10.05.2021

«Wir leben hier unseren Traum»

Beinahe hätten Max und Asija Werder aus Sennwald ihr gemeinsames Leben in Thailand aufgeben müssen.

Von Alexandra Gächter
aktualisiert am 03.11.2022
Alexandra Gächter Sennwald/Ban Chang Das ganze Jahr um die 30 Grad warm, Meer, gutes Essen und die Freiheit, jeden Tag zu tun, was man will: So stellten sich Max und Asija Werder aus Sennwald das Paradies vor. Gefunden haben sie es vor drei Jahren in Thailand. Kleinere und grössere Probleme gibt es zwar auch hier im Paradies, zurück ins Werdenberg möchten die beiden Mittfünfziger aber auf keinen Fall. Die Temperaturunterschiede sind zu extrem. Die damit verbundenen Schmerzen waren einer der Hauptgründe, wieso die beiden Ende April 2018, also vor gut drei Jahren, ihrer Heimat den Rücken kehrten. Begleitet wurden sie dabei vom Fernsehsender 3+, welcher immer am Donnerstag um 20.15 Uhr die Sendung «Adieu Heimat – Schweizer wandern aus» zeigt.Seit Juni 2018 leben sie in einem EinfamilienhausAls «seine schönste Zeit» beschreibt Max Werder die Ankunft in Thailand. Sie wohnten in einem kleinen Studio, hatten kein Velo und kein Auto. «Wir besassen praktisch nichts, wussten aber, dass wir es geschafft haben und angekommen sind», sagt der Sennwalder. Für seine Ehefrau Asija – eine gebürtige Bosnierin, die in Vorarlberg aufwuchs – ist der Einzug in ihr Einfamilienhaus das Highlight der Auswanderung. Das Haus steht in Ban Chang, im Westen des Landes. Um die 50 Häuser besichtigten sie. «Wir wollten eines mit einer Gartenfläche. Ein solches zu finden, war nicht einfach. Die Menschen leben hier praktisch Haustür an Haustür. Nicht selten baut jemand seine Baracke gleich an deine Grenzmauer», so Max Werder. Nach einiger Zeit der Suche hatten sie Glück und fanden ein Haus, das inklusive Garten 400 m2 umfasst. Da sie als Ausländer kein Land kaufen dürfen, mieten sie das Haus für umgerechnet 300 Franken pro Monat. Die Bauqualität sei leider nicht mit derjenigen in der Schweiz vergleichbar. Viele Handwerksarbeiten hat Max Werder deswegen selbst erledigt. Eingezogen sind die beiden im Juni 2018. Mittlerweile haben sie sich sehr gut eingelebt und haben viele Freunde. Zum einen sind das Thailänder aus der Nachbarschaft, dank derer sie die thailändische Kultur kennenlernen durften, zum anderen sind es Freunde aus England oder Belgien, mit welchen sie sich bezüglich Behördengängen oder Gesetzesänderungen für Ausländer austauschen. Zurück nach Thailand gesehntThailändisch sprechen kann das Ehepaar nur sehr wenig. Lesen und Schreiben schon gar nicht. Das stellt aber kein Problem dar. «Hier kann praktisch jeder Englisch. Vielleicht nicht an den entlegensten Orten, aber die Behördenmitarbeiter sprechen es perfekt», sagt Max Werder.Zu Familie und Freunden in der Schweiz hält er immer noch Kontakt. Letztmals war er mit Asija Werder im September 2019 in der Schweiz anlässlich einer Hochzeit. Zwei Monate blieben sie hier. «Zu lange», sind sie sich einig. Bald bekamen sie Heimweh nach Thailand. «Es war zwar nett gemeint, aber wir wurden überall zu Käsefondue und Raclette eingeladen. Irgendwann hatten wir genug Käse gegessen und sehnten uns zurück an die Wärme», so Asija Werder. Käse gibt es in Thailand auch, ist aber vergleichsweise teuer. Ansonsten sei das Leben in Thailand günstig. 1500 Franken benötigt das Ehepaar pro Monat. Darin enthalten sind Hausmiete, Lebensmittel, Versicherungen und AHV-Einzahlungen. Krankenversichert sind die beiden nicht. Die Krankenkassen in Thailand entscheiden, welche Kosten sie decken. «Und da aufgrund unserer Krankengeschichte fast überall die Deckung abgelehnt wurde, zahlen wir einen Betrag auf unser Sparkonto, statt an eine Versicherung», so Max Werder. Das Ehepaar lebt von seinem ErspartenEine Arbeit in Thailand zu finden, sei für Ausländer praktisch unmöglich. Zwar könne ein Unternehmen eine Bewilligung für ausländische Arbeiter anfordern. Aber hier herrsche klar der Inländervorzug. «Wenn ein Thailänder deine Arbeit machen kann, so wird dieser bevorzugt. Eine Chance hast du eigentlich nur, wenn du beispielsweise als Koch in einem europäischen Restaurant arbeitest», erklärt Max Werder. Aber selbst dort sind die Arbeiten klar geregelt. «Ich kenne einen Restaurant-Manager, der als Ausländer nicht einmal den Aschenbecher leeren darf. Das muss ein Thailänder machen», fügt er an. Deswegen arbeitet das Ehepaar nicht und lebt von ihrem ersparten Geld und der ausbezahlten Pensionskasse. Später werden sie von der AHV leben. Lebenstraum wäre beinahe zu Ende gewesenWährend die Gartenpflege das Hobby von Max Werder ist, beschäftigt sich seine Ehefrau mit dem Kochen. Ein durchschnittlicher Tag beginnt für Max Werder mit Kaffee trinken, dann geht er in den Garten, jätet und macht später eine Pause. Danach dreht er zusammen mit seinen zwei Hunden eine Runde, schaut nochmals nach seinen Pflanzen und begibt sich in die Hängematte. Ehefrau Asija kocht zwischenzeitlich. Zwischen 15 und 16 Uhr nehmen sie die Hauptmahlzeit ein. Den Rest essen sie am Abend. Etwa zweimal in der Woche essen sie auswärts für etwa 15 Franken für beide Personen. «Wir leben hier unseren Traum», sind sich Max und Asija Werder einig. Vor einigen Monaten wären sie aus diesem Traum beinahe aufgewacht. Asija Werders Jahresvisum wurde nicht verlängert. «Für das Visum benötigt man ein Konto mit einem gewissen Betrag. Da mein Konto noch unter meinem alten Nachnamen lief und das andere auf den Namen meines Mannes, gab es Probleme», so Asija Werder.Dies veranlasste das Ehepaar, einen Plan B auszuarbeiten: die Weiterreise nach Kambodscha. Da das Visaproblem behoben werden konnte, bleiben die beiden in Thailand. Eine Rückkehr in die Schweiz kommt nicht in Frage. «Wer hätte das gedacht», sagt Max Werder. Er, der einst von Sennwald nach Haag auswanderte und wegen Heimweh über Salez wieder nach Sennwald zurückkehrte, hat nun seine Heimat in Thailand gefunden. Für ausreisewillige Werdenberger hat das Ehepaar einen einfachen Tipp: «Nicht warten, bis es zu spät ist. Einfach gehen.»

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