Die Mitglieder des Museumsvereins hatten nach dem Zerwürfnis zwischen dem Vorstand und ihrem Präsidenten (Ausgabe vom 14. August) am Mittwoch die alles andere als leichte Aufgabe, zu entscheiden, wie es mit ihrem Verein und nicht zuletzt mit dem Ausbau der Museumsliegenschaft Prestegg zu einem Zentrum für Geschichte und Kultur weitergehen soll. Die wesentliche Frage, die sich stellte, war: Können sich Vorstand und Präsident zusammenraufen und das Projekt gemeinsam erfolgreich abschliessen? Dass sogar an der Mitgliederversammlung weiter mit Vorwürfen und Anschuldigungen aufeinander geschossen wurde, liess daran zweifeln. «Seht ihr? Genau so läuft’s immer»Es begann bereits während einer längeren Stellungnahme, die von Werner Ritter zu Beginn verlesen wurde. Nach etwa zehn Minuten wurde er von einem Mitglied unterbrochen: Eigentlich sei doch zu Beginn ein Referat der Museumskuratorin Caroline Schärli zum Stand des Bauprojekts angekündigt gewesen, wurde eingeworfen; Ritter möge doch mit seiner Stellungnahme zu den Vorwürfen des Vorstands an ihn warten, bis dann eine Stunde später auch jene Mitglieder eingetroffen seien, die erst zum statutarischen Teil der Versammlung kommen. Ritter, am Rednerpult auf der Bühne stehend, bestand darauf, ohne weitere Unterbrechung weiterlesen zu dürfen. Von den Tischen zu seinen Füssen, an denen die Vorstandsmitglieder Platz genommen hatten, wurde ausgerufen: «Da seht ihrs: Genau so läuft es an jeder Sitzung.»Ritter: «Betriebskommission überschreitet Kompetenz»Ausgelöst wurde der Knatsch laut Werner Ritter durch das Dreinreden der Betriebskommission in Angelegenheiten der Baukommission und des Vorstands. Die Betriebskommission habe verschiedentlich Pläne ändern wollen und habe dabei teils nicht einmal Vorschläge der Fachplaner abgewartet, sondern selbst zu planen begonnen, teils unnötig und unbrauchbar. Die Betriebskommission habe immer wieder Vorstandsbeschlüsse in Frage gestellt und habe sich über manche auch hinweggesetzt. Sie habe auch nicht einhalten wollen, was der vormalige Präsident Paul-Josef Hangartner und er, Ritter, als damaliger Vizepräsident, mit Sponsoren und Partnern – im Besonderen mit dem Diogenes-Theaterverein – mündlich abgemacht hätten. Schärli: «Nichts getan, was nicht nötig war»Kuratorin Caroline Schärli rechtfertigte das Handeln der Betriebskommission: Mit Blick auf den künftigen Betrieb des Museums müsse die Betriebskommission zwingend ins Bauprojekt involviert sein. Alles, was die Kommission getan habe, sei nötig gewesen. Man habe nichts weiter als Verantwortung für das Gebäude übernommen. Dabei sei es während der Vorstandssitzungen oft nicht möglich gewesen, in wichtigen Belangen zu einem Konsens zu kommen. Ritter habe ihre eigene fachliche Kompetenz und jene weiterer Experten, etwa der Denkmalpflege, schlicht ignoriert. «Bei Werner Ritter kommt man mit Ratio nicht zum Ziel», sagte Schärli. In der Folge sei es zu «unerträglichen, unsagbaren Vorkommnissen» gekommen, die sie an der letzten Vorstandssitzung sogar habe in Tränen ausbrechen lassen. Nach jener Sitzung entzog der Vorstand dem Präsidenten das Vertrauen; der Brief an die Mitglieder wurde verschickt. Dem grossen Chlapf waren zuvor aber offenbar schon verschiedene Chläpfli vorausgegangen. Die