28.02.2020

«Wir wollen das Richtige tun»

Die Plaston AG setzt Massnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus um. Erfahrungen sammelte man auch in China.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Andrea C. PlüssIm Plaston-Hauptsitz in Widnau führt gleich nach Eintritt ins Gebäude eine Tür nach links, auf einen langen Gang, an dem sich Besprechungsräume und Büros befinden. «Diese Tür steht seit heute immer offen», sagt Alexander Gapp, CEO der Plaston AG. Mitarbeitende müssten so nicht ständig die Türklinke anfassen. Hygiene, Verzicht und VorbereitungAm Freitag hat der Hersteller von Kunststoffprodukten – vor allem bekannt für die roten Hilti-Koffer – ein Massnahmenpaket in Kraft gesetzt, das am Standort in Widnau und auch im tschechischen Werk in Sluknov umgesetzt wird. Dazu gehören einfache Hygienevorkehrungen, aber auch die Anweisung, auf Meetings mit mehr als 15 Personen zu verzichten, eingeschränkte Dienstreisen, keine Messebesuche und Vorkehrungen, die dazu dienen, die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter auch dann zu gewährleisten, sollte es zu Quarantänemassnahmen kommen. «Alle Mitarbeiter, die einen Laptop zur Verfügung haben, müssen sicherstellen, dass sie damit, über eine Citrix-Anwendung beispielsweise, auf das EDV-Umfeld der Plaston AG zugriff haben», sagt Gapp. Das Unternehmen bleibt handlungsfähig, weil Mitarbeiter auch vom Home-Office aus arbeiten können. Der für Freitagabend anberaumte Fondueplausch ist abgesagt. «Wenn da nur eine Person infiziert wäre, ohne Symptome, dann müssten alle, die sich für den Anlass angemeldet haben, in Quarantäne, das brächte den Betrieb zum Erliegen». Es ist ein Balanceakt zwischen Panikvermeidung und dem Anspruch, das Richtige zu tun: «Wir haben momentan keinen Krankheits- oder Quarantänefall bei uns, aber wir wollen vorbereitet sein.» Am Standort in China war Plaston, wie alle anderen Firmen auch, unvorbereitet von der epidemischen Entwicklung des Coronavirus getroffen worden.In Jiaxing, knapp eine Autostunde entfernt von Shanghai, arbeiten 110 Personen für den Kunststoffverarbeiter. Von den Eindämmungsmassnahmen, die die chinesische Regierung zur Bekämpfung der Viruserkrankung verordnet hatte, wurden wohl alle dortigen Firmen kalt erwischt. Die Mitarbeiter befanden sich in den chinesischen Neujahrsferien, kaum einer hatte seinen Laptop dabei. «Aus dieser Erfahrung haben wir gelernt, deshalb wollen wir in Widnau und in Sluknov vorbereitet sein», macht Alexander Gapp deutlich. Der gebürtige Vorarlberger lobt die Professionalität des Teams in China. Bereits am 10. Februar, nach einer Woche «Zwangspause», durfte das Plaston-Werk die Produktion wieder aufnehmen – als erster Betrieb in der Region. Von den 110 Mitarbeitern waren 45 einsatzfähig, der Rest befand sich noch in Quarantäne. In China vorbildlich gehandeltOhne den enormen Einsatz der Personalleiterin, so Gapp, wäre das nie gelungen. Patty Wang, die bereits seit zehn Jahren für Plaston in China tätig ist, nahm Verbindung zu jedem einzelnen Mitarbeiter auf, klärte mögliche Quarantäneauflagen ab und zog das Hygiene- und Prophylaxeprogramm auf, das bis heute Bestand hat. «Die von uns getroffenen Massnahmen hatten Vorbildcharakter. Die chinesische Regierung schickte andere Firmenvertreter aus der Region zu uns, um sich die Abläufe anzuschauen», sagt Gapp nicht ohne Stolz. Ein grosser Vorteil sei das chinesische Führungsteam vor Ort, das allein schon durch die Sprachkompetenz in der Lage sei, Regierungsanweisungen und Vorgaben genauestens umzusetzen. Das Werk in China ist aktuell voll lieferfähig; 97 Mitarbeiter sind wieder an ihrem Arbeitsplatz. Plaston fertigt an allen drei Standorten Kunststoffkoffer und sogenannte technische Teile aus Kunststoff; Blenden für Geschirrspüler oder Waschmaschinen oder Gehäuse für Kaffeemaschinen. Koffer oder Gehäuseteile für Hilti, Bosch, Black & Decker, für Leica und Topcon, für Geberit und Rothenberger. In China hat sich Plaston im Bereich Elektromobility mit der Fertigung von Kunststoffgehäusen für Ladestationen ein weiteres, Standbein aufgebaut. «Wir sind in China sehr erfolgreich», so der CEO.Engpässe bei den eigenen Zulieferern gibt es momentan nicht. Zwei chinesische Lieferanten versorgen Plaston mit Kunststoffgranulat, dem Ausgangsprodukt eines jeden zu fertigenden Teils. Momentan seien es eher einige Kunden in China, deren Betrieb noch eingeschränkt sei, sagt Alexander Gapp. Ein anderes Problem ist die beeinträchtigte Transportinfrastruktur. Bei der Frage, in welchem Umfang es der Firma Hilti gelingt, die Kunststoffkoffer vom eigenen Werk in China, unweit des Plaston-Standorts, nach Europa und in die USA zu transportieren, muss Alexander Gapp passen. Hilti selbst hat jedoch für Kunden eine Task Force eingerichtet, die solche Fragen professionell beantwortet. Die Sicherheitsbestände an Koffern jedenfalls, habe das Liechtensteiner Unternehmen bei Plaston abgefragt. Am Standort in Jiaxing hat man für zwei, in Widnau für eine Woche Koffer vorrätig. «1500 Palettenplätze sind mit Koffern belegt», so Gapp.Er gehe davon aus, dass man nach einer Phase mit «deutlich geringerem Umsatz» in zwei bis drei Monaten «back to normal» sei, also Normalität einkehre. Vielleicht komme es ab Sommer sogar zu einer Überkompensation und verlorener Umsatz liesse sich zurückholen, stellt Gapp in den Raum.SFS spürt sinkenden Konsum in ChinaDie SFS Group konnte den Betrieb am Produktionsstandort im chinesischen Nantong am 10. Februar wieder aufnehmen. Sukzessive kehrten die Mitarbeiter zurück, aktuell seien es ⅔ der Beschäftigten, knapp 1000 Personen, sagt Claude Stadler, Mitglied der SFS-Geschäftsleitung. SFS produziert dort Teile für Zulieferer aus dem Bereich Consumer Electronics. Diese wiederum fertigen zum Beispiel Handyendgeräte. Momentan werde geklärt, welche Teile von welchen Kunden am dringendsten benötigt würden, da die Lagerbestände durch eng verzahnte Lieferketten eher klein sind. In gewissem Masse seien um die Jahreswende und mit dem chinesischen Neujahr Kapazitätsanpassungen üblich, sagt Stadler. «Im Bereich Electronics wird man den Unterbruch aber schon sehen», so seine eher vage Aussage. Negativ macht sich vor allem der generell eingebrochene Konsum auf dem chinesischen Markt bemerkbar, egal, ob Handy oder Auto. Hier eine Kehrtwende vorauszusagen, ist mit dem Blick in die Glaskugel vergleichbar.Leica Geosystems äussert sich auf Anfrage nicht zur Lage im chinesischen Produktionsstandort Wuhan.

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