23.05.2021

Wie man 2400 Tonnen befördert

Einige Kunstwerke der Skulpturenausstellung Bad Ragartz sind kurzzeitig im Suezkanal stecken geblieben.

Von Roger Berhalter
aktualisiert am 03.11.2022
Bad Ragaz Bis jetzt habe er noch jede Skulptur transportiert, sagt Marcel Schmid. «Geht nicht, gibt’s nicht», sagt der Logistiker, der bei der Firma Käppeli in Sargans arbeitet. Normalerweise ist Schmid im technischen Bereich der Bau- und Logistikfirma tätig. Er kümmert sich zum Beispiel um das Vorführen der betriebseigenen Fahrzeuge oder koordiniert die Arbeits- und Ruhezeiten der Chauffeure.Alle drei Jahre aber ist Schmid vor allem mit einer Kunstausstellung unter freiem Himmel beschäftigt. Dann steuert er die Logistik rund um die Bad Ragartz, die Skulpturenausstellung in Bad Ragaz und Valens. Auch dieses Jahr hat Schmid dafür gesorgt, dass rund 400 Skulpturen von über 80 Kunstschaffenden aus 16 Ländern rechtzeitig an ihrem Platz waren.Jede Skulptur wird anders behandeltEinmal mehr hat er es geschafft – zumindest fast, denn auf einige Skulpturen muss Schmid noch immer warten. Grund ist die Panne im Suezkanal im März, als sich das Containerschiff Ever Given querstellte und die Handelsroute blockierte. Deshalb kamen die Werke zweier Künstler aus Katar nicht rechtzeitig in Bad Ragaz an. «Entweder waren sie auf dem Schiff, das im Kanal feststeckte, oder auf einem der Schiffe, die sich dahinter stauten», sagt Marcel Schmid auf Anfrage.Es bleibe ihm jetzt nichts anderes übrig, als abzuwarten. Am 27. Mai, so der aktuelle Stand, sollten die Skulpturen per Schiff in Rotterdam ankommen und anschliessend auf dem Landweg weiter in die Schweiz transportiert werden. «Wir hoffen jetzt, dass wir bis Ende Mai auch diese Skulpturen da haben.»Schon Ende November hat Marcel Schmid mit der Planung der Skulpturentransporte begonnen. Zunächst schreibt er jeweils alle Künstler per Mail an, informiert sie und klärt allfällige Zollformalitäten. «Ich frage auch immer nach Fotos», schliesslich handle es sich bei diesen Kunstwerken nicht um Standardgüter mit Standardmassen, die in Standardcontainer passen. «Jede Skulptur ist anders», sagt Schmid, deshalb muss er jede auch anders behandeln.Stahl, Keramik, Ton – all das braucht ein GespürLässt sie sich auf Paletten festzurren? Braucht es vor Ort eine Hebebühne oder gar einen Kran? Welches Fahrzeug ist für den Transport das richtige? Braucht es allenfalls mehrere? Auf solche Fragen muss Schmid Antworten finden. Auch das Material spielt eine Rolle. Robust verschweisste Stahlskulpturen, das sei einfach. Aber es gebe eben auch filigrane Keramikgebilde, Tonfiguren und Skulpturen aus poliertem Chromstahl. «Das braucht viel Fingerspitzengefühl, schon beim Aufladen. Die Chauffeure sind stark gefordert», sagt Schmid. Das meint er auch in Bezug zum Umgang mit den Kunstschaffenden.Für einen Transport musste er dieses Jahr sechs Lastwagen nach Flensburg an die dänische Grenze dirigieren, um Skulpturen von zwei Künstlern abzuholen. «Die müssen dann zeitgleich wieder an der Grenze ankommen, damit es am Zoll keine Probleme gibt.» Er ist stolz darauf, dass die Firma Käppeli auch für die diesjährige Triennale fast alles selber befördert hat, mit eigenen Fahrzeugen. Nur eine Skulptur aus New York sei mit dem Flugzeug gekommen. Und jene Werke aus Katar, die im Suezkanal feststeckten, transportiere nun eine andere Firma.1,2 Millionen und 2,1 Tonnen aus MadridSolche exotischen Transporte sind aber die Ausnahme. Die meisten Skulpturen haben eine kürzere Anreise und stammen neben der Schweiz aus Deutschland, Holland, Polen, Italien, Spanien, Kroatien und Österreich. Rund 2400 Tonnen Kunst lässt Schmid für die Skulpturenausstellung befördern. Das teuerste Kunstwerk der diesjährigen Bad Ragartz liess er in Madrid abholen. Eine 1,2 Millionen Franken teure und 2,1 Tonnen schwere Skulptur des Spaniers Manolo Valdés. Bestimmt 20 Mails habe er mit dem Künstler ausgetauscht, bis alles geregelt gewesen sei. Nicht nur für das Verladen der Güter braucht es nämlich Fingerspitzengefühl, sondern auch für den Umgang mit den Künstlern. «Es sind ganz spezielle Leute», sagt der 64-Jährige: «Man muss für sie ein Gschpüri haben, und das habe ich.»So hat er schliesslich auch die Skulptur aus Madrid noch rechtzeitig nach Bad Ragaz gebracht. Am 5. Mai wurde sie aufgestellt – drei Tage vor der Eröffnung.

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