht zur Verfügung gestanden. Wenn er da gewesen sei, habe man selbst am Sonntag zu ihm in die Praxis kommen können.Krankenakten übers Wochenende abholenDie Patientinnen und Patienten sind nun aber verunsichert. Meist stehen sie vor verschlossener Tür und kommen des­wegen auch nicht an ihre Krankenakte heran. Erschwerend kommt hinzu, dass York Heidenreich kaum zu erreichen ist. E-Mails an die Adresse, die auf dem Schild an der Praxis angegeben ist, sind nicht zustellbar. Ans Telefon geht unter der Woche niemand ran. Eine Patientin beklagt sich, auch auf einen Brief keine Antwort bekommen zu haben.Das Gesundheitsdeparte­ment hält fest, dass Ärzte verpflichtet sind, die Patientendokumentation aufzubewahren und auf Verlangen der Patien­tin oder dem Patienten zumindest eine Kopie herauszugeben. Komme man damit bei seinem Arzt nicht weiter, können sich Patientinnen und Patienten an den Rechtsdienst des Departements wenden.Das sei nicht nötig, sagt York Heidenreich. Die Patientinnen und Patienten könnten ihre Akte übers Wochenende abholen; samstags und sonntags sei er vor Ort. Grundsätzlich würde er die Praxis auch gerne weiterführen, sagt er.Dies könnte am heutigen Ort schwierig werden, selbst wenn der Kanton Heidenreich die Zulassung wieder zugesteht. Denn die Eigentümer der Praxisräume, der frühere Arzt Markus Peter und seine Frau Brida, schauen sich bereits nach einem neuen Mieter um. Das müsse nicht zwingend ein Arzt oder eine Ärztin sein, sagt Brida Peter auf Anfrage. Auch eine Büro­nutzung komme in Frage.

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