15.10.2019

Wimmen für das Seelenheil

Am Buechberg in Thal werden die Trauben gelesen. Potenzielle Erntehelfer bombardieren Winzer mit Anfragen.

Von Rudolf Hirtl
aktualisiert am 03.11.2022
Bei traumhaft schönem Wetter draussen in der Natur sein, ab und zu eine der zuckersüssen Traubenbeeren in den Mund stecken und nach getaner Arbeit ein Glas Wein geniessen: So stellt sich vermutlich so mancher Zeitgenosse die Wimmet im Weinberg vor. Und, es ist tatsächlich so. Zumindest gestern, als sich beim Torkel vom Weingut am Steinig Tisch 30 Erntehelferinnen und Helfer kurz nach 15 Uhr zuprosten.«An engagieren Helferinnen und Helferinnen mangelt es uns nicht», sagt Winzer Roman Rutishauser. «Wir bekommen jedes Jahr mehr Anfragen von Frauen und Männern, die bei der Wimmet mithelfen möchten. Diesmal auch einige aus Zürich». Er habe dankend abgelehnt, so der 35-Jährige, der vom «Gault-Millau» zum «Rookie of the Year 2019» gekürt wurde. Schliesslich könne das Weingut schon seit Jahren auf ein ­bewährtes Ernteteam zurückgreifen.Das aktuelle Wetter ist gut für die Aromenbildung Es sei wohl der Wunsch vieler Menschen, dem Alltag zu entfliehen und im Weinberg ein Stück heile Welt zu finden, der die zahlreichen Anfragen erkläre, so der Winzer. Doch auch dort würden sich die Probleme durch die vermehrten Wetterextreme mehren. So verursache die Kirschessigfliege nach wie vor Ernteausfälle oder mache sich die Traubenwelke bemerkbar. Dennoch ist Roman Rutishauser mit Qualität und Quantität der Ernte zufrieden. «Wir bewegen uns in einem guten Durchschnittsjahr. Einzig die Menge der blauen Trauben bewegt sich leicht darunter.» Was nach der Kelterung in die Flaschen komme, werde sicher von sehr guter Qualität sein.Davon ist auch Christian Herzog von gleichnamigen Weingut in Thal überzeugt. Was der Laie beim Blick auf seine Chardonnay-Trauben als Fäulnis taxiert sei in Tat und Wahrheit sogenannte Edelfäule. «Einzelne Beeren sind überreif und haben daher zehn Öchsle mehr als das restliche Traubengut, was sich positiv auf den Wein auswirkt», erklärt der Winzer. Auch er spricht von einem guten durchschnittlichen Jahr.Als Faustregel gilt: 105 Tage nach der Traubenblüte ist der richtige Moment für die Wimmet. Je nach Sorte variiert dies allerdings. So wartet Herzog beim Pinot noir noch etwas zu, weil die aktuelle Wettersituation mit kalten Nächten und warmen Tagen sehr gut für die Aromenbildung sei.Dass jede Traubensorte individuell zu behandeln ist, bestätigt auch Tom Kobel vom Ochsentorkel in Thal. Er hat alle Trauben bereits im Keller, mit Ausnahme der Spätlese. Nicht nur bei den blauen, auch bei den weissen Sorten erwartet er eine ausgezeichnete Qualität. «Den Sauvignon blanc haben wir mit 93 Öchsle von den Stöcken geholt. Das wird ein perfekter Wein», freut er sich. Gute Weine entstehen allerdings nicht von selber. Die Arbeit im Keller ist dabei von entscheidender Bedeutung. Und die kann gelegentlich schon mal von 6 Uhr früh bis 23 Uhr nachts dauern.

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