Rede war von einem unschönen Ende der Sonderausstellung zum Jubiläum der Feuerwehr Altstätten letztes Jahr. Ritter habe da wegen des Knatsches im Vorstand kurzfristig den Bettel hingeworfen und sogar eine letzte Führung platzen lassen.Die Versammlungsteilnehmer folgten den Anschuldigungen, Rechtfertigungen und Gegenanschuldigungen mit zunehmendem Unbehagen. Sie waren gezwungen, Partei zu ergreifen. Manche verteidigten Werner Ritter: Auf das Bauprojekt habe man jahrzehntelang hingearbeitet – es sei Ritters Lebenswerk. Es gehe nicht an, ihn im letzten Moment davonzujagen, meinte Doris Jenny, die selbst während 35 Jahren dem Vorstand angehört hatte. Ihrer Meinung nach nimmt sich die Kuratorin zu viel heraus. Walter Büchel verteidigte Ritter ebenso, selbst wenn er ihm die Schliessung des Durchgangs zur Gerbergasse auf ewig nicht verzeihen werde. Michel Bawidamann, Präsident des Diogenes-Theatervereins, schlug eine Mediation vor. Vorstand und Präsident müssten sich dem Projekt zuliebe zusammenraufen. Er und Robert Hangartner schlugen die Verschiebung der Wahl um ein Jahr vor.Allein, die Mehrheit der Mitglieder glaubte nicht, dass die Beteiligten in der Lage sein werden, miteinander weiterzumachen. «In ein paar Wochen chlepft’s wieder», zeigte sich Alt-Stadtrat Ruedi Dörig überzeugt. Und womöglich werde alles noch schlimmer, meinte Peter Tarolli.Das viele Herzblut kocht über wie Milch auf dem HerdDie Ursache des Zerwürfnisses liegt offensichtlich im Bauprojekt. Man hat den Eindruck, dass hier allesamt ihr Herzblut für ein und dieselbe Sache, eben fürs Museum und seine Weiterentwicklung, geben, dass ob der dafür nötigen vielen Arbeit aber ebendieses Herzblut überkocht wie Milch auf dem Herd. Den Gestank bringt man danach nicht so schnell aus der Küche und die Kruste eingebrannter Milch nicht ohne Scheuern von der Herdplatte. Was das Lüften und Scheuern in Bezug auf den Museumsverein bedeutet, haben wir in unserer gestrigen Ausgabe bereits gemeldet: Werner Ritter gelang die Wiederwahl nicht. Stattdessen ernannte eine Mehrheit der an der Versammlung Teilnehmenden Fredi Frei zum Interimspräsidenten, der das Projekt zu einem glücklichen Ende führen soll.Abgesägt wie viele andere vor ihmDamit geschehe Werner Ritter dasselbe, was einer ganzen Reihe an Persönlichkeiten widerfahren sei, die sich mit Herzblut fürs Altstätter Museum eingesetzt hatten, meinte Stefan Hildebrand: Meinrad Gschwend, Peter Schaps, Thomas Stadler …, sie alle seien abgesägt worden. Hildebrand vermittelt wie Werner Ritter Interessierten während Stadtführungen die lebhafte Geschichte Altstättens. Sein Votum liess Wertschätzung erkennen. Aber selbst er sah keine andere Lösung, als der Sache zuliebe auch Ritter abzusägen.Trotz allem: Der Abschluss des Bauprojekts ist in Sichtweite. Ende Oktober soll die Prestegg wieder bezogen werden; für den 26. und 27. November ist die Eröffnung angekündigt. Doch damit steht erst die Verpackung, die es mit Inhalt zu füllen gilt. Die Weiterentwicklung des Museums beginnt dann erst. Der Mitgliederversammlung war klar: Auch dafür braucht es einen Vorstand, der in der Lage ist, Entscheide zu treffen, die dann gemeinsam umgesetzt werden, selbst wenn der eine oder die andere manches lieber anders hätte.