Wieso?

Wer kennt sie nicht? Begrüssungsfloskeln wie zum Beispiel: «Hey wie goht’s?» oder «hesch’s recht?».Meistens möchte man so einfach nur freundlich sein und als Gefragter antwortet man dann meist mit: «Danke gut und dir?» Man möchte dem Fragenden nicht seine Probleme aufbürden oder gar als unhöflich erscheinen.So erging es mir letztens mit einer Kollegin von mir. Nur wollte ich hier wirklich wissen, wie es ihr geht und nicht einfach nur ein Gut hören, denn ich wusste, dass sie sich vor einem Monat von ihrem Freund getrennt hatte. Also entschloss ich mich einfach auf ihr «Gut» zu fragen: «Wieso?»Sie schaute mich, mit offenem Mund, ganz verdutzt an und war wohl ein wenig überfordert. Also wiederholte ich meine Frage: «Wieso geht es dir gut?» Nun erzählte sie mir, dass sie viel Zeit mit ihrem Hund, beim Spazierengehen, verbrachte und sie so, nach allem was war, ihren Kopf lüften konnte. Aber auch, dass sie die Wohnung, in der sie vorher zusammengewohnt hatten, manchmal als zu gross oder nur halb gefüllt ansehen würde. Dafür sei sie nun wieder vermehrt mit ihrer Mutter in Kontakt, denn auch sie hat einen Hund – und so gehen sie viel miteinander laufen. Ich spürte, dass ihr diese Zeit viel bedeutete. So quatschten wir noch eine Weile miteinander und konnten statt des üblichen Smalltalks wirklich ein richtig gutes Gespräch führen. Als sie weiter musste, bedankte sie sich für das Gespräch. Es hätte gut getan, dies alles mal jemandem erzählen zu können. Wir machten noch einen Termin ab, um miteinander Kaffee trinken zu gehen.Auch ich ging weiter und dachte über das Gesagte nach und auch über das «Wieso?». Mir kam der kleine Sohn eines Freundes in den Sinn, der Fragen stellte, und wenn man ihm etwas erklärte, immer wieder fragte: «Wieso?». Er ist wirklich ein süsser, wissbegieriger kleiner Schatz, aber nach dem zehnten «Wieso?» kann das ganz schön nerven. Oder die Frage nervt, weil wir mit unserem eigenen Wissen anstehen. Doch genau diese Frage hat mir hier einen Blick hinter die Fassade gewährt.Deshalb möchte ich auch Sie ermutigen, seien Sie zwischendurch wieder Kind und fragen ganz ungehemmt: «Wieso?»Lukas KägiJugendarbeiter in Rebstein