12.02.2021

«Wir sind die Zentrumsgemeinde»

Die Gemeinde Widnau erreicht wohl noch in diesem Jahr die 10000-Marke und wird zur Stadt.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Zu Jahresbeginn hatte Widnau 9858 Einwohnerinnen und Einwohner. Gegenüber dem Vorjahr sind es 172 Menschen mehr. Entwickelt sich die Gemeinde so weiter, überschreitet sie noch in diesem Jahr die Grenze zur Stadt. Diese liegt bei 10000 Einwohnern. Christa Köppel hat den Wandel der Gemeinde über Jahrzehnte mitgestaltet.Christa Köppel, als Sie im Jahr 1999 Gemeindepräsidentin wurden, hatte Widnau etwas mehr als 7000 Einwohner. Damals waren Sie im Kanton die erste Frau an der Spitze einer Gemeinde. Bald dürften Sie die erste Stadtpräsidentin im Rheintal sein. War das zu erreichen Ihr Ziel?Christa Köppel: Das Erreichen von 10000 Einwohner/-innen ist eine rein statistische Grösse – mehr nicht. Ich bin und blei-be Gemeindepräsidentin. Was mich aber freut, ist, dass ich längst nicht mehr die einzige Frau in diesem Amt bin.Wie lauten Ihre Pläne zum ersten Stadtfest Widnaus?Dass die beiden Gemeindepräsidenten von Goldach und Rorschach um ein Stadtfest gewettet haben, wer zuerst 10000 Einwohner/-innen hat, motiviert wohl zu dieser Frage. Sie ist meines Erachtens für Widnau völlig irrelevant. Widnau hat seit jeher eine ganz feine Festkul-tur; fast schon traditionelle Feste wie das «Moschti-Fäascht» oder neu kreierte Anlässe wie das «Stangenfest». Warum sollten wir diese attraktive Festkultur ändern wollen?Als Stadt benötigt Widnau neues Briefpapier. Was verändert sich ausserdem?Wir sind und bleiben die Gemeinde Widnau. Ich wüsste nicht, warum wir das Briefpapier ändern sollten, einfach weil wir eine statistische Masszahl erreicht haben.Was macht neben der Statistik den Charakter einer Stadt Widnau aus?Zusammen mit meinen damaligen Mittelrheintaler Gemeindepräsidentenkollegen habe ich 2008 das Projekt der Fusion der fünf Mittelrheintaler Gemeinden lanciert. Wir haben damals drauf aufmerksam gemacht, dass es bei einem Zusammenschluss darum geht, den sehr attraktiven Wachstumsraum Mittelrheintal besser zu steuern und das politische Gewicht der fünf aufstrebenden Gemeinden und der Region Rheintal insgesamt zu stärken. Eine Fusion hätte das zweitgrösste Zentrum im Kanton St. Gallen ergeben. Das hätte die Sichtweise der Kantonsregierung und der Kantonsbevölkerung zwangsläufig stärker auch gegen Osten ausgerichtet und den Einfluss des Metropolitanraums Zürich etwas relativiert.Welche Eigenschaften fehlen der Gemeinde, um als Stadt wahrgenommen zu werden?Ich sehe das Mittelrheintal als semi-urbanen Verdichtungsraum, in dem Widnau die Zentrumsgemeinde ist.Welches Merkmal eines Dorfes sollte sich Widnau auch als Stadt unbedingt bewahren?«Dorf» ist ein genauso schillernder und vielschichtiger Begriff wie «Stadt». Widnau hat mit seiner spezifischen Geschichte eine starke Identität – die wollen wir bewahren und stärken.Bei ihrer Gründung als eigenständige Gemeinde im Jahr 1883 hatte Widnau etwa 1400 Einwohner. Seither mauserte sich das einstige Bauerndorf zum bedeutenden Industriestandort. Wer oder was ermöglichte den massiven Wandel?In der Entwicklung der Gemeinde Widnau bildet sich die Geschichte des St. Galler Rheintals ab – exemplarisch von der Rheinkorrektur, der Industrialisierung, dem Auf- und Ausbau der Infrastrukturen wie zum Beispiel der Autobahn A 13 bis hin zum CNC-Valley und zur Digitalisierung. Widnau steht für die typische Rheintaler Innovationskraft, sich proaktiv dem Wandel zu stellen und sich so zu behaupten.Welche Grenzen hat das Wachstum?Wir alle haben in den letzten Jahrzehnten – im Zusammenhang mit Themen wie Klimawandel oder Globalisierung – festgestellt, dass wir Wachstum neu definieren müssen. Nachhaltigkeit und Qualität stehen heute im Vordergrund. Quantitatives Wachstum oder eben rein statistische Grössen wie 10000 Einwohner/-innen sind für sich alleine genommen kein Wert.Wie wird sich Widnau als Stadt von den vier anderen Mittelrheintaler Gemeinden (Au, Balgach, Berneck und Diepoldsau) abheben oder abgrenzen?Die Lage, die Siedlungsstruktur, die Infrastruktur, die Kompaktheit und die Dynamik machen Widnau zur Zentrumsgemeinde im Mittelrheintal. Diese strukturellen Eigenschaften sind gegeben. Somit: Widnau ist Widnau! Und: Widnau bleibt Widnau!

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