01.08.2019

«Wir können dankbar sein»

Martin Schmidt sprach in Widnau über den Begriff Heimat, der sich über die geistige Verwurzelung definiere.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Andrea C. PlüssEr sei sich durchaus bewusst, dass es stets «heikel» sei, äussere sich ein kirchlicher Vertreter zu politischen Fragestellungen, stellte Martin Schmidt seiner Festansprache zum Bundesfeiertag voran. Gleichwohl dürften gesellschaftspolitische Hintergründe anlässlich einer Ansprache zum 1. August erwähnt werden, stellte Schmidt, Präsident der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen, fest. Er erinnerte an die Präambel der Bundesverfassung in der es heisst: «Im Namen Gottes des Allmächtigen». «Die Schweiz ist eine Willensnation»«Es ist mir eine grosse Freude, dass ich heute in Widnau die Festrede halten darf. Ich kom-me aus Konstanz und bin Deutsch-Schweizer Doppelbürger», sagte Schmidt und fügte an, dass Konstanz ja eigentlich aufgrund der grossen Zahl an Einkaufstouristen zur Schweiz gehöre. In Deutschland sei das Nationalverständnis ein anderes als in der Schweiz. Die Schweiz als Föderation zeichne sich durch einen gemeinsamen Willen aus. «Sie ist eine Willensnation», obwohl sie keine gemeinsame Sprache und keine gemeinsame Religion habe, so Schmidt. Schweizer hätten ein urchristliches Interesse daran, den anderen zu respektieren wie er sei. Die Schweiz mache es besser als viele andere Länder in Europa, in denen es häufig nicht mehr gelinge, politische Mehrheiten zu schaffen. Den Geburtstag der Schweiz solle man zum Anlass nehmen, sich zu fragen, welche Bedeutung der Bundesfeiertag für jeden persönlich habe. Diese Frage sei zielführend, im Gegensatz zur Diskussion um das (zweifelhafte) Datum 1. August. «Respekt, Dankbarkeit und Verantwortung für Familie und Gesellschaft» liessen sich mit dem 1. August verbinden, sagte Martin Schmidt. Der Begriff «Heimat» bliebe oft vage, viele Menschen täten sich schwer damit, allein die eigene Identität zu definieren. Dabei sei es entscheidend, sich klar zu machen, «wo man geistig zu Hause ist», um die Frage nach der Heimat beantworten zu können. «Wir sind heute anonymer unterwegs.» Es werde eher ein Whatsapp oder eine Mail geschickt, statt miteinander zu reden. Er stelle eine «Entinstitutionalisierung» fest, die Parteien, Vereine und auch die Kirche treffe, gab Schmidt an. «Das macht mir Sorgen.» Gerade das Schweizer Milizsystem lebe vom Engagement vieler Einzelner. «Wir müssen etwas einzahlen, sonst können wir nichts abheben», rief er den Gästen ins Bewusstsein. Die 1.-August-Feier der Politischen Gemeinde Widnau fand ab 9 Uhr im Freibad Aegeten statt, war sehr gut besucht und wurde von der Musikgesellschaft Konkordia Widnau mit flotten Melodien umrahmt. Mehr Bilder auf rheintaler.ch unter Bilderstrecken.

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