08.03.2022

«Wir können nicht nur pfläschterle»

Die Heilpädagogische Schule baut den Schulraum sukzessive aus. Der Kanton stellte sich quer, lenkte dann aber ein.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Kanton St. Gallen steigt. Zwangsläufig spüren das auch die zwei Dutzend Sonderschulen. Mehrheitlich seien sie überbelegt, sagt der Balgacher Kantonsrat Sandro Hess und fügt hinzu: «Der Kanton ist in der Pflicht.» Mit einer Interpellation hatte Sandro Hess im letzten Juni vom Kanton verlangt, dass er die Situation der Sonderschulen mit Zahlen beschreibe.Bald sieben Klassen in ProvisorienAn der Heilpädagogische Schule in Heerbrugg (HPS) werden die vier Klassen der Oberstufe seit fünf Jahren in Doppelstockcontainern unterrichtet. Am anderen Ende des Schulareals wurde jüngst ein weiterer Doppelstockcontainer in Betrieb genommen, und noch immer ist der Platz zu knapp. Auch auf das neue Schuljahr hin ist deshalb die Erweiterung mit zwei (geschenkt bekommenen) Containern vorgesehen, so dass ab dem Sommer insgesamt sieben Klassen in behindertengerechten Provisorien unterrichtet werden dürften. Im Hauptgebäude sind elf Klassen untergebracht.[caption_left: Für sie ist klar: Steigt die Zahl der zu unterrichtenden Kinder und Jugendlichen markant, ist auch mehr Raum nötig. Von links: Schulleiterin Irène Inauen, Romuald Maier (Vorstandsmitglied in der Heilpädagogischen Vereinigung Rheintal), Kantonsrat Sandro Hess und HPV-Präsident Carsten Zeiske. (Bild: Gert Bruderer)]Der Kanton hat schliesslich eingelenktMit dem Kanton klarzukommen, war jüngst nicht leicht. Trotz klaren Leistungsauftrags für die HPS und der bei Platznot akuten Gefahr, diesem Auftrag nicht nachkommen zu können, wollte der Kanton kein weiteres Provisorium finanzieren.Die Heerbrugger Schule wehrte sich mit Erfolg, indem sie sich ans Verwaltungsgericht wandte; der Kanton hat schliesslich eingelenkt.Wie bereits beim Oberstufenprovisorium tritt die Casainvest Rheintal AG als Eigentümerin und Vermieterin der neuen Container auf. Die Miete bezahlt der Kanton.Irgendwann wird neu gebaut werden müssenDer Diepoldsauer Carsten Zeiske, der den sechzigjährigen Heilpädagogischen Verein präsidiert, sagt: «Wir können nicht immer nur pfläschterle.» Inzwischen wisse man schon gar nicht mehr wohin mit all den Provisorien. Der Platz im Freien wird mit jedem Schulcontainer knapper. Längerfristig sei es unausweichlich, neu zu bauen, meint der Präsident.Ein Standortwechsel sei nicht ausgeschlossen, doch natürlich bliebe man am liebsten, wo man sei. Hier hat man mit der Oberstufe Mittelrheintal und den zwei politischen Gemeinden Au-Heerbrugg und Berneck gute Nachbarn mit eigenem Boden. Vielleicht sei ein Landabtausch möglich, nennt Carsten Zeiske eine von mehreren denkbaren Lösungen. Am Ende gehe es darum, «die für die Kinder beste Lösung» zu finden.Carsten Zeiske ist erleichtert, dass es mit der Finanzierung des jüngsten Provisoriums doch noch klappte und ist allen dankbar, die mithalfen, den Kanton von der Notwendigkeit der Zusatzcontainer zu überzeugen. Sandro Hess bedauert allerdings das jeweils «sehr harzige» Vorwärtskommen, wann immer – nicht nur in Heerbrugg – ein Ausbau der schulischen Infrastruktur nötig sei. Für einen Anbieter wie den Heilpädagogischen Verein sei es sehr schwer, zu planen, ohne sich frühzeitig (dank klarer Beteiligungszusage) auf den Kanton verlassen zu können.Seit dem Jahr 2010 40 Kinder mehrIm Jahr 2010 besuchten 69 Kinder und Jugendliche die HPS, 2020 waren es 93, aktuell sind es 108. Fürs neue Schuljahr rechnet Schulleiterin Irène Inauen mit 105 bis 110 Kindern und Jugendlichen. Mit den neu errichteten Containern habe zwar eine leichte räumliche Entlastung stattgefunden; für einen geordneten Schulbetrieb sei der Platz aber noch immer zu knapp. Steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler wie in Heerbrugg markant, sind nicht nur mehr Klassenzimmer nötig, sondern wächst auch anderswo der Platzbedarf. Gemeint sind etwa der zu kleine Speisesaal, die Gruppen-, Werk- und Therapieräume oder fehlende behindertengerechte Sanitäranlagen. Die Büros für Verwaltung und Schulleitung sind seit 35 Jahren dieselben; in den neuen Containern ist für Verwaltung und Sozialarbeit nun wenigstens etwas zusätzlicher Raum vorhanden. Kinder mussten bisher keine abgewiesen werden, doch der Eintritt in den Kindergarten wurde in gewissen Fällen um ein Jahr hinausgezögert. Eine Sonderschule hat kleine KlassenWie in einer Sonderschule üblich, ist die Klassengrösse deutlich kleiner als an einer Regelschule. An der Heilpädagogischen Schule in Heerbrugg sind maximal acht Kinder oder Jugendliche in einer Klasse. So kann es schnell geschehen, dass eine Klasse doppelt geführt werden muss, was sich auf die Zahl der benötigten Klassenzimmer auswirkt. Letztes Jahr führte die HPS 14 Klassen, heute sind es 16. Die aktuell 108 Schülerinnen und Schüler bedeuten, dass die Zielgrösse gemäss Leistungsvereinbarung (d. h. 76 bis 83 Kinder und Jugendliche) um 30 bis über 40 Prozent überschritten wird. 

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