16.09.2020

«Wir wollen keine Schlammschlacht»

Das titelgebende Zitat stammt von Marco Hutter, der Ortsgemeindepräsident Walter Kobelt herausfordert.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Walter Kobelt, der die Unterstützung der Ratsmitglieder bei dieser Kampfwahl verloren hat, äussert sich ähnlich. Wie Kobelts Ratskollegen, die geschlossen hinter Hutters Kandidatur stehen, liegt Walter Kobelt an sachbezogener Argumentation.Nun hat die Ortsgemeinde allerdings das Pech, einen Landwirt als Pächter zu haben, den der Kanton rechtskräftig als notorischen Umweltsünder dargestellt hat (siehe «Unruhe wegen Umweltsünden» vom 11. September). Was die Ortsgemeinde in dieser Sache zu welchem Zeitpunkt unternehmen soll, ist angesichts weiterer noch laufender Verfahren eine Frage, die der amtierende Präsident und seine Ratskollegen verschieden beantwortet haben. Im Kern sei der ganze Rat aber gleicher Meinung, sagen Marco Hutter und sein Ratskollege Norbert Schick; alle Ratsmitglieder teilten die klare Auffassung, dass die Ortsgemeinde gegen eine missbräuchliche Bewirtschaftung von Ortsgemeindeboden vorzugehen habe.Verjüngungsprozess ist schon länger ein ThemaNach Ansicht der Ratsmitglieder um Marco Hutter hat das Problem der Ortsgemeinde mit einem fehlbaren Pächter einen anderen wichtigen Aspekt zu sehr in den Hintergrund gerückt. Der innerhalb des Rates aufgekeimte Drang nach einer Verjüngung sei keineswegs ein vorgeschobenes Argument, mit dem von einer internen Auseinandersetzung über die Art des Vorgehens bei einem konkreten Problem abgelenkt werden soll. Vielmehr habe dieses Thema die Ortsgemeinde bereits zu einem Zeitpunkt beschäftigt, als der Kanton noch keine Umweltsünden auf Ortsgemeindeboden rechtskräftig festgestellt hatte. Schon letzten Herbst sei ratsintern die Auffassung vorgebracht worden, dass eine weitere Verjüngung des Rats angezeigt sei.Norbert Schick wollte gestaffelte RücktritteNorbert Schick – neben dem amtierenden, seit letztem Jahr pensionierten Präsidenten mit 61 Jahren der Ratsälteste – soll gestaffelte Rücktritte vorgeschlagen haben. Ginge es nach Schick, hörte Walter Kobelt auf Ende dieses Jahres nach 28-jähriger Präsidentschaft (bzw. 32-jähriger Ratszugehörigkeit) auf. Schick selbst beabsichtigt, sich nach vier weiteren Jahren, nach insgesamt 28-jähriger Amtstätigkeit, zurückzuziehen.Richard Kobelt als weiteres Ratsmitglied ist seit 16 Jahren aktiv, während Aline Keel und Marco Hutter erst vor vier Jahren gewählt wurden. Hutter hatte sich damals in einer Kampfwahl gegen Daniel Benz durchgesetzt. Der Ortsverwaltungsrat zeigte sich «erfreut, dass mit Aline Keel (damals noch Aline Keller, Anm. der Red.) eine Frau der jüngeren Generation für den Rat gewonnen werden konnte». Aline Keel ist 32, Marco Hutter 45.Hutter meldete früh sein Interesse anAls es diesmal um die bevorstehenden Wahlen gegangen sei, habe der amtierende Präsident gemeint, er trete nochmals an, «ma heg jo niemert». Darauf, sagt Hutter, habe er entgegnet: Doch, er sei bereit, das Amt zu übernehmen.Walter Kobelt stellt es etwas anders dar. Weil es innerhalb des Rates aus Kobelts Sicht nicht ideal «gelaufen» sei, habe der Gedanke ans Weitermachen für ihn an Bedeutung gewonnen. Schliesslich habe er entschieden, nochmals fürs Präsidium zu kandidieren.Marco Hutter sagt, als Präsident wolle er alle Ratsmitglieder einbinden und die verantwortungsvollen Aufgaben mit ihnen teilen, wobei ihm das Kollegialitätsprinzip besonders wichtig sei. Er bringt so indirekt zum Ausdruck, dass es jetzt, mit Walter Kobelt, anders sei. Die Absicht, das Thema an der Bürgerversammlung im März vorzubringen, sei wegen Corona leider gescheitert, sagt Hutter. Dass die Kampfwahl ums Präsidium erst ziemlich knapp vor dem Wahlsonntag zum Thema geworden ist, bedauern er und seine Unterstützer selbstkritisch; im Nachhinein erachteten sie eine frühere Darlegung der eigenen Haltung als sinnvoll. Man habe es vermeiden wollen, den amtierenden Präsidenten anzugreifen, der sich jahrzehntelang für die Ortsgemeinde eingesetzt habe. «Eine Schlammschlacht» wolle man keinesfalls.Graben zwischen Präsident und KollegenDem Eindruck, bei einer Wahl Hutters zum Präsidenten und einer Wahl von Roger Benz zum neuen Ortsverwaltungsrat sei der gesamte Rat noch näher bei der Landwirtschaft, halten die Betroffenen entgegen: Hutter, der Traktoren verkauft, beliefere Händler, und das von Kandidat Roger Benz geführte Unternehmen, das Produkte für die Käselagerung vertreibt, beliefere die Industrie und nicht die Landwirtschaft.Mal angenommen, Walter Kobelt macht das Rennen um die Präsidentschaft und würde sodann zusammen mit den bisherigen Ratsmitgliedern die Ortsgemeinde führen: Wäre das angesichts des Grabens, der zwischen Präsident und den restlichen Ratsmitgliedern verläuft, nicht ein Problem? Walter Kobelt meint dazu, es gehe um die Sache. Sollte er die Kampfwahl gegen Marco Hutter gewinnen und zudem der neu für den Rat kandidierende Roger Benz gewählt werden, wäre sein Konkurrent nicht mehr im Rat vertreten. Überdies, sagt Kobelt, gehe er davon aus, dass die Kollegen in einem solchen Fall «nicht Opposition um der Opposition Willen» betreiben würden.Marbach ist zwar ein ruhiges Dorf, im Rat der Ortsgemeinde gibt es aber gegenteilige Auffassungen. Bild: Gert Bruderer

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